Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
Vom Netzwerk:
Madame Petrows klügstem Sohn Max.

    Maya, seine Sekretärin, brachte ihm den gepackten Koffer. Die hübsche dralle Blondine Anfang dreißig stand ziemlich weit unten auf der Liste der Frauen, denen man für ihren Dienst in seinem Büro die Unbedenklichkeit bescheinigt hatte. In der Toilette machte er sich oft geile Gedanken über sie.
    »Maya, Sie haben gehört, wie fasziniert die Amerikaner von der Frauenbewegung sind, die sie als ›Women’s Lib‹
    310
    bezeichnen?«
    »Ja, Genosse Direktor«, antwortete sie gleichmütig und ausdruckslos.
    »Ich habe gerade einen neuen Slogan zu dem Thema gehört:
    ›Unterstütze Women’s Lib – lass ihn auf dem feuchten Fleck schlafen.‹«
    Sie sah ihn erwartungsvoll an.
    »Verstehen Sie, Maya?«
    »Leider nicht, Genosse Direktor.«
    »Na gut, Maya«, sagte er säuerlich. »Zurück an die Arbeit.«
    »Danke, Genosse Direktor.«
    Er ordnete das Durcheinander auf seinem Schreibtisch, warf einen verdrießlichen Blick auf den Koffer. Keiner wusste, wohin er fuhr – zumindest keiner im KGB. Nur Leonid hatte ihm seinen persönlichen Segen gegeben. Mit seiner Zustimmung und seiner Komplizenschaft konnte die Reise wirklich geheim bleiben, was in Moskau zunehmend die Ausnahme war. Die Amerikaner waren der Meinung, sie hätten Probleme. Doch in Moskau schien jeder alles zu wissen. Absolut alles.
    Leonid war eine große Hilfe gewesen. Er hatte äußerste Geheimhaltung verlangt, und Breschnew kriegte gewöhnlich, was er verlangte.
    Nun konnte Petrow seine Alltagsprobleme hinter sich lassen, und keiner wusste, dass er unterwegs war. Auf der Fahrt zum Flughafen schoss ihm allerdings ein beunruhigender Gedanke durch den Kopf: Was, wenn Leonid ihn aus dem Weg haben wollte? Für immer? Wer würde unangenehme Fragen stellen, wenn er nicht wiederkam?

    Nach ihrer halsbrecherischen Autofahrt, bei der sie immer nach Chandler und der Frau Ausschau gehalten hatten, waren Fennerty und McGonigle mit dem Motorboot von Kap Breton herübergekommen. Sie hatten schon früh damit angefangen, zu vergessen, was sie wussten beziehungsweise nicht wussten, und 311
    stellten über die ganze Mission nur Vermutungen an. Auf alle Fälle wurde es nun Zeit, das Denken dem Boss zu überlassen …
    Nicht dem alten Herrn, sondern Sanger – Gott schütze ihn.
    Fennerty hatte Chandler und Miss Bishop Händchen haltend im Nebel über die Insel gehen sehen, während McGonigle dafür sorgte, dass keiner das Zelt entdeckte, das ihnen notdürftig Schutz vor dem feuchten Schmuddelwetter bot. McGonigle hatte auch die Leuchtkugeln abgefeuert – das Signal für die Landetruppe des U-Boots.
    Als alles vorbei war, hatten Fennerty und McGonigle die Insel als Letzte verlassen.
    Das Haus war voller Leichen, Fußboden und Wände
    durchlöchert, verbrannt oder teilweise weggeschossen. Überall war Blut. Gemeinsam mit den beiden Überlebenden der Landetruppe hatten sie sich auf den Weg zum U-Boot am Strand gemacht und waren mit an Bord gegangen.
    Während sie in der feuchten Kälte warteten, hatte Fennerty gesagt: »Nichts hat geklappt. Von Anfang an ist wirklich alles schief gegangen.«
    »Ähnlich wie bei Dünkirchen. Eine armselige Posse, die im Handumdrehen zur Tragödie wird«, hatte McGonigle leise angefügt, »und dann ist alles zu spät.«
    Der Kommandoführer, der einen Schuss in den Oberschenkel abbekommen hatte, lag vor Schmerzen wimmernd am Strand, den Rücken von einem Felsbrocken gestützt. Der Regen sprühte ihm ins Gesicht.
    An Bord erhielten Fennerty und McGonigle neue Order. Das U-Boot würde sie zum Bostoner Marinestützpunkt bringen, von dort ging es per Eskorte zum Logan-Flughafen, wo sie einen Linienflug nach Washington nehmen würden.
    Mittwochnacht landeten sie auf dem Dulles-Flughafen – oder war es Donnerstag früh? Ihr Zeitgefühl hatte sie verlassen. Dann wurden sie ein paar höchst peinliche Stunden lang vom Direktor persönlich in die Mangel genommen.
    312
    Es reichte, um einen erwachsenen Mann zum Heulen zu bringen, fand McGonigle.
    Fennerty erwiderte, dass er zum Glück nicht mit Tränen dienen konnte, aber er überlege sich ernsthaft, den Job hinzuschmeißen und mit einer hübschen Pension ins Reisebüro seines Bruders in Atlanta einzusteigen.
    McGonigle vermutete, dass der Direktor die Überlegung mit Beifall begrüßen und ihn drängen würde, dem Impuls
    nachzugeben.

    Als das Flugzeug in Logan landete, stand die Sonne noch hoch am Himmel. Chandler hatte schon von weitem gesehen, wie sich ihr

Weitere Kostenlose Bücher