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Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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ein bisschen schlafen.« Er nahm sie am Arm und zog sie über die Landseite des Hangs nach unten. »Komm schon! Nicht trödeln!«
    Im Schutz von ein paar duftenden niedrigen Bäumen oder Büschen fand er ein kuscheliges Plätzchen. Er zog seinen Burberry aus und legte ihn ausgebreitet auf den Boden.
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    »Gib deinen Mantel her«, sagte er. »Und jetzt streck dich auf meinem aus. Gut so.« Während sie es sich bequem machte, befühlte er das Gepäck in der Tasche: Trenchcoat, ein zweiter Pullover – nichts besonders Geeignetes. Den Trenchcoat konnte sie als Decke benutzen. Er kniete sich hin und rückte die Tasche als Kopfkissen zurecht. Wie ein Held aus einem Geoffrey-Household-Roman, dachte er sich: Irgendwie schienen die immer in der Wildnis überleben zu müssen und sich von Wurzeln und Beeren zu ernähren. Zum Schluss breitete er ihren Lammfellmantel als Decke über sie beide.
    »Den Rest machen wir mit Körperwärme«, erklärte er. »Am besten kuscheln wir uns in Löffelchenstellung aneinander. So, nun leg deinen Wuschelkopf an Mammis Brust. Bequem so?«
    »Schon eingeschlafen«, murmelte sie. »Ich kann überall schlafen.«
    »Na dann, gute Nacht.«
    »Guter Gott, spiel jetzt bloß nicht den Beleidigten.«
    »Mach ich nicht. Aber du könntest ein bisschen Anerkennung zeigen …«
    Sie kicherte. »Ich weiß dich zu schätzen, Colin. Schlaf jetzt.«
    »Und bitte schnarch nicht. Ich habe einen sehr leichten Schlaf.«
    Als keine Antwort kam, machte er es seinem Kopf auf dem rechten Arm bequem. Er fühlte sich überraschend wohl und geborgen, allerdings auf eine Weise, die man nicht unbedingt jeden Tag haben musste. Es erinnerte ihn an Kindheitsnächte, die er im Garten hinter dem Haus verbracht hatte. Obwohl ihn der Gedanke beruhigte, fand er keinen Schlaf. Im Gegenteil, er war hell wach und hörte, wie Polly immer tiefer und regelmäßiger atmete.
    Prosser machte ihm Sorgen: so ganz allein im Haus, von dem Gangster belauert. Was konnte der alte Herr bei so ungleich verteilten Chancen ausrichten? Andererseits schien ihn die Vorstellung nicht besonders zu ängstigen. Er war auch anders 237
    als sonst gewesen: keine Spur von seiner beißenden Zunge, seiner Gewandtheit, seinem Widerspruchsgeist und seiner Bosheit – Attribute, die den Kern seiner Persönlichkeit bildeten.
    Sicher, er machte sich Sorgen und stand unter ungewohntem Druck, das mochte wohl der Grund für seine Veränderung sein.
    Trotz seiner schillernden Vergangenheit wuchsen dem alten Knaben die Dinge über den Kopf. Er zeigte Nerven.
    Die Sache mit Brennan lag jedoch anders. Wie konnte er etwas über seinen Zustand erfahren? Hugh hatte einen Menschen getötet, den großen Kerl mit dem Goldzahn – was für eine Wahnsinnsgeschichte! Aber was hatten sie ihm angetan, und war er noch am Leben?
    Schließlich setzte er sich auf, grub Pfeife und Tabak aus der Manteltasche und rauchte. Er fühlte sich zwar wie ein Romanheld, doch wenn es darum ging, die Initiative zu ergreifen, fehlte ihm das Entscheidende. Er war einfach zu naiv, um seine Lage kritisch zu betrachten und kluge,
    vorausschauende Schlüsse zu ziehen.
    Insbesondere war ihm schleierhaft, was er getan hatte, um in Gesellschaft einer bildschönen Frau, die er gerade geliebt hatte, mitten in der Pampa von Maine zu landen. Einer bildschönen Frau, die ihn in diese ganze widerliche Geschichte
    hineingezogen hatte.
    O Gott – er hatte ganz vergessen, dass eigentlich alles ihre Schuld war.
    Dann schlief er ein. Der Kopf seiner Bruyerepfeife wärmte ihm die Hand.
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    MONTAG
    Polly erwachte als Erste; sie presste ihre Hüften gegen seinen Bauch und seine Oberschenkel und sagte: »Ich mache mir Gedanken um Ezzard. Wie konnte ich den bloß vergessen?« Sie drehte sich zu ihm. »Aufwachen, Pfadfinder!«
    »Ich bin wach. Mir tut der Hals weh.« Er hielt die Augen geschlossen, versuchte, seine Nase in ihrem Pullover zu vergraben, räusperte sich und hustete und fühlte sich potthässlich.
    »Das ist bloß die feuchtkalte Luft. Es geht wieder weg.« Sie stützte sich auf seine Schulter und setzte sich auf. »Mein Gott, bin ich steif. Mir scheint, ich werde alt.«
    »Das ist bloß die feuchtkalte Luft«, meinte er. »Deine besten Jahre fangen erst an, mein Schatz.«
    »Sieht so aus, als wüsstest du alles über Polly Bishop. Und das schon nach einer Runde Sex auf dem Fußboden vor dem Kamin.«
    Sie stippte ihn auf die Brust. »Hüte dich vor zu viel Selbstvertrauen. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.

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