Arabellas Geheimnis
ihr einfiel, dass sie jetzt nicht mehr so ohne Weiteres ihre Meinung sagen konnte. „Ich meine, nein. Vielleicht eines Tages …“ Sie sprach nicht weiter. Selbst in ihren Ohren klang ihre Antwort nicht überzeugend.
„Ich würde mich freuen, es Euch zu lehren.“ Er drehte sie sanft zu sich um, sodass sie ihn anblicken musste. Seine Berührung verwirrte ihr die Sinne.
Heute Abend sah er anders aus. Bereits als er noch neben der Edlen Dame Rosalyn saß, war ihr das aufgefallen. Doch als sie ihn jetzt aus der Nähe betrachtete, konnte sie die feinen Unterschiede erkennen. Der dunkle Umhang wurde von einer Brosche gehalten, die ineinander verschlungene Schlangen darstellte. Die Saphiraugen der seltsamen Bestien glitzerten.
Die Tunika, die er unter dem Umhang trug, war aus hellem, feinem Leinen und sorgfältig mit kleinen Stichen genäht. Der Stoff hob sich von seinen dunkleren engen Beinkleidern ab. Am sauberen Geruch seiner Kleider merkte Arabella, dass sie von den Mägden der Prager Burg gewaschen worden waren. Sie erkannte den Duft der süß duftenden Kräuter, die die Waschfrauen ihrer Seife hinzufügten.
Du lieber Himmel, wie lange sie ihn wohl schon so betrachtete?
„Nein danke, Sir.“ Ohne es zu wollen klang sie kalt. Sie schuldete ihm so viel und hatte ihm noch nicht einmal gedankt. Aber er brachte sie völlig durcheinander.
In diesem Augenblick brach die Musik ab und man wechselte die Partner. Rosalyn de Clair löste sich vom Arm eines der vielen Söhne der Gräfin Richt und heftete sich an Tristans Seite.
„Tristan, Ihr verspracht mir einen Tanz.“ Die Frau berührte mit bebender Hand leicht seinen Arm.
Arabella gelobte sich, ihre Gefühle für einen Mann nie so offen zu zeigen. Sie ergriff die Gelegenheit, der Verwirrung zu entfliehen, in die Tristan sie stürzte, und eilte aus dem Saal. Sie erreichte das Hauptportal der Burg und ohne noch einmal zurückzublicken, hastete sie die Stufen hinunter in den kalten Abend hinaus. Es war Spätherbst, aber nach der berauschenden Atmosphäre im Saal half ihr die frische Nachtluft, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Die Nähe des Mannes und die Schönheit der Tänzer hatten sie verzaubert und gebannt.
Rosalyn de Clairs Auftauchen war ein willkommener Schlag ins Gesicht gewesen. Die Edelfrau mit dem rabenschwarzen Haar und dem violetten Gewand erinnerte Arabella an die Nachtschattenpflanze, eine schöne, aber giftige Blume.
Bei dem Gedanken an diese Blume wurde sich Arabella bewusst, dass sie allein hier draußen war. Vielleicht konnte sie jetzt die Umgebung nach späten Herbstkräutern absuchen. Wie sehr sie ihren Wald vermisste! Von den Ländereien der Rowans hatte sie viele verschiedene Kräuter mitgebracht. Aber es wäre doch interessant einmal zu sehen, was es in diesem Teil der Welt zu entdecken gab. Vielleicht sogar etwas ganz Ungewöhnliches, das sie gar nicht benennen konnte.
Die Aussicht war so verlockend, dass sie sich von der Burg entfernte. Sie fand etwas Weißdorn und einige Gewürzkräuter, doch wegen der späten Jahreszeit nur wenige Heilpflanzen. Sie benutzte ihr Gewand, um die Kräuter, die sie pflückte, darin zu tragen.
Es war zunehmender Mond, und das war gut. Während dieser Zeit konnte man heilkräftige Pflanzen sammeln. Arabella hatte keinen Grund, andere haben zu wollen. Sie interessierte sich für Pflanzen wegen deren Heilkraft. Aber sie wusste, dass es andere Menschen gab, die sie verwendeten, um Unheil anzurichten. Zaharia war früher auf solche Leute getroffen und hatte ihr versichert, dass sie sehr gefährlich sein konnten.
Der Gedanke an solche Düsternis ließ es Arabella kalt über den Rücken laufen, und sie zeichnete mit einem kleinen Weißdornzweig einen Kreis um sich. Weißdorn war ein Schutzstrauch und versprach Glück. Seine Zweige konnten dazu benutzt werden, böse Geister abzuwehren.
„Hexerei wird in diesem Land mit dem Tode bestraft, chovihani.“
Arabella war so überrascht, dass sie ihren zusammengerafften Rock mit den Kräutern darin zu Boden fallen ließ und weglaufen wollte.
„Diesmal nicht, Arabella.“
Eine warme Hand griff nach ihr, und sie fand sich in den starken Armen Tristan Carlisles wieder, der sie festhielt.
5. KAPITEL
„ Chovihani ?“, fragte sie, eher erbost als ängstlich.
Es war das Zigeunerwort für Hexe . Arabella gefiel diese Bezeichnung nicht oder die Andeutung, dass sie irgendein Verbrechen begangen hätte. Sie versuchte sich freizukämpfen, aber er lockerte seinen Griff
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