Arabellas Geheimnis
eilig auf sie zukam.
„Ja schaut nur, wen wir da haben. Wenn das nicht das schlafende Dornröschen ist. Ich fing schon an, mich zu fragen, ob wir einen Prinzen rufen müssen, um Euch zu wecken, Arabella.“ Nachdem sie eine Zofe herbeigewunken hatte, die Arabella beim Ankleiden helfen sollte, bahnte sie sich ihren Weg in die Kammer. „Ich hoffe, Ihr nehmt es mir nicht übel, dass ich Euch nicht zur Jagd geweckt habe …“
„Jagd?“
„Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Ihr einen wilden Keiler schießen wollt, also ließ ich Euch schlafen.“
Auch Arabella konnte sich tatsächlich nicht vorstellen, einen wilden Keiler zu schießen, doch sie wusste, dass die Jagd zu Pferde stattfand, und gar zu gerne hätte sie die Gelegenheit wahrgenommen, ihr eigenes Pferd zu reiten.
„Nimmt Maria daran teil?“, erkundigte Arabella sich und vermutete, dass ihre sanfte Freundin bei solch einer blutigen Angelegenheit nicht mitmachen würde.
„Ja. Doch ich glaube, es ist mehr wegen des Ritters, der darum bat, als wegen der Jagd.“ Hilda zwinkerte Arabella zu.
„Wegen eines Ritters?“ Erinnerungen an ihren Tanz im Mondschein durchströmten und erfüllten sie mit einem warmen Gefühl, von dem sie wusste, dass sie es nicht haben sollte. Ihr ganzes Leben lang hatte ihre Mutter sie davor gewarnt. Törichterweise hatte Arabella zugelassen, dass sie empfänglich geworden war für Tristans Berührungen.
Sein Kuss … mochten die Heiligen sie bewahren, aber ihr vermochte nichts einzufallen, wie sie je diese heißen Augenblicke aus ihrem Gedächtnis verbannen sollte.
„Der zweite Befehlshaber der englischen Wache. Ichglaube, er heißt Sir Simon Percival.“
Arabella nickte, auch wenn sie an diesem Morgen nur einen einzigen Ritter im Kopf hatte.
„Ist noch jemand dageblieben?“
„Hm … ich glaube, einige Frauen sind hier geblieben. Und der englische Hauptmann. Natürlich wurden nur wenige Diener benötigt.“
Tristan war nicht fort. Arabella fragte sich, ob er mitgeritten wäre, wenn sie mit von der Partie gewesen wäre.
„Kann ich hinuntergehen, Edle Dame Hilda?“, fragte Arabella. „Jetzt, da es schon so spät ist, bin ich entsetzlich hungrig.“
Nachdem sie die Erlaubnis der Dame erhalten hatte, stahl Arabella sich nur ein wenig Gebäck von der Anrichte im großen Burgsaal, nahm sich aber nicht die Zeit, sich hinzusetzen. Sie wollte einen Spaziergang machen, beabsichtigte aber, in der Nähe der Burg zu bleiben, da Tristan ihr einsame Ausflüge verboten hatte.
Obwohl, wer würde sie schon aus dem Domizil der Gräfin entführen wollen? Arabella mochte eine adlige Verwandtschaft haben, aber sie besaß keine großen Reichtümer. Maria, als Mündel des Königs, musste da viel vorsichtiger sein. Aber Arabella fürchtete nicht um ihre eigene Sicherheit. Besonders nicht in der Geborgenheit des Waldes, wo sie wusste, wie sie selbst für ihr Wohlergehen zu sorgen hatte.
Draußen vor der Burg konnte sie fast vergessen, dass sie durch halb Europa von ihrer böhmischen Heimat getrennt war. Der Wald, welcher das Heim der Gräfin von Richt umgab, war schön, üppiger als die Wälder, die Arabella kannte, und selbst mitten im Dezember schien er lebendig zu sein. Die warmen Sonnenstrahlen ähnelten mehr denen eines frühen Herbstes und die dichten Bäume lockten. Der erdige Geruch des Bodens und der trockenen Blätter wirkten beruhigend auf sie. Arabella erkannte, wie sehr sie nach den endlosen Tagen in einer Kutsche voll anderer Frauen die ruhige Einsamkeit eines Waldes vermisst hatte.
Sie wanderte zwischen den Bäumen umher, als sie sich an ihren kleinen Kuchen erinnerte. Während sie in das noch warme Gebäck biss, eilte sie weiter und erfreute sich an den raschelnden Blättern unter ihren Füßen. Doch als sie genauer hinhörte, vermischte sich das Geraschel mit einem bedrohlicheren Geräusch.
Hufschlag.
Jemand näherte sich in halsbrecherischem Tempo. Als Arabella sich umdrehte, entdeckte sie Tristan Carlisle auf seinem Furcht einflößendem Tier. Bei seinem Anblick blieb ihr fast der Kuchen im Hals stecken. Tristan wirkte nicht gerade erfreut.
„Was, bei allem, was heilig ist, tut Ihr hier draußen?“ Er hielt kaum einen Fuß von ihr entfernt an.
„Die Kräuter sammeln, die ich gestern fallen ließ, weil Ihr mich zu Tode erschrecktet.“ Sie wischte sich die Krümel von den Fingern und schaute sich auf der Lichtung um.
„Erinnert Ihr Euch nicht an meinen Befehl, die Burg nur in Begleitung zu
Weitere Kostenlose Bücher