Arabellas Geheimnis
daran gewesen, mehr von ihr zu nehmen, als er sollte. Und während ihn die Vorstellung, ihr die Unschuld zu rauben nicht groß belastet hatte, als er in ihr die Frau aus dem Wald wiedererkannte, musste er sich jetzt eingestehen, dass ihn sein Gewissen plagte.
Verdiente sie nicht die Chance, ihr adliges Erbe zu genießen und zu entdecken, was England für sie bereithielt? Und doch war etwas an ihr, das das Blut eines Mannes in Wallung brachte, eine natürliche Sinnlichkeit, die er nicht leugnen konnte. Was, wenn Tristan sich von ihr abwandte und sie so nur der Aufmerksamkeit eines anderen Mannes überließ? Der Gedanke schmerzte. Zumindest – wenn Tristan sie erfolgreich umwarb – würde er dafür sorgen, dass ihr Beisammensein Arabellas Studium der Heilkünste nicht behinderte. Er konnte dafür sorgen, dass sie einen Ort fand, an dem sie in Sicherheit ihr Handwerk ausüben konnte.
Er würde nicht, wie manch anderer Mann, zulassen, dass sie wegen ihrer leidenschaftlichen Natur am Ende mit Nichts dastehen würde.
„Der Mond geht schon auf, Tristan.“ Arabellas Stimme unterbrach ihn in seinen Gedanken, als sie auf die Füße sprang und er jetzt erst merkte, wie spät es war.
„Ja. Das ist eine gefährliche Tageszeit für uns.“ Er stand auf und rief sein Pferd. Und er war sich immer noch nicht darüber klar geworden, ob er sie weiterhin umwerben sollte oder nicht. „Vielleicht erweist Ihr mir an einem anderen Tag die Ehre Eurer Begleitung?“
Er beabsichtigte auch in Zukunft ein wachsames Auge auf sie zu haben, denn er fürchtete um ihre Sicherheit, wenn er ihre Neigung zum Herumstreifen bedachte. Das brachte ihn selbst aber in eine prekäre Situation, denn sie zu beschützen, würde sie beide immer wieder gemeinsam an einsame Plätze führen. Sein Puls ging schneller, und sein Verlangen nach ihr wuchs.
„Ich werde es in Erwägung ziehen, wenn Ihr mir etwas von Euch erzählt, nach allem, was ich Euch über mich verriet.“
Sie wartete, bis er aufgestiegen war und erlaubte ihm dann, ihr aufs Pferd zu helfen. Ihre Hüfte so nahe an seinen Schenkeln zu spüren, zwang ihn immer wieder, keuchend nach Luft zu schnappen. Vielleicht hielt sich Arabella so steif aufrecht und bemühte sich, nicht mit Tristan in Körperkontakt zu kommen, weil sie merkte, in welch riskanter Lage sie war. Kluge Frau.
Der Dämmerung wohnte ein besonderer Zauber inne. Tristan suchte verzweifelt nach einem Weg, sich abzulenken, bis sie wieder in der Burg sein würden. Er war sich wirklich nicht sicher, ob er sich während des ganzen Ritts zur Gräfin würde beherrschen können, geschweige denn während der restlichen Reise nach London.
„So glaubt Ihr also, Ihr hättet heute mehr als Euren Teil zur Unterhaltung beigetragen?“ Er legte ihr den Arm um die Taille, um sie sicher im Sattel zu halten.
„Ich habe einen großen Teil meines Lebens Eurer Neugier preisgegeben, einschließlich einiger der geheimsten Kräuterheilmittel meiner Großmutter, und doch seid Ihr stumm geblieben.“
„Ich schwöre Euch, dass Eure Tinkturen bei mir sicher sind, denn die Rezepte haben sich in meinem Kopf alle miteinander vermischt.“ Um die Wahrheit zu sagen, wegen seines Hungers nach ihr war ihm einiges von dem, was sie ihm anvertraut hatte, entgangen. „Doch ich werde Euch auf dem Heimweg unterhalten, Mylady. Ich wünschte nur, ich wüsste Amüsanteres zu erzählen als Kriegsabenteuer und Geschichten über das Dasein eines englischen Ritters.“
„Aber ich weiß nichts über das Leben eines Ritters.“
Wenn er nicht gerade kämpfte, verlangte es ihn doch sehr häufig nach Zerstreuung durch das weibliche Geschlecht, dachte Tristan grimmig. Also würde er Arabella keine Geschichten aus seinem eigenen Leben erzählen. Bella.
Sie hatte einen schönen Namen, der zu ihrer einzigartigen Ausstrahlung passte.
„Als ich vor einigen Monaten in diplomatischer Mission am französischen Hof war, hörte ich eine Geschichte. Ich erinnere mich gut daran, denn die Geschichte handelt von einem Namensvetter, Tristan, und seiner Dame Isolde.“
Unfähig, die Hände von ihr lassen, streichelte er ihr Haar, während er erzählte. Nachdem Elisabeth Fortier ihn enttäuscht hatte, war Tristan entschlossen gewesen, sich von Edelfrauen fernzuhalten, da er sich nicht fürs Heiraten interessierte und auch keine Ländereien anzubieten hatte. Die Schwierigkeiten, welche die Affären mit Edelfrauen mit sich gebracht hatten, vermisste er nicht. Doch er vermisste die
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