Arabellas Geheimnis
zur Gattin nahm. Doch als er im Sterben lag, schickte er nach Isolde, um sie ein letztes Mal zu sehen. War Isolde auf dem Schiff, das zu ihm segelte, sollte eine weiße Flagge gehisst werden. War sie nicht auf dem Schiff, sollte es eine schwarze Flagge zeigen. Das Schiff erreichte den Hafen, und eine weiße Flagge wehte. Doch Tristans Frau berichtete ihm, es wäre eine schwarze, und daraufhin starb der tapfere Ritter an seinem Leid. Als Isolde bei ihrem Geliebten ankam, starb sie ebenfalls aus Kummer.“
„Wie traurig.“ Sie senkte mit einem kleinen Schluchzer den Kopf. Tristan musste daran denken, wie viele Gefühlsregungen er an ihr schon entdeckt hatte, seitdem er ihr begegnet war.
Solch einen Reichtum an Gefühlen hatte er noch nie bei einer Edeldame festgestellt.
„Ja. Doch die Legende mahnt uns, unserem Glück nicht die Tür zu weisen.“ Er lenkte sein Pferd den Abhang hinunter und auf die gräfliche Burg zu, deren Tore jetzt in Sicht waren.
„Wie das? So wie es war, waren sie doch ein Liebespaar. Ich glaube eher, die Geschichte zeigt, dass man einer verbotenen Leidenschaft keine Beachtung schenken sollte.“
„Vielleicht. Doch ich weiß, wenn ich das Glück hätte, zu Lebzeiten mit solch einer Liebe beschenkt zu werden, keine Macht des Himmels und der Erde könnte mich von ihr trennen.“
„Ihr könntet Euch nicht Eurem König widersetzen“, entgegnete sie.
„Vielleicht würde ich meine Liebste fortzaubern, dorthin, wo kein König Macht über uns besäße.“
Als sie sich dem Burghof näherten, kam einer von Tristans Männern – es war der junge Henry Mauberly – auf sie zugelaufen und rief laut Tristans Namen.
„Ihr werdet noch die Toten aufwecken“, ermahnte Tristan ihn, während er sein Pferd zügelte und den Hof nach Anzeichen irgendeines Ärgernisses absuchte. Die Jagdgesellschaft musste inzwischen schon wieder zurückgekehrt sein. Doch Tristan war überzeugt, dass keine der Frauen entführt worden war. Schließlich war Simon für die Sicherheit der Gruppe verantwortlich gewesen.
„Ich möchte Euch warnen.“ Mauberly deutete mit dem Daumen zum Wohnturm. „Prinzessin Anne sucht nach Euch. Wie es aussieht, wünscht sie, dass Ihr sofort zur Audienz erscheint, auch wenn ich nicht herausfinden konnte, warum.“ Henry runzelte besorgt die Stirn, aber Tristan blieb unbekümmert.
„Ich werde sofort zu ihr gehen und in Erfahrung bringen, worum es sich handelt.“ Tristan ritt weiter, während er Henry noch seinen Dank für die Warnung zurief.
„Was glaubt Ihr, wird Sie von Euch wollen?“ Arabella wartete, bis er abgestiegen war, bevor sie ihm die Hände entgegenstreckte.
Unwillkürlich genoss es Tristan, wie sie sich so ohne Weiteres von ihm vom Pferd heben ließ. Aber er musste dieses selbstsüchtige Verlangen unterdrücken. Mit den Händen drückte er rasch ihre Taille, bevor er sie wieder losließ.
„Seid Ihr besorgt um mich?“
„Nein. Doch es entspricht nicht der Art der Prinzessin, Euch wegen einer Nichtigkeit zu sich zu beordern. Wenn sie sich die Mühe macht, Euch suchen zu lassen, dann ist es sicher wichtig.“
„Ich werde es bald herausfinden.“ Er übergab die Zügel einem Stallburschen. „In der Zwischenzeit solltet Ihr zu Eurer Sicherheit drinnen bleiben. Wenn es Euch nach frischer Luft verlangt, müsst Ihr warten, bis ich Euch begleiten kann.“
Sie nickte, auch wenn sie ihr Widerstreben nur schlecht verbergen konnte.
„Fällt es Euch wirklich so schwer, den Tag in Gegenwart von Annes Hofdamen zu verbringen?“
Ein Lächeln zauberte Grübchen auf ihre Wangen. „Ja.“
„Trotzdem müsst Ihr auf mich warten.“ Er musterte sie ernst, um sicherzugehen, dass sie ihn verstanden hatte.
Und in dem Moment entschied er, dass er seine eigenen Wünsche lange genug beiseitegeschoben hatte. Arabella hatte fast offen eingestanden, dass sie nicht zu den anderen Frauen gehörte. Das Leben einer Edeldame gefiel ihr nicht. Sie wollte ihre Unabhängigkeit genießen. Wenn sie sein Eigen würde, konnte er sie ihr schenken.
„Ah, da ist ja der Mann, den alle suchen.“
Tristan und Arabella schauten auf und sahen Rosalyn der Clair im Eingang zum Wohnturm stehen. Obwohl die Frau lächelte, konnte Tristan die Kälte in ihren Augen erkennen, als sie Arabella zunickte.
„Ich bin auf dem Weg zur Prinzessin“, versicherte er ihr und ärgerte sich, dass er in der vergangenen Nacht nicht strenger mit ihr umgegangen war.
„Ich selbst habe Euch auch gesucht, Sir.“ Rosalyn
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