Arabellas Geheimnis
schmerzhaft auf der Schulter.
Sie rappelte sich auf und ignorierte das Brennen in ihrem Arm. Für den Moment führte Thadus sie zu dem Haufen Zweige, der, wie sie jetzt erkannte, ein primitiver Unterschlupf war, mit kaum Platz genug, um sich hineinzuzwängen. Zwischen drei Bäumen waren ungefähr sechs Handbreit über dem Boden große Äste befestigt worden. Diese Äste wurden von kleineren bedeckt, dazu kamen noch Blätter und Moos als Dach.
„Du musst auf den Knien hineinkriechen.“ Thadus benutzte seine Stiefelspitze, um Arabella einen Stoß zu geben. Sie fiel wieder hin. Wahrscheinlich war es das zehnte Mal in der letzten Stunde. Nachdem sie in dem Unterschlupf war, folgte Thadus ihr und band sie an einem der Bäume fest, welche der Konstruktion Halt gaben. Als Thadus ihr den Rücken zukehrte, erwägte Arabella einen schnellen Tritt gegen seine Schläfe. Aber sie wusste, dass sie danach zu keiner weiteren Handlung mehr fähig sein würde, schließlich war sie ja gefesselt. Sie hielt also still und betete, Tristan möge sie bald finden, damit sie ihn davor warnen konnte, dass die Männer planten, eine zweite Frau zu entführen.
„Ich werde etwas zu essen auftreiben.“ Thadus zog ein Messer aus einer Scheide, die an seiner Taille befestigt war und hielt es ihr unter die Nase. „Wenn meine Jagd erfolgreich war, kehre ich zurück. Rühr dich nicht und schrei nicht, oder ich bin versucht, etwas näher an unserem gemütlichen Zuhause zu jagen.“
Er bleckte grinsend die Zähne, bevor er aus dem Unterschlupf verschwand und sie in der beginnenden Dämmerung allein ließ. Arabella merkte erst einige Zeit nachdem er fort war, dass sie zitterte.
Wer war nur dieser Thadus? Und warum machte er sich die Mühe, dem böhmischen Gefolge den ganzen Weg quer über den Kontinent zu folgen? Hatte er vor, die Prinzessin zu entführen? Arabella konnte darin durchaus einen Sinn sehen, da Prinzessin Anne eine große politische Bedeutung hatte. Aber warum dann auch noch Arabella entführen? Sie trug noch nicht einmal den Namen ihres Vaters. Und nach dem, was Zaharia ihr erzählt hatte, war der Edle, der ihr Vater war, ein Mann niederen Adels.
Bis Thadus wiederkam, war es dunkel geworden. Nachdem er ein frisch getötetes Kaninchen auf einen Stein vor dem Unterschlupf geworfen hatte, kroch er zu Arabella hinein und löste ihre Ketten, bevor er wieder hinausschlüpfte.
„Ich bin hungrig, Weib. Bereite das Kaninchen vor, während ich Feuer mache.“
Arabella hastete ihm nach. Nachdem sie jetzt endlich ihre Hände wieder bewegen konnte, kribbelten ihre Finger. Kaum war sie aus dem Unterschlupf aufgetaucht, als in der Nähe ein Geräusch zu hören war. Sie hielt inne und spähte in den Wald.
Aus dem Unterholz ertönte mit einem Mal ein tierischer Schrei.
Sie brauchte einen Moment, bis sie ihn mit der dunklen Gestalt in Zusammenhang brachte, die aus dem Schutz der Bäume hervorbrach.
Tristan.
Eine Welle der Erleichterung durchströmte sie bei seinem Anblick. Mit einem wilden Ausdruck auf dem Gesicht, wie sie ihn noch nie bei ihm gesehen hatte, stürmte er durch den Wald. Und beim Himmel, wie war ihr diese Wildheit willkommen, obwohl sie sich auch um ihn sorgte.
Mit gezogenem Schwert prallte Tristan auf Thadus. Dieser verteidigte sich zwar mit einem Dolch, doch dabei verlor er seine Waffe in dem Laub, das den Waldboden bedeckte.
Thadus fluchte in einer fremden Sprache und streckte die Hand aus, um Arabella zurückzuzerren. Schreiend riss sie sich von ihm los, während Tristan mit seiner Klinge auf den Rücken des Mannes einhieb, aber wenig Schaden anrichtete, weil Thadus sich in dem Moment tief bückte.
Thadus wollte nach der eigenen Waffe greifen, dem großen Messer, das er Arabella zuvor unter die Nase gehalten hatte. So schnell sie konnte eilte Arabella über den mit Blättern und Stöcken bedeckten kargen Boden und beförderte es mit einem Tritt zur Seite, während Tristan das Schwert hinter sich warf und den Entführer jetzt mit den Fäusten bearbeitete.
Flüche waren zu hören und Blut floss, als die Männer miteinander kämpften. Spucke sprühte aus Thadus’ Mund, als Tristans Faust sein Kinn traf. Arabella versuchte ihre Furcht zu verdrängen und tief durchzuatmen, aber die Panik schnürte ihr die Kehle zu. Thadus fiel gegen den Unterschlupf und brachte den Aufbau aus Stöcken zum Einsturz.
Arabella sprang auf die Füße. Sie wollte sich versichern, dass ihr Entführer Tristan nicht verletzt hatte, auch wenn
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