Arabellas Geheimnis
zerrieb sie diese in einer kleinen Schale, die sich neben Tristans Bett befand und sang dabei leise und beruhigend in ihrer Muttersprache.
Als die Arznei fertig war, tat sie sie in etwas Wasser und verabreichte Tristan davon einen Schluck. Dann nahm sie ein wenig Schafgarbe wegen seiner Heilkraft bei Wunden. Aus drei Stängeln stellte sie eine Paste her, die direkt auf die Wunde aufgetragen wurde und drei legte sie bereit, um daraus mit etwas Engelwurz einen Heiltrank herzustellen. Engelwurz war so ziemlich gegen alle Leiden gut, und gerade diese Stiele waren im vergangenen Juli auf der Höhe ihrer Heilkraft geschnitten worden.
Inzwischen waren die Mägde mit Wasser und Leinen zurückgekehrt und standen zögernd in der Kammertür. Arabella winkte sie herein, doch nicht ohne das Misstrauen in ihren Augen bemerkt zu haben. Zweifellos hatten die Frauen sie in einer fremden Sprache singen hören und hegten nun den Verdacht, dass sie nicht die war, für die sie sich ausgab. Dennoch überreichten sie Arabella die Dinge, um die sie gebeten hatte, bevor die beiden hastig das Gemach wieder verließen.
Etliche Stunden hatte Arabella bereits in dem Turmzimmer über Tristan gewacht, als sie schwere Schritte über den Gang poltern hörte, begleitet vom Gemurmel einer weiblichen Stimme.
„Sie würde es nicht wagen.“
Simon Percivals erzürnter Bass übertönte die Frau, und Arabella vermutete, dass ihre Anwesenheit im Krankenzimmer entdeckt worden war. Sie wusste, dass Tristans misstrauischer Freund versuchen würde, sie aus der Kammer zu werfen. Deshalb erhob sie sich von der Bettkante und verriegelte leise die Tür.
Sekunden später stand Simon schon vor der Tür. Er stieß einen Schwall von Flüchen aus, wie sie Arabella noch nie zu Ohren gekommen waren und drohte ihr, sie vor den König zu bringen. Doch dann begann die Frau wieder leise auf Simon einzureden. Arabella schlich sich zur Tür zurück, um herauszufinden, was sie sagte.
„Sie wird ihm nichts antun, das schwöre ich …“, nahm sie eine vertraute Stimme wahr.
Marias Stimme.
„Maria?“, rief Arabella durch die Tür. „Ohne mich wird er vielleicht sterben. Im Augenblick leidet er unter einem starken Fieber.“
Simon unterbrach sie mit einer Reihe weiterer Flüche und verlangte, dass sie ihm öffnete. Arabella machte sich nicht die Mühe, mit ihm zu sprechen, sondern hoffte einfach, dass es Maria gelingen würde, Simon wieder zu beruhigen.
„Simon will, dass der Arzt nach ihm sieht“, meinte Maria schließlich.
„Simon ließ es zu, dass seine Männer Tristan auf den Rücken legten. Das hat seine Verletzung verschlimmert. Nach solch einer miserablen Pflege fällt es mir sehr schwer, Ärzten zu vertrauen, die er empfiehlt.“
Arabella wandte ihre Aufmerksamkeit von der Tür ab und wieder Tristan zu. Sollte Maria sich um Simon Percival kümmern. Gerade jetzt brauchte Tristan sie. Für den Rest des Tages wich sie Tristan nicht von der Seite.
Im Fieber dahinsiechend, schwebte Tristan zwischen Leben und Tod. Er fantasierte, rief mehr als einmal nach einer Frau namens Elizabeth, doch nie nach Rosalyn, worüber Arabella sich freute. Sie versuchte, nicht darüber nachzudenken, wer wohl diese geheimnisvolle Elizabeth sein mochte, sondern fuhr fort, beruhigend auf ihn einzureden, während er um sein Leben kämpfte.
Lange nachdem die Dämmerung hereingebrochen war, öffnete er die Augen und streckte die Hand nach Arabella aus. Sein Griff war fest.
„Arabella.“
Sie erschrak und ließ fast den Weinkrug fallen, den sie in der Hand hielt.
„Tristan?“ Sie stellte den Krug neben sein Bett und kniete sich nieder. Er wirkte immer noch erschöpft. Sein Gesicht war gerötet und die Augen glänzten. „Wie fühlt Ihr Euch?“
„Wütend. Ich sehe andauernd das Gesicht eines blassen Mannes vor mir, und ich bin so zornig, ich möchte …“ Er brach ab und runzelte die Stirn. „Wer ist der Mann?“
„Sein Name ist Thadus, und ich weiß nicht, woher er kommt. Aber er folgte dem Hofstaat, seitdem wir Prag verließen. Ivan Litsen begleitet ihn.“
„Er entführte Euch.“ Tristans Augenbrauen bildeten eine Linie, während er sich unter offensichtlicher Anstrengung bemühte, sich an das Geschehene zu erinnern.
„Ja. Ihr habt mich gerettet, und ich bat Euch, Thadus nicht zu töten. Aber ich war eine Närrin, denn der Schuft richtete sich wenig später wieder auf und schleuderte Euch ein Messer in den Rücken. Ich hätte nie geglaubt, dass er sich noch
Weitere Kostenlose Bücher