Arabellas Geheimnis
meiner Heimat leben wollt, aber ich bin froh, dass Ihr die Reise sicher überstanden habt.“
„Was meint Ihr damit? Glaubt Ihr, ich kann in Eurem kalten Land nicht leben?“ Ihre Stimme hatte jetzt einen seltsam ängstlichen Unterton, und er fragte sich, wodurch er sie beunruhigt hatte.
„Ihr seid so anders. Manchmal fürchte ich, Ihr könntet zu viel Aufmerksamkeit auf Euch ziehen.“ Er nahm einen Becher Wein von ihr entgegen, trank einen tiefen Schluck und unterdrückte das Verlangen nach ihr, das er selbst jetzt, da sie nicht mehr an seiner Seite war, noch empfand.
„Ich hoffe, das ist nicht der Fall.“ Sie biss sich auf die Lippen und richtete sich wieder auf.
Sein Bauch sagte ihm, dass etwas nicht stimmte, und er verfluchte die Verletzung, die ihn von seinen Pflichten abhielt. Ihm drehte sich der Kopf.
„Wie lange ist es her, dass ich Euch in Calais fand?“ Er fuhr sich mit der Hand über die Bartstoppeln in seinem Gesicht und versuchte, die Anzahl der Tage zu erraten.
„Drei Tage. Wir haben hier in Rochester Halt gemacht, während Ihr Euch erholt und werden nach London reisen, sobald Ihr Euch wieder besser fühlt.“
„Drei Tage?“ Ihm war, als würde ihm übel, und er ärgerte sich, dass er körperlich so schwach war. „Heute Morgen bin ich so weit.“
„Ihr dürft jetzt nichts überstürzen.“ Sorge verdunkelte ihre grünen Augen.
„Ich will keine Verzögerung. Je eher die Prinzessin heiratet, desto früher habe ich meine Verpflichtungen erfüllt.“
Bevor er die Worte aussprach, hatte er nicht bedacht, wie Arabella sie interpretieren mochte.
„Ich fürchte, wir waren Euch eine Last. Und ganz besonders ich“, erwiderte sie. Sie öffnete die Tür und rief nach einer Magd, damit sie etwas zu essen brachte, etwas anderes als die dünne Brühe, mit der sie ihn in der vergangenen Nacht gefüttert hatte.
„Ihr seid mir mehr als einmal zu Hilfe gekommen. Das werde ich Euch nicht vergessen.“ Die Gedanken an Rosalyn de Clair setzten ihm mehr zu als die Schmerzen in seinem Rücken. „Vielleicht zwingt Richard mich jetzt, Rosalyn zu heiraten, nur damit der Frieden zwischen unseren Völkern bestehen bleibt. Und darauf freue ich mich ganz und gar nicht. Aber wir können es uns nicht leisten, hier in Rochester zu bleiben, wenn Ivan und der andere Mann – wie war noch mal sein Name?“
Er hatte nur noch bruchstückhafte Erinnerungen an das, was geschehen war, und die Anstrengung des Sprechens ließ ihn kurzatmig werden wie einen alten Mann.
„Thadus.“
„Ja. Schickt nach Simon, damit wir Pläne machen können.“
Verletzt oder nicht, Tristan musste die Reisegesellschaft sicher über diese letzte Wegstrecke führen und dafür sorgen, dass Simon von der Gefahr erfuhr, die immer noch auf sie lauerte. „Vielleicht rufe ich Euch, damit Ihr erzählt, was Ihr hörtet, als Ihr gefangen gehalten wurdet.“
Später, wenn er wusste, dass die Reisegesellschaft sicher ihr Ziel erreicht und er seine Mission erfolgreich abgeschlossen hatte, würde er ihr in angemessener Weise seinen Dank erweisen. Bis dahin würde er alles tun, was in seiner Macht stand, um wieder zu Kräften zu kommen und dafür zu sorgen, dass Richard den Grundbesitz, der Tristans Belohnung für seine Dienste war, auch hergab. Er würde all diese verdammten Brühen, die Arabella ihm verordnete und die nach nichts schmeckten, trinken und wie ein Toter schlafen, wenn er dadurch nur schneller genesen würde.
„Das mache ich. Doch zuerst möchte ich mein Messer wiederhaben.“ Sie steckte eine verrutschte Locke zurück unter einen silbernen, mit Raubvögeln verzierten Haarreif.
„Welches Messer?“ Sein Kopf brummte nur so vor lauter Sorgen, die all seine ungeteilte Aufmerksamkeit verlangten.
„Mein Messer, das Ihr auf der Lichtung fandet, als wir einander das allererste Mal begegneten. Seitdem habe ich es mir viele Male zurückgewünscht, besonders als ich die Gefangene dieses grausamen Mannes gewesen war.“
Er erstarrte. „Hat er Euch verletzt?“
„Nein. Doch das nächste Mal würde ich es vorziehen, eine Waffe bei mir zu tragen.“
„Es wird kein nächstes Mal geben. Ihr sollt Euer Messer sofort zurückerhalten, wenn ich erst meiner Kleider wieder habhaft bin, die ich an dem Tag anhatte, an dem ich Euch folgte. Seitdem wir uns das erste Mal gesehen haben, habe ich es stets bei mir geführt.“
Vielleicht hätte er nicht verraten sollen, dass das Messer sein ständiger Begleiter gewesen war, nachdem er es auf dem
Weitere Kostenlose Bücher