Arabiens Stunde der Wahrheit
Verschwörung und des gegenseitigen Verrats, der exemplarisch sein dürfte für die Wirren, denen weite Teile des Dar-ul-Islam und unser ganzer Globus ausgesetzt sind. Es ist bezeichnend für die Verblendung der deutschen AuÃenpolitik, daà sich das Gemetzel der neunziger Jahre, das sich unmittelbar vor unserer Türschwelle abspielte, von den Politikern und Medien der Bundesrepublik kaum beachtet wurde, während der Amerikaner Samuel Huntington â durch den Clash of Civilizations bekannt â die Hypothese eines nuklearen Konflikts mit der gewagten Hypothese der Explosion einer algerischen Atombombe über der französischen Hafenstadt Marseille beginnen läÃt.
Ãber die interne Beschaffenheit des schwarzen Kontinents, zumal der Sahelzone, hat in Europa bis in das späte neunzehnte Jahrhundert eine krude Ignoranz vorgeherrscht. Die ersten christlichen Ungläubigen,die â durch den magischen Glanz Timbuktus angezogen â bis zum Niger oder zum oberen Nil vorstieÃen, muÃten sich unsäglichen Gefahren und Strapazen aussetzen. »Hic sunt leones â Hier leben Löwen«, schrieben die Kartographen in diese unerforschte Zone und gestanden damit ihre Unwissenheit ein. Als junger Offizier der Armee Lord Kitcheners war Winston Churchill in die Tiefe des Sudan eingedrungen. Er hat eine brillante Schilderung dieses Kolonialfeldzuges hinterlassen. Ãber die Bewohner der bislang verschlossenen Region äuÃert er Beurteilungen, die heute manchen schockieren würden.
»Unter den zahlreichen Stämmen des Sudan«, so schrieb Churchill, »können zwei Rassen deutlich voneinander unterschieden werden: Die ursprünglichen Eingeborenen und die arabischen Eindringlinge. Die Ureinwohner dieses Landes waren Neger â schwarz wie Kohle. Sie waren starke, männliche und einfältige Wilde und lebten, wie wir uns prähistorische Menschen vorstellen mögen. Sie jagten, kämpften, vermählten sich und starben ohne Ansprüche jenseits ihrer physischen Bedürfnisse, ohne Angstzustände, es sei denn, sie wurden durch Gespenster, Zauberkraft, Ahnenkult oder andere Formen des Aberglaubens in Furcht versetzt, wie das bei Völkern niederer Entwicklung üblich ist â¦
»Ihr unterentwickelter Intellekt bot eine Entschuldigung für die Dürftigkeit ihrer Bräuche ⦠Obwohl die Neger weit zahlreicher sind als die Araber, verfügen letztere über die gröÃere Macht. Die Tapferkeit der Ureinwohner wird aufgewogen durch die höhere Intelligenz und die überlegene Energie der Araber ⦠Die schwarzen âºAborigenesâ¹ haben sich mit den Invasoren vermengt, deren sie sich nicht erwehren konnten, aber die stärkere Rasse hat den Negern die eigenen Sitten und die eigene Sprache vermittelt. Die Kraft ihres Blutes hat die Gesichtszüge der Sudanesen spürbar verändert. Mehr als tausend Jahre lang wurde der Sudan durch die mohammedanische Religion durchdrungen, für die die negroide Rasse offenbar eine seltsame Faszination empfindet. Obwohl ihr niederer Bildungsstand und die Beschaffenheit eines schwierigen Terrains den Fortschritt neuer Ideen behindern, scheint die schwarze Mehrheit schrittweisedie Religion Mohammeds und die Bräuche der Araber zu übernehmen.«
Was den »Mahdi« Mohammed Ahmed betrifft, so widerspricht der junge Churchill der vorherrschenden Meinung seiner Landsleute, die diesen islamischen Revolutionär und selbsternannten Kalifen, der kurz vor der Entscheidungsschlacht von Omdurman eines natürlichen Todes gestorben ist, als fanatischen Scharlatan darstellten. Er bewies damit sein politisches Urteilsvermögen. »Eines Tages werden sich Wohlstand und Bildung bei den Völkerschaften am oberen Nil einstellen«, so notierte der spätere Premierminister des Zweiten Weltkrieges, »und dann werden die arabischen Geschichtsschreiber, die die frühen Analen der neuen sudanesischen Nation untersuchen, dem Namen des Mahdi Mohammed Ahmed als hervorragenden Helden seiner Rasse huldigen.«
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Vermutlich wird die Darfur-Krise die breite Ãffentlichkeit nur vorÂübergehend beschäftigen, zumal sich mit der Sezession des Süd-Sudan Konflikte von ganz anderen AusmaÃen ankündigen. Die Völkerkundler streiten ohnehin über die ethnischen Gegensätze, die angeblich die Massaker der »Djandjawid« und die Verwüstung ganzer
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