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Arabische Nächte

Arabische Nächte

Titel: Arabische Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Parker
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es keinen zweiten Schlüssel?«
    Bersham zeigte ihn ihr. »Aber wir haben nicht das Recht, gegen den Wunsch des Herrn einzudringen.«
    »Kein Recht ...« Wieder durchschnitt ein Aufschrei ihre Frage. Sie griff nach dem Schlüssel. »Ich habe das Recht.«
    Der Butler und die Frau wechselten erschrockene Blicke. Doch die Qual des Mannes hinter der Tür war zwingender als das Widerstreben der Bediensteten.
    »Er muss krank oder verletzt sein. Dabei gibt es nichts zu befürchten«, sagte sie, um sich aufzumuntern - mit Krankheiten hatte sie schließlich Erfahrung. Dennoch zitterte ihre Hand, als sie den Schlüssel einführte und umdrehte.
    In dem Raum, der dunkel und kalt wie eine Gruft war, lag der faulige Geruch von Krankheit, von Erbrochenem und Nachtgeschirr, doch registrierte sie die unangenehmen Gerüche fast erleichtert. Ihre Vermutung bewahrheitete sich. Hier befand sich ein Kranker.
    »Warten Sie!« Sie straffte die Schultern und hob die Kerze hoch, als sie entschlossen vorrückte. »Lord Sinclair?«
    Ihr Blick umfasste eilig den Raum und suchte eine Gestalt in den dunklen Ecken. Die Türen eines altmodischen Schrankbettes standen offen. In der Finsternis dahinter erspähte sie die undeutliche Gestalt eines Mannes, der plötzlich mit rudernden Armen auffuhr. »Gnädiger Allah, mach dem Schmerz ein Ende!«
    Japonica fuhr zusammen. Nicht sein Verhalten erstaunte sie, sondern die Tatsache, dass er Persisch gesprochen hatte. Sie trat näher, als er fortfuhr, in einem Kauderwelsch von Persisch, Hindi und obskuren, ihr unbekannten, arabischen Dialekten vor sich hin zu keuchen.
    »Lord Sinclair? Sind Sie krank, Mylord?« Sie hob ihre Stimme um eine Oktave und zu ungewohnter Lautstärke.
    Als hätten ihre Worte ihn getroffen, ließ er sich plötzlich nach rückwärts auf die Matratze fallen, wölbte den Rücken und stemmte sich gegen das Bett. Sein Gesicht verzerrte sich unter einem erneuten Anfall von Todespein, die ihn aufheulen ließ.
    Sein Schrei war so Furcht erregend, dass sie einen Schritt zurückwich. Vielleicht irrte sie sich. Vielleicht war er gar nicht krank, sondern wahnsinnig, und hatte einen Anfall!
    Mit Irren hatte sie nie zu tun gehabt, wusste aber, dass sie oft gefährlich und unberechenbar waren.
    Ein zischender Wehlaut entrang sich seinen Lippen, er begann, sich zu drehen und zu winden. Alle Muskeln seines Körpers wurden starr, die Sehnen in Armen und Nacken traten hervor. Als sie nach dem Dolch in ihrer Tasche griff, schrie er: »Allah, sei mir gnädig! Nimm mein Leben!«
    Seine verzweifelte Angst bewegte sie mehr als ihre Furcht vor ihm und dem, was vor ihr lag. Sie steckte die Waffe wieder ein und näherte sich zögernd dem Bett.
    Als der Lichtkreis der Kerze direkt auf die Lagerstatt fiel, verstummte er. Obwohl er sich angehört hatte, als wäre er wach, waren seine Augen geschlossen. Schlief er? Konnte ein Albtraum seinem Opfer so echt erscheinen?
    »Lord Sinclair?« Ihr Ton war jetzt leiser, da sie gehört hatte, es tötete manchmal einen Schlafwandler, wenn man ihn abrupt weckte.
    Er wandte ihr sein Gesicht mit geschlossenen Augen zu. Sein schwarzes Haar war wirr, mit seinen losen Ärmeln sah er eher aus wie eine Vogelscheuche als ein Edelmann. In der Dunkelheit wirkten seine Züge sonderbar grau und gefurcht, ob vom Alter oder durch den Schmerz, konnte sie nicht beurteilen. Dieser Mann sah so gar nicht englisch aus. War dies wirklich der neue Viscount Shrewsbury?
    Plötzlich hob und senkte sich seine Brust so heftig, wie wenn seine Lungen zu bersten drohten.
    Rasch stellte sie die Kerze ab, umfasste seine Schultern und schüttelte ihn. Die Gefahr, ihn zu töten, konnte nicht schlimmer sein als die Qual seines gegenwärtigen Zustandes. »Aufwachen, Sir! Sie träumen.« Als er keine Antwort gab, wiederholte sie die Worte auf Persisch: »Aufwachen, burra sahib ! Sie träumen!«
    Seine Starre löste sich, er sank zurück in die Kissen. Nach einer langen Pause, während sie den Atem anhielt, schlug er die Augen auf. Vor Schmerz dunkel und blicklos bewegten sie sich in ihren Höhlen, bis sie wieder zu sprechen anfing.
    »Sie müssen sich beruhigen, es sind die Nerven!«
    Jäh drehte er den Kopf in ihre Richtung. Als sein Blick sie traf, war sie es, die erschrocken flüsterte: »Bismallah!«
    Goldbraune Augen starrten sie an, Augen, die sie nie vergessen hatte, Augen, die sie über Monate hinweg jeden wachen Moment glutvoll durchbohrten und noch immer ihre Träume heimsuchten, wenn sie zu erschöpft

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