Arabische Nächte
zurücktretet, dresche ich los! Allah ist mein Zeuge!«
Hewlett-Packard
14
Entsetzlich! Unentschuldbar! Kaum zu glauben!
»Damit wollte ich tätlich werden.« Japonica blickte auf die improvisierte Waffe in ihrer Hand. Ihr Ton war so dumpf wie ihre Miene. »Ich hätte es tun sollen ...«
Sie konnte sich nicht vorstellen, warum der Viscount nicht selbst sie alle besinnungslos geschlagen hatte. Die Shrewsbury-Blumen hatten dem verdatterten Diener die Kartons entrissen, ehe sie sie daran hindern konnte. Dann knicksten sie und murmelten Dankesworte, bevor diese ganz schlimmen Mädchen mit ihrer Beute entflohen. Die Aussicht, neuen Tand zu bekommen, siegte über ihre Angst vor dem Viscount.
Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Lord Sinclair auf sie zukam, vornehm angetan, in Zivilkniehosen aus feinstem braungelbem Tuch und einem weinroten Frack. Hatte er sich mit seiner Kleidung nur für den Besuch auf Croesus Hall so viel Mühe gegeben?
Ein lächerliches Schwindelgefühl erfasste sie. Es war im Nu vorbei angesichts des verräterischen Metallglanzes am Ende des rechten Armes. Mit einem Ruck blickte sie auf und begegnete seiner wütenden Miene. Ein Schauder durchrann sie, doch sagte sie sich, dass sie alles verdiente, was er nun tun oder sagen würde.
»Soll das ein Beispiel Ihrer neuen Autorität sein?«, herrschte er sie an. »Ich käme mit einem Rudel wilder Köter besser zurecht!«
Sie senkte den Blick, da es ihr unerträglich war, in seine anklagende und verächtliche Miene zu schauen. »Sie dürfen sie nicht bestrafen. Ich lasse es nicht zu. Und Sie werden sie auch nicht bei Wasser und Brot einsperren, obwohl sie dies und noch mehr verdienen - doch sind es im Grunde nur dumme Gänse. Sie begreifen nicht, wie viel Schaden sie anrichten. Mutterlos aufgewachsen, dazu ein Vater, der sich ihnen nicht widmen konnte ...« Japonica ließ ihren Appell in einem Seufzer ausklingen.
»Sie wollen sie also auch noch verteidigen? Womöglich mit Ihrer Kelle? Madam, Sie stehen einem Haushalt ungewöhnlichen Stils vor.« Sein Ton war angespannt, als koste es ihn Mühe, nicht an seiner Wut zu ersticken.
»Ungewöhnlich?« Weil sie eben ihre Stieftöchter mit einer Suppenkelle bedroht hatte? Weil der Esstisch in Kastaniensuppe schwamm? Weil sie sich keinen schrecklicheren und unwürdigeren Augenblick vorstellen konnte als jenen, in dem er hereingeplatzt war? Keinen, der geeigneter war, ihren eben erst in Angriff genommenen Plan, eine der Shrewsbury-Töchter während der heiß ersehnten Saison in die Gesellschaft eingeführt zu sehen, zum Scheitern zu bringen?
Die Katastrophe war komplett, die Erniedrigung größer, als sie es sich je hätte vorstellen können. Ihre Bemühungen lagen, ehe richtig in die Tat umgesetzt, schon gescheitert am Boden. Da brandete in den Tiefen ihrer Verzweiflung eine Gemütsbewegung auf und erreichte ihre Lippen. Sie sah ihm direkt ins Gesicht und lachte.
Nur einen Moment las sie Erstaunen in seiner Miene, ehe er jede Emotion unterdrückte. »Madam, Sie brauchen einen Drink!«
Energisch nahm er ihren Arm und führte sie zu ihrem Stuhl.
»Setzen Sie sich!« Nach ihrem Weinglas greifend sah er, dass der Inhalt mit Kastaniensuppe versetzt war, und schüttete ihn aus. »Wein, Bersham! Den besten Rotwein aus dem Keller!«
Als der Butler davoneilte, nahm Devlyn die immer schriller werdende, nach Hysterie klingende Japonica am Arm und schob sie auf ihren Platz. »Beruhigen Sie sich, Madam. Wir müssen uns unterhalten.«
Sie trank ein wenig mehr Wein, als es ihre Absicht war; doch das Gespenst Devlyn Sinclair, das jede ihrer Bewegungen beobachtete, schüchterte sie vollends ein. Als sie auf sein Geheiß das erste Glas getrunken hatte, schenkte er ihr zweimal wortlos nach. Ihr entging nicht, dass er sich selbst keinen Tropfen genehmigte.
Wenigstens kann er diesmal kein Betäubungsmittel hineingetan haben, dachte sie, als sich ihr ein Kichern entrang. Auch würde er sie nicht mit einer houri verwechseln, wegen deren Schönheit ein Sterblicher versucht war, von ihr ein Stück Paradies zu stehlen. Nicht, wenn die trocknenden Flecken auf ihrem Kleid den ersten Gang des Abends bildeten. Sie hielt eine Hand vor den Mund, doch musste sie wieder kichern.
Devlyn zog eine Braue hoch. »Dann fühlen Sie sich also besser?«
»O ja.« Dem Wein war es zu verdanken, dass sie die Situation nun durch eine rosigere Brille sah. Obwohl er sie noch immer eindringlich musterte, wirkte der Mann, der vor ihr stand, eher
Weitere Kostenlose Bücher