Arabische Nächte
familiär. Ihr Anblick, als sie das Kleid, wenn auch kurz, an ihren Busen drückte, hatte vor seinem geistigen Auge ihr Bild in dieser Robe und sonst nichts heraufbeschworen. Die Salonbesitzerin hatte ihm versichert, dass man unter einem so feinen Stoff nur Strümpfe und ein Hemd tragen sollte. Da er diese Dinge gekauft hatte, wusste er, wie wenig das war. Er fragte sich kurz, was die Shrewsbury-Blümchen wohl von den intimen Kleidungsstücken, die sie gekapert hatten, halten
würden, und verdrängte diesen beunruhigenden Gedanken sofort.
»Ich brauche eine Begleiterin für einen Abend. Möglicherweise für einige Abende. Eine verheiratete Dame von Verstand und Bildung, die mich nicht in Verlegenheit bringt!«
»Nach den Vorkommnissen dieses Abends kann ich mich nur wundern, dass Sie glauben, diese Person in mir gefunden zu haben.«
Er tat ihren Einwand mit einer Handbewegung ab. »Ich kann Sie ja nicht für das gesamte Verhalten der Mädchen verantwortlich machen. Sie können höchstens ein Jahr unter Ihrem Einfluss gestanden haben.«
»Ungefähr einen Monat«, gab sie zurück. Da sie die Frage, die sie in seiner Miene las, nicht weiterverfolgen wollte, beeilte sie sich mit dem Binden der Schleife. »Es muss doch Dutzende Londoner Damen geben, die ...«
»In London kenne ich niemanden - da ich jahrelang in militärischen Diensten im Ausland war.«
»Die Tochter eines Freundes ...?«
»Ein grünes Ding soll mich begleiten, das meine Einladung als Zeichen gezielten Interesses auffassen dürfte? Niemals!«
»Eine Schwester, Kusine, eine unverheiratete Tante, die ...«
»Eher jage ich mir eine Kugel durch den Kopf!«
Japonica, die sich sehr amüsierte, griente. »Es sieht aus, als hätten Sie sich die Sache gründlich überlegt.«
»In jeder Hinsicht«, log er; denn er hatte von dem Moment an, als er vor Ouseley den Plan erwähnte, an sie und nur an sie gedacht. »Leider sind Sie meine letzte Hoffnung, Madam!«
»Wie galant formuliert! Ich bin unbeschreiblich bezaubert. Ja, Ihre Schmeichelei steigt mir buchstäblich zu Kopf.«
»Schluss mit dem Spaßen, Madam! Mir ist klar, dass Sie nichts davon wissen wollen.« Er griff nach dem Karton und steckte seinen Haken in die Schleife.
Japonica sah seinen wütenden Blick und bereute sofort, dass sie das Kleid so hastig zurückgewiesen hatte; doch konnte sie das jetzt nicht eingestehen. Vermochte er sich an die Vergangenheit nicht zu erinnern, gelang ihr das umso besser. Es war zu viel geschehen, als dass sie etwas von ihm annehmen konnte; aber seine Einladung brachte sie auf eine Idee.
»Ich hätte einen Vorschlag, der vielleicht Ihr Problem löst. Soweit ich weiß, ist es nicht üblich, dass Damen, die noch nicht bei Hof vorgestellt wurden, in Gesellschaft gehen; allerdings dürften gelegentlich Ausnahmen gestattet sein. Könnte nicht Alyssum Sie begleiten? Sie ist hübsch und, wie ich finde, recht umgänglich - wenn sie nicht von ihren älteren Schwestern beeinflusst wird. Ja, Alyssum würde sich gut eignen. Und wenn sie zufällig das Interesse eines passenden Junggesellen auf sich zöge ...«
»Es reicht!« Der Blick, den er ihr zuwarf, verriet derartigen Abscheu, dass Japonica nicht sicher war, ob dieser ihrem Vorschlag galt oder ihrer kühnen Annahme, sie wüsste über seine Bedürfnisse Bescheid. »Ich bin doch kein Kuppler!«
»Dann weiß ich nicht, wie es sich machen ließe.«
Die verräterischen Tränen, die sie vor einer halben Stunde geplagt hatten, kamen wieder. Sie versuchte, sie zurückzuhalten, indem sie die Finger an die Augenwinkel drückte. »Natürlich würde ich selbst einspringen - doch habe ich keinen Zugang zur Londoner Gesellschaft. Und ohne diesen werde ich Lord Abbotts letzten Wunsch wohl nicht erfüllen können. Jetzt habe ich aus allem ein solches Durcheinander gemacht. Ein r-richtiges ...«
»Weinen Sie?« Argwöhnisch beugte Devlyn sich vor. »Sie dürfen nicht weinen, Madam. Ich verbiete es!«
»Sie Teufel!« Japonica fuhr auf, voll des Weins und der Empörung. »Sie sind ungezogen und unfreundlich - ohne Rücksicht auf die Schwächen anderer! Mich wundert nicht, dass Sie kaum Freunde und keine Frau haben. Welche Frau möchte sich denn mit Ihnen einlassen?«
Er warf den Kleiderkarton weg, trat einen Schritt auf sie zu und fixierte sie. »Sie glauben, Sie könnten mit mir umgehen!«
»Sehr wahrscheinlich. Obwohl ich schwören möchte, dass es die Mühe nicht lohnt.«
Er lächelte. »Sie haben also ein wenig Mut.«
Himmel -
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