Arabische Nächte
nutzen.«
Japonica verspürte einen Anflug von Stolz, als sie, im Speisezimmer sitzend, von fünf gewaschenen Gesichtern mit glänzendem, schlicht frisiertem Haar umgeben war. Der leichte Borax-und Kampfergeruch war ein notwendiges Übel. Ihrer Meinung nach hatten sie einen guten Anfang gemacht. Nach dem Essen aber wollte sie sich mit einem Glas Sherry und einem Buch auf ihr Zimmer zurückziehen. Acht Stunden in Gesellschaft ihrer noch immer widerspenstigen Schützlinge waren siebeneinhalb mehr, als ihre Geduld ertrug.
»Wir fangen mit Suppe an.« Sie nickte dem Diener zu, der mit einer Terrine an den Tisch trat und ihnen auftrug.
»Was ist das?« Hyacinthe blickte von der dünnen Suppe vor ihr auf. »Das ist ja nur Flüssiges.«
Cynara stieß mit angewiderter Miene den Teller von sich. »Ich esse so etwas nie.«
Laurel warf einen Blick zum Sideboard, auf dem sieben kleine Schüsselchen unter Silberdeckeln standen. »Ich sehe den Yorkshire— Pudding und die Soße nicht, die ich bestellte.«
Unbeirrt griff Japonica nach ihrem Löffel. »Gestern nahm ich mir die Freiheit, den wöchentlichen Speiseplan zu kontrollieren, wie es mir als Hausherrin zusteht. Er enthielt zu viel schwere Soßen sowie Gerichte mit Sahne und dazu Unmengen von Fleisch. Ich wählte Kastanien in Taubenbrühe und ein Brötchen als ersten Gang. Sodann ein paar Scheiben mageres Rindfleisch mit roter Beete und Spargel. Zum Nachtisch gibt es frische Birnen aus dem Gewächshaus und Stilton-Käse.«
»Keinen Pudding?«, begehrten die zwei Jüngsten auf.
Entschlossen, ihr Temperament zu zügeln, fuhr Japonica in ihrer Erklärung fort: »Ich wundere mich, Hyacinthe, dass du eine derartige Verschwendung zulassen konntest. Auch wenn wir doppelt so viele wären, könnten wir die wöchentlich gelieferten Nahrungsmittel nicht bewältigen. Ich habe die künftigen Bestellungen halbiert und werde das ersparte Geld einem besseren Gebrauch zuführen.«
»Du lässt uns verhungern, während du es dir vom Ersparten gut gehen lässt!«, rief Laurel aus.
»Es wird euch leichter fallen, euch ein wenig zu zügeln, wenn ihr an die Belohnung denkt, die euch winkt: eine schlankere Figur und eine bessere Haut.«
»Warum werden wir alle bestraft?«, stieß Cynara hervor. »Wir sind doch nicht alle so dick wie Laurel.«
»Ich bin nicht dick!«, kreischte Laurel. »Ihr seid nur neidisch, weil ich Busen habe, während ihr Bügelbretter seid.«
»Wer kann eine Kuh beneiden!«, keifte Cynara zurück.
Japonica, die glaubte, sie hätte das Schlimmste, was die Schwestern liefern konnten, bereits hinter sich, sah gelähmt mit an, wie Laurel ans Sideboard ging, den Deckel der Suppenterrine lüpfte und das Gefäß hochhob. Erst als sie sich umdrehte, wurde Japonica ihre Absicht klar. »Nein! Du wirst nicht ...!«
Sie sprang auf... zu spät. Der Inhalt der zweiten Terrine hatte bereits dank eines herzhaften Wurfes seinen Lauf genommen. Der Großteil ergoss sich auf den Tisch, doch reichte der Schwung aus, dass eine Woge zurückflutete und die hier Sitzenden überschwemmte.
Schreie ertönten, mehr der Empörung als der Angst vor dem Verbrennen entspringend, während die zur Suppe gehörenden Brötchen in Laureis Richtung geschleudert wurden.
So viel zu sauberen Körpern und schimmerndem Haar. Bis auf Laurel standen alle triefend in den Resten der Kastaniensuppe.
Just in diesem Moment stieß Bersham, den sie noch in London wähnten, die Türen zum Speisezimmer auf.
Durch sein Erscheinen erschreckt, rief Japonica aus: »Was bringt Sie her?«
Mit einer sonoren, im scharfen Gegensatz zur wilden Szene stehenden, Stimme meldete der Butler: »Lord Sinclair ist eingetroffen, Lady Abbott.«
Ein Diener betrat den Raum, in den Armen einen Stapel Kartons, mit bunten Bändern geschmückt, gefolgt von Devlyn Sinclair, dessen mit einer Kokarde gezierter Hut schräg und verwegen auf dem Kopf saß. »Fröhliche Weihnachten allseits ...!«
»Geschenke!« Kaum hatten die Mädchen die Kartons erspäht und den aufgeräumten Ton Lord Sinclairs vernommen, stürzten sie vor und entrissen dem sprachlosen Diener die Päckchen.
Japonica erschrak so sehr, dass sie sich nicht fassen konnte. Ihr Mund stand offen, erst in schierem Entsetzen und dann vor
Verblüffung - und widersetzte sich jedem Bemühen um Gelassenheit.
Sie griff nach der schweren silbernen Suppenkelle, die in ihrer Nähe gelandet war und stürmte auf ihre Schutzbefohlenen zu. »Sobhanallah!«, rief sie. »Wenn ihr nicht sofort
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