Arabische Nächte
finsteren Blick ihrer älteren Schwester aus. »Ich wüsste nicht, welchen Unterschied es macht, wer bezahlt - da ja das Geld rechtmäßig ohnehin uns zusteht.«
Doch als Japonica sich abwandte, warf Laurel ihr einen feindseligen Blick nach. Sie war gedemütigt worden! Und würde einen Weg finden, es dieser miesen Bürgerlichen heimzuzahlen, auch wenn sie sich im Moment noch zügeln musste.
»Ich übe als Erste«, verkündete Peony, aber Cynara kam ihr zuvor und setzte sich auf den Klavierhocker.
Als Japonica sah, dass dieses Manöver in einen Streit zu münden drohte, seufzte sie. Hier war tatsächlich dringend ein Wunder vonnöten. »Ich werde einen Übungsstundenplan machen und euch die Termine morgen geben.« Sie sah Hyacinthe an, die sich nicht verbat, miteinbezogen zu werden.
»Autsch! Du ziepst an meinem Haar!«
»Du musst fest rubbeln«, wies Japonica das erschrockene junge Mädchen an, das Laurel den Kopf wusch. Sie hatte eine Kampfer-Borax-Mischung hergestellt, um die fettige Pomade, die die Mädchen täglich in ihr Haar schmierten, anstatt es zu waschen, zu entfernen.
Ein Stück weiter saßen Cynara und Peony stumm und jämmerlich da. Das als Entlausungsmittel dienende Petroleum, mit dem man sie eingerieben hatte, tropfte auf die Tücher, die um ihre Schultern lagen.
Zwei Hilfsmägde aus der Spülküche bemühten sich, mit Kämmen das verfilzte Haardickicht der gewaschenen Köpfe Alyssums und Hyacinthes zu entwirren.
»He! Du reißt mir ja alle Haare aus!« Hyacinthe versetzte dem Mädchen, das sie bearbeitete, mit dem Ellbogen einen Rippenstoß. »Dumme Kuh!«
»Das kostet dich ein Pfund«, sagte Japonica in neutralem Ton. »Insgesamt sind das heute Morgen vier Pfund. Wenn das so weitergeht, wird dir nicht genug bleiben, um dir Bänder zu kaufen, geschweige denn ein Kleid. Falls es dir nicht passt, kannst du dich ruhig allein kämmen.«
Hyacinthe verschränkte die Arme. »Ich wollte ja nur, dass sie Acht gibt. Wenn sie meine Zofe sein soll, wird sie mehr Fingerspitzengefühl brauchen.«
Japonica fasste dies als Beweis auf, dass Hyacinthe dem Vorschlag, eine eigene Zofe zu bekommen, nicht abgeneigt war.
Dem Mangel an erfahrenen Bediensteten konnte sie nicht über Nacht abhelfen. Die Abbott-Mädchen hatten sich seit jeher offenbar damit begnügt, irgendjemanden herbeizurufen, wenn es ans Ankleiden ging, oder einander gegenseitig auszuhelfen. Nach allem, was sie beobachtet hatte, wurde in England das Personal besser behandelt als in Persien, und sie war nicht gewillt, Schikanen zu dulden. Daher die Strafe, wenn einer ihrer Schützlinge grob zu einem Hausmädchen war.
Die nächste Stunde verlief erträglich. Nur Cynara musste man mit der Drohung, ins Kinderzimmer gesperrt zu werden, in die Badewanne treiben. Wer hätte gedacht, dass eine junge Dame von vierzehn Jahren wirklich glaubte, in vier Zoll hohem Wasser zu ertrinken?
Als später alle in ihre Badetücher gehüllt dasaßen, öffnete sie ihre Reisetasche mit dem Shrewsbury-Wappen und entnahm ihr etliche Fläschchen und Phiolen. »Das sind Salben, die jede von euch am Morgen und Abend auftragen muss, bis ich eine Besserung sehe.«
Alyssum öffnete ein Fläschchen und schnüffelte argwöhnisch daran. »Was ist das?«
»Eine Salbe aus Mandeln, Zitronensaft und Rosenwasser. Die Lieferung kam gestern von Fortnum und Mason. Wenn du sie gewissenhaft anwendest, wirst du feststellen, dass sich deine Haut binnen zweier Wochen auffallend bessert.«
Sie schraubte ein zweites Fläschchen auf und machte sich daran, Cynaras Gesicht mit dem Inhalt zu betupfen. »Das ist ein Gemisch aus Zitronensaft mit geschlagenem Eiweiß und Honig. Es trocknet die Pickel aus und verhindert neue.«
»Cynara ohne Pickel!«, gab Peony in lautem Singsang von sich und bekam dafür eine Ohrfeige von ihrer Schwester.
»Ein Pfund!« Japonica lüftete nur eine Braue, ehe sie fortfuhr: »Ich habe Wässerchen gemixt, mit denen man nach dem Bad Glieder und Füße massiert. Jede hat ihren eigenen Duft. Hyacinthe, deiner ist Thymian. Lavendel ist Laurel zugedacht. Alyssum bekommt Minze, Cynara Rosmarin, und der Zitronenbalsam ist für Peony. Ein andermal werde ich euch zeigen, wie man die Mixturen selbst herstellt.«
Laurel beäugte ihre Stiefmama misstrauisch. »Warum tust du das?«
»Warum ich freundlich, höflich und hilfsbereit bin? Nun, um euch ein Beispiel zu geben. Und wenn ihr alle für das Dinner angekleidet seid, werden wir die Mahlzeit als Lektion in Tischmanieren
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