ARALORN - Der Verrat (German Edition)
gesagt, vermutlich, um mich auf die Feste zu bringen. Wolf hat jede Menge Feinde, und einige von denen wissen, dass er mir überallhin folgt.«
»Gut, um Wolf hierherzulocken. Und dann?«, fragte Halven. »Was will man von ihm?«
Sie sah ihn stirnrunzelnd an. »Ihn töten.«
»Das weißt du nicht«, sagte Halven. »Vielleicht wollen sie ja nur dich.«
Sie lachte kläglich auf. »So schnell bin ich nicht umzubringen. Und warum sollte mich jemand aus dem Weg räumen wollen?«
»Wenn sie dich töten, töten sie auch ihn«, erinnerte er sie.
»Ja, aber erst seit gestern«, erwiderte sie. »Und wieso weißt du eigentlich davon?«
»Nachdem ich meine Nichte im Bett eines Mannes vorgefunden hatte, erzählte mir Wolf, dass ihr vor einer Priesterin von Ridane geheiratet habt.«
»Dir ist’s doch völlig egal, mit wem ich im Bett liege«, bemerkte sie bissig.
»Richtig, aber das konnte er ja nicht wissen. Du hast mich schließlich nicht zur Hochzeit eingeladen.«
»Ich war mir nicht sicher, ob ich’s wirklich tun würde, bis wir dann im Tempel standen. Ich musste handeln«, erklärte sie und versuchte dabei, es nicht wie eine Verteidigung klingen zu lassen. Natürlich wusste sie, dass sie Wolf damit verletzbarer gemacht hatte – sie war viel leichter zu töten als er. Doch sie stand zu ihrer Entscheidung. »Du sagtest, er habe einen Todeswunsch, und ich glaubte dir.«
»Und so hast du ihm die Bande der Todesgöttin auferlegt?«, fragte ihr Onkel. Fast klang ein wenig Bewunderung durch, fand Aralorn. »Ist das der Grund, warum du ihn geheiratet hast? Damit er in Zukunft auf sich aufpasst?«
»Hm«, machte sie. »Von dem Nebeneffekt, den eine Trauung vor Ridane mit sich bringt, hab ich ihm noch nichts erzählt.«
»Er weiß nichts davon?«
»Er ist ja nicht direkt neben Ridanes Tempel aufgewachsen«, sagte sie. »Sie wird nicht mehr an vielen Orten verehrt. Die Götter waren zu lange stumm.«
Zwei stecknadelgroße Augen starrten sie an. »Wozu soll diese Eheschließung denn gut sein, wenn er gar nicht weiß, dass sein Tod auch dich töten wird. Du hast ihm den Hauptgrund für diese Heirat einfach unterschlagen.«
Schon wollte sie etwas einwenden, als sich ein Lächeln in ihr Gesicht stahl. »Nicht wirklich.«
Die Trauung selbst, dachte sie, hatte etwas besiegelt, was durch den heiligen Bund durch die Priesterin nur verstärkt worden war. Vom ehrfurchtsvollen Ton in Wolfs Stimme, als sie ihn gefragt hatte, ob er sie heiraten würde, bis zu dem Moment, da sie sich auf sein Zimmer zurückgezogen hatten, hatte er sein Leid mit ihr geteilt und es ihr gestattet, ihn das alles vergessen zu lassen. Und die Methoden, die dazu nötig waren, waren durchaus kräftezehrend zu nennen.
Ihr Onkel schwieg einen Moment, und als sie nicht weitersprach, meinte er: »Gut, aber sieh zu, dass du nicht stirbst, bevor du es ihm gesagt hast.«
Sie grinste. »Das werde ich zu verhindern wissen.« Sie trat die Bettdecke zurück, nervös wie vor einer Schlacht. Sie wusste, wie man dem am besten entgegenwirkte. »Anstatt auf Wolfs Rückkehr zu warten, werde ich zu Falhart gehen und ihn überreden, ein bisschen mit mir zu kämpfen. Du kannst gern mitkommen, wenn du magst.«
Sie fand Falhart im Kontor, wo er über den Büchern grübelte. Als sie den kleinen Raum betrat, hörte sie ihn fluchen und wütend das durchstreichen, was er gerade zu Papier gebracht hatte.
»Warum lässt du die Buchhaltung nicht von jemandem erledigen, der so was gern macht?«, fragte Aralorn nicht ohne Anteilnahme. Mit einer Schriftrolle voller Sagen oder mit einem fünfbändigen Geschichtswerk konnte man sie glücklich machen, aber Listenerstellung und Kontoführung, dies war ebenfalls nicht ihre Welt. Irgendwo in einem der Regale an der Wand gab es sogar ein paar geschäftliche Aufzeichnungen in ihrer eigenen dürftigen Handschrift.
Falhart sah auf und schob sich das Haar aus der Stirn. »Niemand, aber wirklich niemand hier macht das gern. Vater, Correy und ich wechseln uns dabei ständig ab, und diesen Monat bin ich dran.« Er erblickte den Bussard auf ihrer Schulter, nickte ihm zu, dann ging sein Blick zu den Kampfstöcken in ihrer Hand.
Sie grinste. »Lust auf ein Spielchen, Bruder? Ich wette um ein Kupferstück, dass ich dich zwei zu eins schlage.«
»Mach ’nen Silberling draus, und ich bin dabei.« Er schob den Stuhl zurück. »Aber ich nehme meinen Stab.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nimm ruhig deinen Stab, aber deine Vorstellungen davon, was man
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