ARALORN - Der Verrat (German Edition)
Ritt auf Schimmer hätte die Reise erheblich verkürzt.«
»Das Dorf der Gestaltwandler ist zu Pferde schlecht zu erreichen – manchmal auch gar nicht. Außerdem ist das Gebiet um Lammfeste zu gefährlich, um Schimmer für längere Zeit irgendwo angebunden zurückzulassen.« Aralorn erschrak über die Schärfe ihrer eigenen Stimme. Seine Frage war berechtigt gewesen; es gab keinen Grund, in diesem Ton mit ihm zu reden, nur weil sie enttäuscht war.
Noch vor Sonnenaufgang hatten sie sich in die Aufbahrungskammer begeben und versucht, mit dem magischen Schwert die seltsame Kreatur zu erschlagen. Weder sie noch Wolf, der – die Pest sollte ihn holen – ein weit besserer Schwertkämpfer war als sie, waren imstande gewesen, das Schattending mit Ambris auch nur zu berühren. Mit lächerlicher Leichtigkeit war der Schatten immer wieder zerronnen, sobald die Klinge auch nur in seine Nähe kam.
Wolf hatte über die Bannzauber, mit denen ihr Vater belegt worden war, keine neuen Erkenntnisse gewonnen. Zweifelsohne war schwarze Magie zum Einsatz gekommen. Aber das Muster der Verzauberung war zu komplex, um es zu entschlüsseln, zumal die im Alkoven lauernde Kreatur alle diesbezüglichen Versuche empfindlich störte.
Das einzig Gute, das bei der Begutachtung herauskam, war, dass ihr Vater – so weit Wolf feststellen konnte – an diesem Morgen nicht schlimmer dran war als am vorherigen Abend. Ein schwacher Trost angesichts seines Zustands, den die meisten nicht vom Tode zu unterscheiden vermochten.
Wolf schaute skeptisch in den Himmel. »Nicht eine Wolke – ich schätze, es wird bitterkalt. Warum veränderst du nicht deine Gestalt? Maus oder Schwan dürften dir hier nicht viel nützen, aber der Eisluchs wäre doch für diese Gegend genau richtig.«
Eine Windböe trieb Aralorn den Schnee ins Gesicht. »Tolle Idee«, knurrte sie. »Dann hab ich die Schäfer der Gegend auch noch am Hals.« Sie holte tief Luft und versuchte, ihre schlechte Laune im Zaum zu halten. Wolf anzuschnauzen würde ihren Vater auch nicht schneller aus seiner misslichen Lage befreien, und auch, wenn Wolf noch so gelassen wirkte, wusste sie doch, wie leicht es war, ihn zu kränken. »Tut mir leid. Schon gut. Beim Laufen wird mir sicher gleich wärmer.«
»Ich würde mir wegen ein paar Schäfern keine Sorgen machen.«
Aralorn warf ihm einen Seitenblick zu; sie war sich nicht sicher, ob er seine Bemerkung ernst gemeint hatte. »Es sind die Leute meines Vaters. Es wäre unklug, sie ohne Not in Aufregung zu versetzen – abgesehen davon sollten wir uns mit allen, denen wir über den Weg laufen, unterhalten. Man kann nie wissen, welche noch so winzige Information sich am Ende als nützlich erweisen wird.«
Einige Meilen folgten sie einem der Hauptpfade; in solcher Nähe zur Burg war er für gewöhnlich stark frequentiert, selbst mitten im Winter. Sie begegneten zwar niemandem, aber es überraschte sie, wie viel Nutzvieh auf den Hochweiden zurückgelassen worden war. Normalerweise wurden die Tiere noch vor Schneeeinbruch in die wärmeren Täler hinuntergebracht.
Die ersten Herden, an denen sie vorbeikamen, waren weit entfernt, aber an der Fellfarbe konnte sie erkennen, dass es sich nicht um Schafe handelte. Während ihrer Jugend auf Lammfeste hatte es hier nur wenige Rinderherden gegeben; sie eigneten sich eher für ein gemäßigteres Klima.
Nach einer Weile kamen sie aber einer Herde so nahe, dass sie einen guten Blick auf die kleinen, kräftigen Tiere bekam; sie besaßen allesamt ein langes rotes Fell, das einem Gebirgsbären alle Ehre gemacht hätte.
Aralorn blieb stehen und runzelte die Stirn. »Roggenfüchse«, konstatierte sie leise, damit die Tiere nicht aufgescheucht wurden und Reißaus nahmen.
»Was für Hörner!«, meinte Wolf. »Das muss eine besondere Züchtung sein. Hab mal gesehen, wie ein Roggenfuchs einen Bären vertrieben hat. Schmecken aber nicht schlecht.«
»Wenn die hier auch nur halb so übel sind wie ihre Vollblutverwandten, prügel ich mich lieber mit einem Dutzend Uriah herum«, sagte Aralorn. »Nackt«, fügte sie hinzu, als eines der Tiere einen Schritt auf sie zumachte.
»Ach was, die sind fast so handzahm wie du heute Morgen«, bemerkte Wolf.
»Ha!«, entgegnete sie, völlig vergessend, dass sie ja eigentlich hatte leise sein wollen, um die Roggenfuchsherde nicht zu reizen. »Und das sagt ausgerechnet der größte Sauertopf im ganzen Reich.«
Wolf wedelte mit dem Schwanz, um die Richtigkeit ihres Kommentars zu
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