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ARALORN - Der Verrat (German Edition)

ARALORN - Der Verrat (German Edition)

Titel: ARALORN - Der Verrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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der Art und Weise einsetzen, wie er es nun mal tut.
    Kisrah antwortete nicht, daher fuhr das Phantom schließlich fort: Sei nicht so ungeduldig. Ich sagte dir, er wird kommen. Vielleicht ist er sogar schon hier. Ich habe ihn früher die Gestalt von Tieren annehmen sehen. Hast du dir schon mal Aralorns Wolf genauer angeschaut?
    Mit diesen Worten verflüchtigte sich die Gestalt Geoffreys. Als er den Raum verlassen hatte, machte Lord Kisrah einen tiefen Atemzug, das fast schon ein Keuchen war, und setzte sich im Bett auf. Dann griff er sich an den Kopf und verzog vor Schmerzen das Gesicht. Langsam und steif wie ein Greis erhob er sich. Er stocherte eine Weile in der Glut herum, bevor er einen frischen Holzscheit auf den Feuerrost legte. Es dauerte eine geraume Weile, bis er sich wieder ins Bett begab und einschlief. Aralorn kauerte noch immer reglos hinter der Vase.
    Irgendwann später, sehr viel später, huschte lautlos eine Maus aus dem Zimmer. Sie zitterte am ganzen Körper.
    Wolf, in Menschengestalt und mit Maske, öffnete die Tür und winkte Aralorn in ihr Zimmer, ehe sie auch nur die Gelegenheit hatte, anzuklopfen. Erschrocken sah sie sich um, ob niemand außer ihr im Gang war, bevor sie rasch eintrat und die Tür hinter sich ins Schloss zog.
    »Was ist los?«, fragte er nach einem kurzen Blick in ihr Gesicht. »Du hast Angst?«
    Sie trat näher und drückte sich fest an seine warme Brust. Sie spürte, wie er sich kurz versteifte, wie er es bei unerwartetem Körperkontakt noch manchmal tat. Dann entspannte er sich und zog sie an sich. Sie holte tief Luft, spürte, wie die Panik ein wenig von ihr abfiel.
    Sie machte einen Schritt zurück, blickte ihm fest in die Augen. »Danke, das hab ich jetzt gebraucht.« Sie verstummte. Dann: »Ich sah … Wolf, ich sah deinen Vater. Ich beobachtete den schlafenden Kisrah, als dein Vater im Raum materialisierte.«
    Wolf wirkte nicht überrascht. Stattdessen zog er sie wieder an sich und legte seine Wange an ihre, während sie ihm die ganze Geschichte schilderte.
    »Aber er müsste doch tot sein«, flüsterte sie zum Schluss. »Und doch schwöre ich, dass es er war, den ich sah.«
    »Das steht auch außer Frage, aber bist du dir wirklich sicher, dass du ihn leibhaftig gesehen hast?«
    Eine Illusion? Aralorn dachte darüber nach. Illusionisten konnten für gewöhnlich kein exaktes Abbild einer bestimmten Person erschaffen, ebenso wenig wie ein Gestaltwandler. Dazu gab es zu viele kleine Details, die man einfach nicht alle berücksichtigen konnte. Eine außergewöhnliche Kuhle hinter dem Ohrläppchen, ein ganz charakteristisches Lächeln, ein einzigartiger Hüftschwung beim Gehen.
    »Ja, es sei denn, sein Ebenbild wurde von einem Meister der Illusion erschaffen, der deinen Vater sehr gut kannte«, sagte sie schließlich. »Jede kleine Nuance in seiner Sprechweise und in seinem Ausdruck entsprach Geoffrey.« Sie runzelte die Stirn. »Obwohl er eigentlich gar nicht wirklich gesprochen hat. Ich würde sagen, es war eine Art Gedankenübertragung, wenngleich ich selbst nie imstande war, Wortgedanken zu senden oder zu empfangen. Dennoch, ich verstand alles, was er sagte – was sie sagten, klar und deutlich.«
    »Traumflüstern funktioniert auf andere Art«, überlegte Wolf. »Wenn Kisrah wirklich fest geschlafen hat, war es vermutlich Traumflüstern. Und diese Kunst zu beherrschen zählte zu den eher seltsamen Talenten meines Vaters.«
    »Du meinst Traumflüstern wie beim Traumwandeln?«, fragte Aralorn.
    »Es kann Teil derselben Gabe sein, ja. Hatte mein Vater einen Geruch an sich?«
    »Was?« Aralorn war einigermaßen entgeistert ob dieser dummen Frage. Doch Moment … War die Frage wirklich so dumm?
    »Bei Allyns Leinkraut! Hm, daran hab ich nie gedacht … Aber ich kann mich nicht erinnern …« Der Geruchssinn einer Maus war nicht so gut wie der des Wolfs, aber er war immer noch besser als der eines Menschen.
    »Vater hatte einen Lieblingsduft, der ihn immer umgab: Nelken und –«
    »– Zimt«, unterbrach sie ihn. »Ich erinnere mich daran. Und ja, das hätte ich wohl gerochen. Nein, ich glaube nicht, dass ihm ein besonderer Duft anhaftete.«
    »Dann war es Traumwandelei«, konstatierte Wolf mit unbewegter Miene. »Obwohl ein seltenes Talent, war Vater nicht der einzige Traumflüsterer seiner Zunft. Was immer du auch gesehen hast, es war keine echte Person, sondern nur ihr Ebenbild. Jeder Traumwandler, der meinen Vater kannte, hätte es erschaffen können.«
    »Also war es nicht

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