ARALORN - Der Verrat (German Edition)
dein Vater«, meinte Aralorn erleichtert.
»Das hab ich nicht gesagt.« Wolf seufzte und verstärkte seinen Griff um sie. »Das Traumwandeln zählt zu den zwei, drei Dingen, die Zauberer noch eine Weile imstande sind zu tun, nachdem sie gestorben sind.«
»Sind denn noch viele tote Zauberer unter uns?«, fragte Aralorn.
Wolf hob die Schultern. »Gesehen hab ich bisher keinen. Es gibt aber Geschichten darüber, obwohl niemand so recht an sie glauben mag.« Er zögerte. Dann: »Wenn allerdings tatsächlich ein Zauberer aus dem Totenreich zurückkehren würde, dann mein Vater.«
»Also haben wir’s entweder mit deinem Vater zu tun oder mit jemandem, der viel über ihn weiß.«
»Wenn Kisrah die Selbsttäuschung ein wenig besser beherrschen könnte«, Wolf lockerte seine Umarmung, »dann könnte es sogar er selbst sein. Ich hab zwar nie davon gehört, dass er das Traumwandeln beherrscht, aber die meisten großen Zauberer verfügen ja bekanntlich über diverse Talente.«
»Kisrah hielt deinen Vater für einen guten Mann«, warf Aralorn ein.
»Die Macht meines Vater war stark genug, um bis nach Sianim zu reichen«, erwiderte er. »Mit Sicherheit hat er jeden Magier, der imstande ist, schwarze Magie zu entlarven, mit einem starken Charisma-Zauber belegt. Kisrah ist normalerweise ein vorsichtiger, erfahrener Mann und hätte es bestimmt gemerkt, dass sich mein Vater in seine Träume stiehlt.«
»Ich hatte ja eigentlich gehofft, dass der Träumer hinter all dem steckt.« Aralorn machte sich von Wolf frei und begann sich auszuziehen.
»Du hältst doch den Träumer nur für die bessere Geschichte.«
Sie sah ihn stirnrunzelnd an. »Stimmt. Wozu die ganze Plackerei, wenn man hinterher nicht damit angeben kann? Wenn es tatsächlich dein Vater ist, müssen wir darüber Stillschweigen bewahren.« Sie trat zu ihm und raunte ihm mit argwöhnischer Stimme zu: »Und wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich sagen, du freust dich darüber. Was komisch ist, da das Thema ›Vater‹ dich nie sonderlich erfreut hat.«
»Mein Vater ist wahrlich kein erbauliches Thema«, sagte er. »Aber ob wir’s nun mit ihm, einem anderen Magier oder einer deiner Märchenfiguren zu tun haben, spielt erst mal keine Rolle. Ich hab ein wenig nachgedacht, als du fort warst, und da sind mir ein paar Sachen eingefallen. Wenn wir Kisrah und Gerem dazu bringen könnten, mit uns zusammenzuarbeiten, könnte ich womöglich den Zauber von deinem Vater nehmen.«
Sie schwieg einen Moment. »Bist du sicher?«, fragte sie schließlich.
»Meine liebe Aralorn, in diesem Leben ist nichts sicher, aber es könnte klappen.«
»Und was, wenn Geoffrey dich angreift?«
» Falls Kisrah und Gerem gewillt sind, zu kooperieren, dann dürfte das kein Problem mehr darstellen.«
Aralorn fand, er klang sehr selbstsicher, aber das hatte Geoffrey auch getan.
»Kisrah scheint nicht sehr glücklich darüber zu sein, was meinem Vater widerfahren ist, wie auch mit seiner eigenen Rolle dabei«, sagte sie. »Doch ihn davon zu überzeugen, dass Geoffrey alles andere als ein guter Mann ist … war … ist – Verdammt noch mal! –, wird bestimmt nicht einfach werden.«
»Hm«, machte Wolf. »Ich hab vielleicht die eine oder andere Idee dazu.«
Aralorn stellte fest, dass Wolf ihr Problem in zwei Teile zerlegte: in die Rettung des Löwen und in die Angelegenheit mit seinem Vater. Dass er inzwischen der Überzeugung war, dass der Zauber von ihrem Vater genommen werden konnte, war mehr als eine gute Nachricht, und sie wollte nur zu gern auf ihn vertrauen. Dass er dabei seinen eigenen Vater außer Acht ließ, war weniger gut. Sie befürchtete, es hatte nichts damit zu, dass er seinen Fähigkeiten nicht vertraute, sondern dass ihm sein eigenes Leben ganz einfach nicht so wichtig war. Es war Zeit, ihm zu gestehen, was sie getan hatte.
»Wolf«, begann sie. »Ich –«
»Ich weiß«, sagte er, und in seinen Augen blitzte der Schalk auf. »Genug gearbeitet für heute.« Sein Lächeln verschwand, dafür berührte nun seine Hand ihr Gesicht.
»Ich hatte nie eine Familie«, sagte er fast verwundert. »Keine richtige jedenfalls. Es ist ein so außergewöhnliches Gefühl, dass ich nun zu dir gehöre und du zu mir.«
Sie sah zu ihm auf und öffnete den Mund. Aber sie konnte es nicht. Konnte ihm nicht sagen, dass sie ihn geheiratet hatte, um ihn zu zwingen, fortan auf sich aufzupassen. Nicht, wo es ihm offenbar so viel mehr bedeutete als das. Davon abgesehen bedeutete es auch ihr sehr
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