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ARALORN - Der Verrat (German Edition)

ARALORN - Der Verrat (German Edition)

Titel: ARALORN - Der Verrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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wochenlang zur Untätigkeit verdammt. Zum einen lernt man eine Menge über seine Kameraden aufgrund ihres Handelns im Gefecht, zum anderen erfährt man eine Menge über sie, indem man ihnen einfach nur zuhört.«
    Sein Blick ging hinüber zu der reglosen Gestalt des Löwen. »Euer Vater ist wild, unermüdlich und ein absolut ehrenwerter Mann. Aber darüber hinaus ist er auch listig, umsichtig und ein kluger Stratege – selbst im dicksten Schlachtengetümmel, wenn andere sich längst ihrem Blutrausch ergeben haben, behält er noch die Übersicht. Er hat mich viel über die Menschen gelehrt, hat mir erklärt, woran man den Anführer, woran den Gefolgsmann erkennt. Er wusste um die Stärken und Schwächen eines jeden Kämpfers in unserer Truppe und setzte sie entsprechend ein. Und er versuchte ebenso viel über die Männer in Erfahrung zu bringen, die wir bekriegten.« Er streckte die Hand aus, berührte sacht das Gesicht des Löwen. »Ich lernte ihn zu lieben wie meinen eigenen Vater – und ich schätze, jeder Mann, der unter ihm diente, empfand ebenso.«
    Während er sprach, setzte sich Aralorn und lehnte sich gegen die Totenbahre ihres Vaters. Als er schließlich eine Pause machte, wie um sich zu vergewissern, dass sie ihm noch zuhörte, da nickte sie.
    »Während wir der nächsten Schlacht entgegensahen, sprachen wir, Euer Vater und ich. Einmal erzählte er mir auch etwas von Euch. Sagte, Ihr hättet an seiner Seite gegen Banditen hier auf Lammfeste gekämpft, sagte, Ihr hättet gerungen wie drei Mann. Und er meinte, Ihr wärt klug, verschlagen und absolut tödlich – und dass ihr es mit jedem seiner Leute aufnehmen könntet, einschließlich ihm.«
    »Ich bin davon überzeugt, es gibt einen Grund für all diese Lobreden«, sagte Aralorn.
    Kisrah nickte, und plötzlich grinste er. »Durchaus. Zunächst lasst mich klarstellen, dass ich Eure Entschuldigung nicht annehme, da ich davon überzeugt bin, dass jede einzelne enttäuschende Minute, die unser letztes Zusammentreffen mir bereitet hat, beabsichtigt war – und Euch zudem auch Freude bereitet hat. Klug und verschlagen, wie Euer Vater schon sagte.«
    Das Lächeln in seinem Gesicht schwand, und Aralorn vermeinte nun so etwas wie Traurigkeit darin zu entdecken. »Und doch – trotz allem, was man mir erzählte – müssen bei einem Vater, wie Ihr ihn hattet, auch Ehre und Anstand in Euch zu finden sein. Insofern erhoffe ich mir, dass ein Gespräch die eine oder andere Angelegenheit zu klären vermag. Und auch ich habe Euch etwas mitzuteilen, das nicht innerhalb dieser Wände erörtert werden sollte.« Er machte eine kurze Pause und fuhr dann leise fort: »Vielleicht möchtet Ihr Euren Wolf mitbringen?«
    Aralorn nickte. »Ich bin sicher, dass Wolf irgendwann während unseres Ausflugs zu uns stoßen wird. Vater hat genug Pferde; es findet sich darunter gewiss auch für Euch ein geeignetes Reittier. In Anbetracht der Schnelligkeit Eures Eintreffens hier vermute ich allerdings, dass Ihr es vorzieht, zu teleportieren?«
    Sie wusste nicht, warum sie dies erwähnte hatte, stellte jedoch fest, dass sie in seinem Gesicht nach einem Zeichen von Reumütigkeit forschte. Ohne Erfolg. Natürlich. Er hatte noch nicht begriffen, was Geoffrey ihr angetan hatte, nachdem Kisrah sie mithilfe seiner Magie in die Obhut des ae’Magi befördert hatte.
    Stattdessen nickte Kisrah mit einem Anflug von Widerwillen. »Nicht mein Lieblingszauber, aber es erschien mir wichtig, so schnell wie möglich hier einzutreffen.«
    »Ihr seid mutiger als ich«, murmelte Aralorn. »Ich treffe Euch bei den Ställen. Fragt Falhart, falls Ihr warme Reitkleidung benötigt.«
    Aralorn hatte geplant, nur ein kurzes Stück mit ihm zu reiten und dann das Gespräch zu beenden, doch sie hatte die Rechnung ohne den Wind gemacht. Er frischte auf, als sie gerade die Feste hinter sich gelassen hatten.
    Und mit ihm kamen die Stimmen, die in ihren Ohren kreischten und wehklagten. Stimmen, die sie zurückversetzten in Geoffreys Kerker und zu den sterbenden Kindern. Stimmen, die Erinnerungen weckten an das entsetzliche Geheul der Uriah – schlurfende, verrottende Kreaturen, einst menschlich, doch nun allein getrieben von unermesslichem Hunger. Schimmer nahm ihre Gemütsregung wahr und begann schnaubend im Schnee zu tänzeln in Erwartung eines hinterhältigen Angriffs aus dem Unterholz.
    Sie hoffte inständig, der Wind würde sich bald wieder legen, und ritt weiter. Auf dieser Weise würden sie den Tempel erreicht haben,

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