ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
vielleicht, dachte sie, das Heldenhafteste, das sie jemals irgendjemanden hatte tun sehen.
Den Blick auf den Höhleneingang gerichtet, wo drei Uriah – keiner von ihnen ähnelte jemandem, den sie kannte – regungslos dastanden und sie beobachteten, fuhr er fort.
»Ich war so müde«, sagte er. »Ich hatte, seit ich erfahren hatte, dass du verschwunden warst, kaum geschlafen.« Er sah sie an. »Es ging dir immer schlechter und schlechter, und ich konnte nichts daran ändern. Ich weiß nicht mehr genau, was ich gedacht hab. Ich hatte alles für dich getan, was ich konnte, und wusste, dass es nicht reichen würde, und irgendetwas hat mich veranlasst, mich neben dich zu legen, und dann hat diese Magie … übernommen.« Beinahe angewidert ballte er seine Hände zu Fäusten.
»Wer war deine Mutter? Kennst du sie?«, fragte Aralorn. »Ich hab eine Menge Geschichten über Cain gehört, den Sohn des ae’Magi, aber in keiner davon wurde jemals seine Mutter erwähnt.«
Wolf zuckte die Schultern. Als er antwortete, hatte seine Stimme wieder den gewohnt unterkühlten Klang. »Ich hab sie nur einmal gesehen, als ich noch ganz klein war, vielleicht fünf Jahre alt. Ich weiß noch, dass ich Vater gefragt hab, wer sie war, oder vielmehr gewesen war, denn zu dem Zeitpunkt war sie bereits mausetot, umgekommen durch irgendeines seiner Experimente, nehme ich an. Ich kann mich nicht erinnern, sonderlich aufgewühlt wegen ihr gewesen zu sein, also schätze ich, dass es das einzige Mal war, dass ich sie sah.«
»Beschreib sie mir«, sagte Aralorn mit fester Stimme, die nicht erkennen ließ, ob sie den Jungen, der er einst gewesen war, verurteilte oder Mitleid hatte mit ihm. Er würde das eine wie das andere nicht wollen. Die Uriah würden in absehbarer Zeit wohl kaum durchbrechen, dachte sie. Sie setzte sich auf den Boden und schlug die Beine unter – geheilt hin oder her, ihre Beine hatten alles gegeben, wie für den Moment aus ihnen herauszuholen war, und jetzt hieß es umfallen oder hinsetzen.
»Ich war noch so jung, ich erinnere mich nicht an viel«, sagte Wolf. »Sie wirkte klein neben meinem Vater, zart und zerbrechlich – wie ein Schmetterling. Das einzige Mal, dass ich ihn je etwas über sie habe sagen hören, war, als irgendein Adeliger ihn nach meiner Mutter gefragt hat. Er sagte, dass sie von makelloser Schönheit wäre, und ich glaube, er hatte recht.«
Aralorn nickte. Ihr Verdacht hatte sich bestätigt. »Es würde mich wundern, wenn sie es nicht gewesen wäre.«
Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
»Deine Mutter muss eine Gestaltwandlerin gewesen sein, oder irgendeine andere Anwenderin grüner Magie – aber ›makellose Schönheit‹ klingt ziemlich nach einer Gestaltwandlerin. Das Gefühl, dass die Magie die Kontrolle über einen übernimmt, ist ganz normal, wenn man mit grüner Magie umgeht, denn es handelt sich um Magie, die zuerst durch die Natur geformt wird und erst danach durch einen Magier. Du musst lernen, mit ihr zusammenzuarbeiten, damit du sie abwandeln kannst. Wenn du gegen sie angehst, merkst du rasch, dass sie stärker ist als du.«
Einen Moment lang schaute er sie nur an und setzte sich dann wortlos neben sie auf den Boden. Vielleicht wollten auch seine Beine ihn nicht länger tragen.
»Ich schätze«, fuhr Aralorn mit sanfter Stimme fort, »wenn du nicht von klein auf eingetrichtert bekommen hättest, wie Magie funktionieren sollte, hättest du deine Halbblutfähigkeiten schon viel früher entdeckt. Dir wurde gesagt, du könntest nicht heilen, also hast du es gar nicht erst versucht.«
Zwei Uriah traten gleichzeitig vor. Die Abwehr flammte auf, und sie verbrannten. Aralorns Geruchsnerven erfassten eine flüchtige Andeutung von verbranntem Fleisch, dann nichts.
»Deine Theorie könnte zutreffen«, sagte Wolf schließlich.
»Ich hätte früher daran denken sollen«, entschuldigte sich Aralorn. »Ich meine, ich bin ein Mischling. Es ist nur so, dass ich noch nie einem anderen Mischling begegnet bin. Für mich stand fest, dass du kein Gestaltwandler bist, also hab ich angenommen, dass du einfach nur ein außergewöhnlich mächtiger Menschenmagier wärst.« Sie zögerte. »Was ja auch stimmt.«
Wolf lachte freudlos auf. »Das ganze klingt mir verdächtig nach einem Experiment, das der ae’Magi angestellt hat. Für einen Darraner wie ihn wäre das die ultimative Form von Frevel. Genau das Richtige, um sein Interesse zu wecken.«
Aralorn beugte sich zu ihm, nahm ihm die Maske ab
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