ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
kleinen Lagerfeuer erhellt, wirkte älter – obgleich ihr da auch das seltsame Licht einen Streich spielen mochte. Er lächelte.
Sie war nun unbewaffnet. Normalerweise hätte ihr das keine Sorgen bereitet, doch in Anbetracht des Seelenfressers war die Lage alles andere als normal. Sie konnte nur hoffen, ihm standzuhalten, bis jemand aus dem Lager eintreffen würde. Vorzugsweise viele Jemande.
Sämtliche Formen, die sie auf die Schnelle annehmen konnte, eigneten sich vornehmlich für das Spionagehandwerk: die Maus, einige Vogelarten, ein paar Insekten. Nichts, womit sich ein geübter Schwertkämpfer über Gebühr aufhalten würde, nichts, um sie wie auch Wolf lange genug am Leben zu halten.
Dem Anschein nach unbeabsichtigt machte sie einen Schritt zur Seite, fort von Edom, und verlor den Halt. Achtete darauf, dass ihr Sturz sie an Wolfs Böschungsvorsprung vorbei und weiter den Abhang hinab in einige Büsche trug.
Edom hatte jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder er folgte ihr nach unten und brachte damit mehr Abstand zwischen Wolf und dieses Schwert, oder er wandte sich Wolf zu, um sein Werk zu Ende zu führen – was ihr wiederum die paar Extrasekunden verschaffte, die sie brauchte. Sie wappnete sich für beides – und Edom drehte sich um und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Wolf.
Sie entschied sich für die erste Gestalt, die ihr einfiel; sie war tödlich, doch gleichzeitig klein. Der Eisluchs hatte keinerlei Problem mit dem steilen Aufstieg und brachte sie wieder hinauf und hinter Edom, noch bevor dieser sein Schwert gegen Wolf erheben konnte.
Gewarnt durch den flüchtigen Schatten, den sie, als sie vor dem Feuer herrannte, warf, wirbelte Edom herum und fegte ihren Ansturm mit seiner Schwerthand beiseite – doch nicht, bevor sie seinen Rücken mit ihren respekteinflößenden Krallen beharkt hatte. Im nächsten Augenblick sah sie ihrem Gegner fauchend ins Auge, kauerte sprungbereit zwischen ihm und Wolf, der nach wie vor an den Boden gefesselt war.
Das fahle Schwert und die noch fahlere Katze zuckten vor und zurück; sie knapp außerhalb der Reichweite der tödlichen Klinge und er darauf bedacht, sich nicht den giftigen Fängen des Eisluchses preiszugeben.
Plötzlich begann Edom leise zu sprechen. Angstvolle Verzweiflung klang in seiner Stimme. »Es ist Aralorn. Sie ist eine Gestaltwandlerin, versteht ihr? Sie ist hier, um uns zu vernichten, uns zu hintergehen. Ich kam her, um Wolf etwas zu fragen, und da fand ich sie, mit Wolf dort, hilflos am Boden. Ihr habt doch alle von den arkanen Praktiken der Gestaltwandler gehört. Helft mir, bevor sie ihn tötet. Schnell.«
Aralorn musste nicht hinschauen, um bestätigt zu sehen, was ihre Nase ihr kurz darauf verriet. Ein halbes Dutzend Menschen aus dem Lager waren auf dem Plateau eingetroffen, um den Falschen zu retten. Doch sie waren noch zu weit weg, um etwas zu tun – noch. Es war lediglich eine Frage von Augenblicken, bis die Gruppe sie erreicht hatte.
In Tiergestalt konnte sie ohne entsprechende Vorbereitung nicht sprechen – und dazu war sie im Moment zu beschäftigt. Und ohne ihre schrecklichste Waffe hatte sie ebenfalls denkbar schlechte Karten.
Indessen er sich näher an Wolf heranzumanövrieren versuchte, sprach Edom weiter. »Ich hab gehört, dass Gestaltwandler, wenn Vollmond ist, töten müssen. Ich vermute, dass sie Wolf, so ganz allein hier draußen, für ein leichtes Opfer gehalten hat. Ich hab ganz in der Nähe dieses Schwert hier gefunden, es muss wohl Wolf gehören. Sie scheint Angst davor zu haben.«
Aralorn war klar, dass sie irgendetwas unternehmen musste, bevor die Zeit zum Handeln endgültig abgelaufen war. Wenn er sein Ziel erreichte, war Wolf ein toter Mann. Das Schwert ignorierend sprang sie ihm, während Edom immer noch vom Klang seiner eigenen Stimme abgelenkt war, an die Kehle …
… und, als er sich flach auf den Boden warf, über ihn hinweg. Dennoch gelang es Edom, sie im Vorbeifliegen mit dem Schwert anzuritzen. Augenblicklich wurde ihr Hinterbein eisig taub und knickte unter ihr weg, doch schlimmer noch war das eigenartig zehrende Gefühl, das sie erfasste. Das Schwert lebte, und es war hungrig.
Im Nu hatte sich Edom wieder gefangen. Auf drei Beinen versuchte sie außer Reichweite zu humpeln. Sie hatte keine große Chance. Hilflos musste Aralorn zusehen, wie sich das Schwert auf sie herabsenkte.
Um jäh wie von Geisterhand ein Stück zur Seite gerissen zu werden. Aralorn konnte die unbändige Enttäuschung des
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