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ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)

ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)

Titel: ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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mit einer weichen Paste ein und legte ihr einen engen Verband an, um so gut es ging die Rippen zu fixieren. Dann schiente er ihr die Zehen und säuberte und bandagierte ihre Fußknöchel, Hände und Handgelenke.
    Es war in dem Moment, als er ihre Handgelenke versorgte, dass er die große Wunde an der Innenseite ihres Arms bemerkte, dort, wo die Haut abgezogen worden war. Er stillte die Blutung, bedeckte die Verletzung anschließend äußerst behutsam mit Wundsalbe und verband sie dann so ruhig, als hätte sie ihm keinen Schauer über den Rücken gejagt.
    Es war eines der Lieblingsspiele des ae’Magi. Der Innenarm war empfindlich, und ein Mann, der mit einem Abhäutemesser umzugehen verstand, konnte seinem Opfer dort, ohne es außer Gefecht zu setzen, erhebliche Schmerzen zufügen. Für gewöhnlich tat der ae’Magi vorher noch etwa ausgesprochen Scheußliches, um sein Opfer zu schwächen.
    Vorsichtig öffnete Wolf Aralorns Mund und untersuchte die Innenseite ihrer Wangen, den Gaumen, die Zähne und den Bereich unter ihrer Zunge. Nichts. Er schaute in ihr Ohr und sprach einige leise magische Worte. Nichts. Als er ihren Kopf herumdrehte, um nach ihrem anderen Ohr zu sehen, funkelte etwas in der Sonne. Ihre Augenlider.
    Sachte hielt Wolf ihren Kopf so, dass das volle Sonnenlicht darauf fiel. Beide Lider waren, wie er nun, bei genauerer Überprüfung bemerkte, leicht geschwollen, aber es war die aussickernde Flüssigkeit, die ihm die grausame Wahrheit verriet.
    Er hielt seine geöffnete Hand einige Zentimeter über ihr Auge und murmelte einen weiteren Spruch. Als er seine Hand fortnahm, befanden sich vier lange, dünne Stahlnadeln darin, jede am einen Ende gebogen wie ein Fischerhaken. Die Nadeln waren spitz genug, um ohne allzu viel Schmerzen hineinzugleiten, doch jedes Mal, wenn sich das Auge bewegte, schnitten die geschärften Zacken der Nadeln ein bisschen tiefer. Es waren nicht die teuren Silbernadeln, sondern die einfachen aus eisenhaltigem Stahl.
    Einen Augenblick lang schaute er die Spieße an, und sie zerschmolzen, ohne dabei seine Hand auch nur im Geringsten zu verletzen. Während er vier weitere aus ihrem anderen Auge entfernte, wünschte er sich inbrünstig – und nicht zum ersten Mal in seinem Leben –, größere Fähigkeiten zu besitzen.
    Die Wiederherstellung war das Erste, was einem Gestaltwandler beigebracht wurde; aber für einen menschlichen Magieanwender zählte die Heilkunst so ziemlich zu den letzten Disziplinen, die man erlernte. Er wusste, wie man die Wirksamkeit von Kräutern erhöhte, aber das war es auch schon. Obwohl er bezweifelte, dass selbst ein Gestaltwandler diese Augen noch zu heilen vermochte – er meinte sich daran zu erinnern, dass mit kaltem Eisen zugefügte Verletzungen heikler waren als andere.
    Er streifte ihr ein weiches, hüftlanges Baumwollhemd über. Alsdann legte er ihr einen mit einem Kältezauber durchwirkten Umschlag auf die Lider und hielt ihn mit einer festen Bandage an seinem Platz.
    Damit waren seine heilkundlichen Fähigkeiten erschöpft. Müde deckte er sie mit einer weiteren Decke zu und legte sich neben sie. Kurz darauf schlief er ein.
    Ihre Welt bestand aus vagen Eindrücken von Bildern und Geräuschen. Sie sah Menschen, die sie kannte, in seltsamer Weise verändert. Bisweilen erfüllte ihr Anblick sie mit Entsetzen, dann wieder entlockten sie ihr überhaupt kein Gefühl. Da war Talor, so, wie er das letzte Mal gewesen war, als sie ihn in Sianim gesehen hatte – dann war ihm etwas zugestoßen, und er war tot, nur dass er trotzdem zu ihr sprach und ihr Dinge erzählte, die sie nicht hören wollte.
    Manchmal driftete sie durch ein großes Nichts, das ihr Angst machte, doch nicht so sehr wie die Schmerzen. Ihr Körper war weit, weit weg, und sie wollte sich noch weiter von ihm entfernen, so weit es nur ging, aus Furcht vor dem, was sie, wenn sie zurückkehrte, vorfinden würde. Dann zerriss etwas – ganz wie die dehnbaren Tubrisbänder, mit denen Kinder spielten –, und sie brannte inmitten der Qualen, des Feuers, des Schreckens. Jemand schrie. Es tat weh in den Ohren, und sie wünschte, dass es aufhören würde.
    Diesmal war ihre Rückkehr anders. Abgesehen von der Hitze, die sie verzehrte, fühlte sie sich außerdem klebrig und feucht. Die Schmerzen waren auf ein erträgliches Maß gedämpft; sogar ihre Seite tat nicht mehr so weh. Etwas erregte ihre Aufmerksamkeit, und sie konzentrierte sich – versuchte herauszubekommen, was es war. Es hatte sie aus ihrem

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