Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)

ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)

Titel: ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
Vom Netzwerk:
imstande war, beugte er sich zu ihr herüber und nahm ihr den Verband von den Augen. Die Schwellung war fast ganz zurückgegangen, und als er vorsichtig ihre Lider anhob, wirkten ihre Augen normal. Er hatte zuvor nicht nachgeschaut – er wusste, was diese Nadeln angerichtet hatten. Vorsichtig tastete er mit den Fingerspitzen die Stelle ab, wo er den Schädelbruch festgestellt hatte, konnte jedoch nichts finden.
    Fast zu ermattet, um sich noch zu bewegen, zog er sanft ihren Kopf auf seine Schulter und deckte sie beide zu. Ihm war klar, dass er eigentlich Wache halten sollte, aber er war seit seinen ersten Lehrjahren nicht mehr so müde gewesen.
    Es war Morgen, als Aralorn erwachte. Sie phantasierte immer noch ein bisschen. Schon früher hatte sie Träume von den friedlichen Geräuschen des Waldes gehabt, und sie spendeten ihr nun Trost. Sie wusste, nur allzu bald würde sie wieder der Wirklichkeit ins Auge blicken müssen. Das Gute war, dass die Momente, in denen die Wirklichkeit sich hereinschlich, immer weiter auseinanderlagen.
    Einen Augenblick sann sie darüber nach, bevor sie erfasste, dass ein Mann neben ihr lag. Dann gewann der Fieberwahn wieder die Oberhand, und sanft driftete sie davon. Das Atmen fiel ihr unendlich schwer, und während sie nach Luft rang, schlich sich der Wald wieder aus ihren Gedanken.
    Die anheimelnden Klänge einer vertrauten Stimme gaben ihr Labsal und Kraft, doch etwas störte sie an dieser Stimme. Sie war zu sanft, sie sollte kälter und rauer sein, barscher. Mit dieser Sanftheit verband sie unangenehme Dinge. Die Stimme, die sie hören wollte, sollte tot sein, wie die Uriah, wie Talor. Sie konnte jemanden wimmern hören und fragte sich, wer es war.
    Sie aß etwas, und es schmeckte köstlich, salzig und warm in ihrer entzündeten Kehle. Sie trank etwas, und ein Teil von ihr schmeckte die bitteren Kräuter, wusste, dass sie ihr helfen würden zu atmen. War da nicht etwas gewesen, warum sie auf keinen Fall wollte, dass sie sich wieder erholte? Sie kam nicht darauf, und noch während sie darüber nachgrübelte, glitt sie wieder zurück in den Schlaf.
    Wolf beobachtete sie und wartete. Ohne die unerschütterliche Tatkraft, die so charakteristisch für sie war, wirkte sie entsetzlich zerbrechlich. In wachem Zustand ließ sie ihn bisweilen völlig vergessen, wie klein sie in Wirklichkeit war.
    Sie schrie in ihrem Fieberwahn angsterfüllt auf, und er biss die Zähne zusammen und bezähmte seine tobende Wut. Obwohl sie laut dahinredete, sagte sie nichts, das für den ae’Magi, hätte er zugehört, von irgendeinem Nutzen gewesen wäre.
    Schließlich verstummte sie, und Wolf lehnte sich an den Stamm eines Baums, nah genug, dass er sie im Auge behalten konnte, aber doch so weit entfernt, um ihren Schlummer nicht zu stören.
    Er hätte nicht in der Lage sein sollen, sie zu heilen. Und dennoch hatte er es unzweifelhaft getan. Und selbst wenn er nur die Verletzungen kuriert hätte, welche die Nadeln ihren Augen zugefügt hatten, war dies mehr als Menschenmagie zu tun vermochte. Weniger gravierend, aber seines Erachtens noch weiter jenseits aller magischen Fähigkeiten liegend, war der Umstand, dass sie jetzt wieder das ihr von Geburt an gegebene Aussehen besaß.
    Er hatte schon immer die Begabung gehabt, Dinge zu bewerkstelligen, welche die bestehenden Grenzen von Menschenmagie sprengten – für längere Zeit Wolfsgestalt anzunehmen gehörte beispielsweise dazu. Bislang hatte er sie immer der immensen Kräfte, die er beherrschte, zugeschrieben. Menschenmagie konnte heilen, ja, aber dazu bedurfte es etwas eingehenderer Kenntnisse über den menschlichen Körper, als er sie besaß – Töten erforderte weit weniger Präzision. Was Menschenmagie allerdings nicht vermochte, war, die natürliche Gestalt eines Gestaltwandlers zu erfassen und sie diesem zurückzugeben …
    Keine Frage, seine Magie hatte die seit Jahrtausenden geltenden Gesetze der Magie auf den Kopf gestellt. Was war er, dass er solche Dinge vollbringen konnte?
    Er fand darauf keine Antwort. Soweit seine Erinnerung zurückreichte, hatte er die Frau, die ihn geboren hatte, nur einmal gesehen. Sie hatte ganz normal auf ihn gewirkt – jedenfalls für eine Frau, die ein Jahrzehnt im Verlies des ae’Magi zugebracht hatte. Aber sie hatte dem ae’Magi einen Sohn geschenkt, und er hatte sie dafür am Leben gelassen. Sie musste mehr gewesen sein, als es schien.
    War er, Wolf, womöglich das Ergebnis eines … Experiments? Eines Experiments, das

Weitere Kostenlose Bücher