Arams Sündenbabel
bestimmte Vergangenheit aufweisen kann, was die Gästeliste angeht.«
Ich lächelte ihn spöttisch an. »Kann man denn von der Vergangenheit leben, Mr. de Fries?«
»Nein, das nicht. Nur habe ich aus meiner Heimat eine gewisse Summe mitgebracht, die es mir erlaubt hat, mir diesen Traum zu erfüllen. So sieht es aus, Mr. Sinclair.«
Auch hier oben hingen einige Fotos der Gäste hinter Glas. Ich betrachtete sie und sagte: »Ich kenne die meisten Gesichter nicht, wenn ich ehrlich sein soll, dazu bin ich zu jung. Sie werden sich bestimmt mit der Historie des Hauses beschäftigt haben.«
»Richtig.«
»Daran schließt sich meine Frage an, Mr. de Fries. Was hat die Menschen eigentlich dazu gebracht, hier einige Tage und Nächte zu verbringen?«
Aram de Fries schüttelte den Kopf. Er lächelte mich dabei an. »Bitte, Mr. Sinclair, Sie müssen nicht glauben, dass es hier immer so ausgesehen hat. Dieses Hotel war ein Ort, an dem sich die Stars wohl fühlten, weil sie sich hierher zurückziehen und unter sich bleiben konnten. Das ist der große Unterschied zu den Hotel-Palästen in den Städten. Sie wohnten hier, sie wurden nicht gestört. Es erschienen keine Presseleute. Hier waren und blieben sie unter sich. Niemand tat ihnen etwas, und sie wurden von niemand belästigt. Sie hatten frei Bahn und konnten tun und lassen, was sie wollten. Ich frage Sie: Konnte man es als Star besser haben?«
»Nein, das wohl nicht.«
»Eben.«
»Die Zeiten haben Sie natürlich nicht erlebt, Mr. de Fries. Deshalb meine Frage. Woher haben Sie die Informationen? Gibt es so etwas wie eine Chronik des Hauses?«
»Tja, die könnte es geben. Ich weiß es nicht genau. Ich habe die Vorbesitzerin nicht danach gefragt.«
»Oh!« Ich tat sehr erstaunt. »Das Hotel hat zuvor einer Frau gehört?«
»Ja, so ist es gewesen.«
»Interessant. Wie hieß die Dame?«
»Martina Mädel. Auch keine Britin. Sie stammte vom Kontinent.«
»Wissen Sie mehr über sie?«
»Ja, wenn auch wenig. Martina Mädel war ebenfalls Schauspielerin, wie ich erfahren habe. Kein großer Star, doch sie kannte sich in der Szene gut aus. Martina Mädel hat es tatsächlich geschafft, ihre Berufskollegen in das Haus zu locken. Sie hat ihnen gewissermaßen ein Refugium geschaffen.«
Ich tat interessiert, als ich mich umschaute und auch ein paarmal nickte. »Wo ist sie jetzt?«
»Das weiß ich nicht.«
»Dann haben Sie keinen Kontakt mehr mit ihr?«
»Nein.«
»Keinen Besuch?«
Aram de Fries gab mir eine andere Antwort als ich erwartet hatte. »Warum fragen Sie mich das alles? Was interessiert Sie daran?«
»Neugierde.«
»Das glaube ich nicht. Sind Sie und die Frau hergekommen, um zu schnüffeln? Sind Sie von der Presse?«
»Nein, nein, Sie irren sich. Ich bin nur eben ein neugieriger Mensch. Was natürlich seine Gründe hat.«
»Aha und welche?«
Ich war jetzt bereit, ihn auf die Probe zu stellen. »Sie haben ja gesagt, dass wir die einzigen Gäste in Ihrem Hotel sind. Aber ich habe Stimmen gehört, können Sie sich das vorstellen? Stimmen, obwohl sich kein anderer Gast hier aufhält.«
»Ach?« Aram schaute mich skeptisch an. »Was haben Sie denn alles gehört?«
»Nichts Besonderes. Ich habe auch keine Worte verstanden. Aber es war die Stimme einer Frau und die eines Mannes. Darauf können Sie sich verlassen.«
»Und weiter?«
»Nun ja.« Ich zeigte mich etwas verlegen, schaute auf meine Füße und blieb auch nicht ruhig stehen. »Die beiden haben sich nicht nur unterhalten. Sie waren dabei...«
»Wobei?«
»Beim Akt, um es vornehm zu sagen. Ich hörte sie stöhnen, und sie waren wie von Sinnen. Sogar einen Namen habe ich verstanden.«
»Und?«
»Rita.«
De Fries dachte nach. Nicht lange, denn er nickte. »So hieß eine Filmschauspielerin. Rita – Rita Randall.«
»Interessant.«
»Aber die ist lange tot, Mr. Sinclair.«
»Das kann ich mir denken.«
»Die können Sie nicht gesehen haben«, erklärte er mit fester Stimme. »Das ist einfach unmöglich.«
»Ich habe sie auch gehört.«
»Auch das kann nicht stimmen.«
»Warum nicht?«
Aram de Fries wusste nicht, was er erwidern sollte. Er wirkte wie ein Mensch, der das Gespräch nicht nur schnell beenden, sondern mich auch loswerden wollte. Das war nicht einfach. Hier oben war es eng. Um zur Treppe zu gehen, musste er an mir vorbei, und ich blockierte ihm den Weg. »Sind Sie nicht etwas überreizt oder übermüdet, Mr. Sinclair? Ich weiß ja nicht, ob Sie eine lange Fahrt hinter sich gehabt haben,
Weitere Kostenlose Bücher