Aratani
größeres Gasthaus im
Nordwesten der Stadt. Aran nahm an, dass letzteres auch etwas teurer war, denn
bereits seine Häuserfront ließ ein gut geführtes Asyl vermuten. Er wollte heute
seine Wunden versorgen, sich etwas stärken und ausruhen und morgen dann einen
Spaziergang durch die Stadt unternehmen, um Leute kennen zu lernen, die er
würde befragen können.
Aran betrat humpelnd die ausgewählte Unterkunft und traf sogleich auf
die Wirtsleute, die hinter ihrem Schanktresen damit beschäftigt waren, sich
über diverse Kochrezepte zu streiten. Ungepflegte, schmierige Leute, die Aran
von Anfang an nicht sehr sympathisch waren, aber ihm blieb nichts weiter übrig,
als hier nach einer Unterkunft zu fragen, denn er würde heute keinen Schritt
weiter gehen. Der erste Eindruck ließ ihn jedoch fast wieder umkehren. Als er
sich in der Gaststube umsah, fielen ihm die Fettflecken und Krümel auf den
Tischen auf, die wohl schon mehr als eine Woche hinter sich hatten, ohne dass
sich jemand darum geschert hatte. Der Fußboden klebte bei jedem Schritt an
Arans nackten Fußsohlen und Ekel befiel ihn. Trotzdem
musste er versuchen, hier ein Zimmer zu bekommen. Er trat so gerade, wie es ihm
ohne zu stöhnen möglich war, auf die Wirtsleute zu und sagte:
„Guten Tag liebe Leute, mein Name ist Aran Albus und ich suche eine
Unterkunft für vorerst eine Nacht, ich komme von der Ostküste. Habt Ihr wohl
ein Zimmer für mich frei, und kann ich bei Euch auch ein bescheidenes Abendmahl
erhalten?“
„Da habt Ihr aber Glück. Wir haben gerade noch ein einziges Zimmer
frei", sagte der Wirt mit scheinheiligem Gesicht, umrahmt von fettigen
strähnigen Haaren, deren Farbe nicht zu erkennen war, und die einen
unangenehmen Geruch verströmten. Er hielt es nicht für
notwendig, sich oder seine Frau vorzustellen, hielt Aran mit schwarzen
Fingernägeln an den fettigen, wulstigen Händen einen langen rostigen Schlüssel
hin mit den mürrischen Worten:
„Zweite Tür rechts, wenn Ihr wollt. Eine Nacht, ein Imbiss, ein
Frühstück und gratis einen Krug Bier, für zehn Kupfertaler!“
Dies war natürlich unverschämt überteuert, aber Aran wollte und konnte
sich nicht zum Handeln aufraffen. Mit zusammen gekniffenen Augen zählte er zehn
Kupfertaler ab, legte sie auf den Tresen und griff nach dem Schlüssel.
„Ich nehme es, bitte lasst eine Schüssel und einen Krug Wasser aufs
Zimmer bringen, damit ich mich waschen kann“, sagte er und machte sich stöhnend
auf den Weg in sein Zimmer. Er betrat den genannten Raum, legte Waffen und Gepäck
ab und sah sich um. Das Zimmer war nicht nur spärlich und schäbig eingerichtet,
es hatte nur ein sehr kleines Fenster und offensichtlich war hier seit Monaten
nichts gereinigt worden. Nachdem er die Gaststube gesehen hatte, wunderte Aran dies
nicht. Er zog sein Lederwams aus und setzte sich schnaufend auf das fleckige Bett,
von dem er lieber nicht wissen wollte, wer vor ihm darin geschlafen hatte.
Es klopfte und eine Magd brachte eine Schüssel und einen Krug Wasser sowie
zwei fast saubere Tücher zum Abtrocknen. Eine hübsche junge Frau, vor allem sauberer
anzusehen, als die Wirtsleute. Sie sah nicht so aus, als würde sie zur
Wirtsfamilie gehören.
Lächelnd bedankte sich Aran und fragte: „Wie heißt Du?“
„Ich heiße Marela, edler Herr, und helfe hier manchmal aus.“
Dabei starrte sie erschrocken abwechselnd von Arans Händen zu seinen
Füßen. Ihr Gesicht glich dem eines Engels. Auf dem Rücken trug sie ihr Haar zu
einem langen dunklen Zopf geflochten, der ihr bis zu den schlanken Hüften
reichte. Ihre Bewegungen waren grazil und anmutig. Fast gleichzeitig errötete
Aran bei ihrem Anblick.
„Ihr habt wohl einen sehr weiten Weg hinter Euch. Lasst mich Euch helfen,
meine Eltern betrieben bis vor einer Weile einen kleinen Krämerstand hier in
Arant und wir haben immer einige Heilkräuter und Arzneien im Haus. Ich kann
gleich mit allem Nötigen wieder bei Euch sein“, sagte sie.
Aran sagte mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht: „Dich schicken die
Götter, diese Blasen an den Füßen und Druckstellen machen mir wirklich zu
schaffen. Ich war den ganzen Tag unterwegs und habe sie erst bemerkt, als der
Schaden schon angerichtet war. Und dann bin ich auch noch ausgerutscht und habe
mir den Fuß verstaucht."
Marela huschte zur Tür hinaus: "Bin gleich zurück."
Aran wusch sich Hände und Gesicht in der bereitgestellten Waschschüssel
und betrachtete sich in der zerbrochenen Spiegelscherbe an
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