Aratani
auch
niemand sonst erringen. Manchmal dachte Heradin, seinem Vater wäre das Leben des
Sohnes egal. Hiobes hatte es in vielen Schlachten aufs Spiel gesetzt. Heradin war
überzeugt davon, dass er es nur gut meinte, indem er das Königreich für den
Thronfolger vergrößern wollte. Eigentlich hätte Hiobes zufrieden sein sollen
mit seinen drei nicht gerade kleinen Ländern und der enormen Wüstenfläche. Sein
Königreich bot genug Reichtümer, sein Volk war satt und glücklich. Er wusste
wohl selbst nicht, warum er das scheinbar führungslose 'Vierte Land' niemand
anderem gönnte.
Wie Heradin gehört hatte, war die Königin des 'Vierten Landes', namens
Reginata, seit langem verschollen. Seit Heradin ein kleiner Junge war, hörte er
ständig die Geschichten, die über das Land im Südwesten kursierten. Viele
Barden sangen traurige melodische Weisen über die Königin der Güte. Niemand
wusste, wo Reginata sich aufhielt, oder ob sie überhaupt noch am Leben war. Von
einem Tag auf den anderen war sie verschwunden. Auch schon lange Zeit vorher
hatte sie sich immer mehr zurückgezogen und ward nur selten von ihrem Volk
gesehen. Gerüchte, dass sie ermordet wurde, machten seit langem die Runde.
Trotzdem wurde ihr Königspalast aufs Schärfste bewacht. Was sich hinter den
geschlossenen Mauern abspielte, war nicht bekannt. Dienerschaft und Wachen
waren zu strengstem Stillschweigen verpflichtet und kamen dieser Pflicht
beflissen nach. Niemand wollte den ihm gezahlten fürstlichen Lohn aufs Spiel
setzen. Reginata war immer von Güte und Liebe zu ihrem Volk geprägt und dies
dankte es ihr, indem es auch weiterhin das Land beschützte und verteidigte.
Der Griff seines Bastardschwertes ragte weithin sichtbar aus Heradins
Umhang hervor und ein leuchtender Edelstein am Schwertgriff funkelte in der
Sonne. Ein klarer, aber kühler Tag. Ein Tag zum Kämpfen? Ein Tag zum Sterben? Als
er mit seinen nunmehr geschrumpften Truppen, überwiegend Söldner, das Gebirge,
welches Basabani von dem 'Vierten Land' trennte, passiert hatte, seufze Heradin
unter der Last seiner schweren Rüstung. Am liebsten hätte er kehrt machen
lassen. Schon seit Tagen fühlte er sich nicht recht wohl. Wieder einmal hatte
er sich von seinem Vater überreden lassen, obwohl er sich bereits beim letzten
Mal geschworen hatte, klaren Tisch zu machen und sich seinem Vater entgegen zu
stellen.
Er fasste sich und richtete sich in seinem Sattel auf. Im Tal unter
ihnen sammelte sich das gegnerische Heer. Größer, als das von Heradin,
vermittelte es doch den Eindruck eines wilden Haufens. Kaum jemand in
Feindesreihen trug eine Rüstung. Teilweise waren sie sogar nur mit Knüppeln als
Waffen ausgestattet. Sein eigenes Heer hatte zwar überwiegend Schwerter und
stabile Rüstungen zur Verfügung, aber abgesehen davon, dass sie viel weniger in
ihrer Anzahl waren, hatte die Kampfmoral seiner Soldaten immer mehr abgenommen
und war mittlerweile an ihrem Tiefststand angelangt. Niemand wollte für etwas
sein Leben lassen, das nur dem Reichtum des Königs diente. Heradin malte sich
aus, wie es wohl wäre, wenn beider Kriegsherren dem Feld den Rücken kehren und
sich die Hand reichen würden. Bei der Vorstellung daran musste er lächeln.
Egal, er musste es hinter sich bringen. Es würde das letzte Mal sein, das
schwor er sich. Er riss den Arm mit der Flagge hoch und brüllte seinen
Angriffsbefehl. Die Meute stürmte den feindlichen Kämpfern entgegen und bald
war kaum noch zu erkennen , wer Feind und wer Freund
war. Heradin galoppierte mitten in den Kampf hinein und teilte nach links und
rechts Hiebe aus, die ihr Ziel nie verfehlten. Mit nur einem Schlag spaltete er
einem feindlichen Kämpfer Kopf und Brustkorb in zwei Teile. Seine gute
Ausbildung hatte ihm, als Kriegsfürsten von Aratani, nicht nur einmal das Leben
gerettet. Er sprang von seinem Pferd, welches sich sofort in Richtung der Berge
aufmachte. Wildes Kampfgeschrei vermischte sich mit dem qualvollen Stöhnen
gefallener Soldaten und schallte weit über das Land. Heradin kämpfte verbissen,
schlug jeden, der sich ihm in den Weg stellte, und blickte in alle Richtungen
gleichzeitig. Heute jedoch spürte er, wie ihn seine Kräfte nach und nach verließen.
Das Schwert in seiner Hand wurde immer schwerer und seine Aufmerksamkeit ließ
mehr und mehr nach. Er war nur eine Sekunde nicht bei der Sache, da spürte er
es. Von hinten hatte ihn ein Schwerthieb getroffen. Ein stechender Schmerz zog
sich über seinen Rücken und warm
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