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Aratani

Aratani

Titel: Aratani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Preuss
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bitte, normalerweise nehmen wir nur von Leuten, die genug haben, und nur so
wenig, dass es nicht weiter auffällt."
    Jetzt konnte Tilgrem gar nicht mehr an sich halten: "Du Hurensohn,
schämen solltest Du Dich, andere Menschen um ihrer Arbeit Lohn zu bringen! Und
wenn sie noch so viel haben, es ist und bleibt Diebstahl!"
    Mit diesen Worten warf er seine Axt beiseite und verpasste dem Dieb ein
paar schallende Ohrfeigen.
    "Ohhhh, ohhhh, ich kann nichts mehr hören", jaulte der auf und
presste sich die Hände an die Ohren und die knallroten Wangen. "Ich
verspreche, ich werde mein Geld in Zukunft mit ehrlicher Arbeiten verdienen,
ich werde nicht mehr nehmen, was mir nicht gehört, Ehrenwort!"
    "Dein Ehrenwort kannst Du Dir sonst wo hin stecken, es ist genauso
viel Wert, wie der Rest von Dir! Und jetzt mach, dass Du wegkommst! Wenn ich einen
von Euch noch einmal hier erwische, das schwöre ich, solltet Ihr vorher Euer
letztes Gebet sprechen!"
    Mit diesen Worten stieß Tilgrem den Dieb vor sich in den Sand. Der
rappelte sich umständlich auf und suchte auf der Stelle das Weite.
    Zu Aran gewandt: "Potz Blitz, kann man sich denn nirgends mehr
sicher fühlen!? Ich glaube, an Schlaf ist nicht mehr zu denken, wir können
ebenso gut weiter ziehen!"
    Im Osten nahmen die Wolken die ersten hellgrau verschleierten Waben an,
die dem rosa violetten Farbspiel kurz vor Sonnenaufgang vorausgingen. Einige
Waldvögel erwachten und begannen ihren Gesang.
    "Lass uns kurz noch etwas Warmes trinken", sagte Aran, der bereits
den kleinen Topf in die Glut gestellt hatte und nun die zwei Becher aufgoss. In
jeden Becher hatte er vorher eine halbe Handvoll von den Kräutern gegeben, die
ihnen Riwana in einem kleinen Säckchen in ihren Proviantbeutel gesteckt hatte.
Der Tee duftete köstlich und sie wärmten ihre steifgefrorenen Hände an dem
heißen Trinkgefäß. Während sie Schluck für Schluck den wärmenden Sud in ihre
ausgekühlten Körper rinnen ließen, mussten sie plötzlich beide lachen. Sie
lachten und lachten und hielten sich die Bäuche bis Aran sich verschluckte.
    Sie sattelten und beluden ihre Pferde und machten sich auf den Weg. Kurz
nachdem die Sonne ihre ersten Strahlen ausgeschickt hatte, erreichten sie den Karalan
und legten eine Rast ein, um ein kleines Frühstück zu sich zu nehmen. Am
Flussufer im seichten Wasser sah Aran einige Krebse umherflitzen. Überall sah
er die ringförmigen Wellen, wenn ein Fisch die ansonsten spiegelglatte
Oberfläche des Flusses berührte. Er bedauerte, keine Angel im Gepäck zu haben.
Das Wasser lief ihm im Mund zusammen und er dachte an die Tage, an denen er
allein, manchmal auch mit Kirana zusammen, am Barabesi Fische für das
Abendessen gefangen hatte. Auch dort war die Ausbeute immer reichlich gewesen.
Aran nahm nie mehr, als sie für die jeweilige Mahlzeit begehrten. Das ganze
Jahr über bissen die Fische gut. Es war nicht notwendig, sich Vorräte mit
gesalzenem und getrocknetem Fisch anzulegen.
    Was Kirana wohl gerade tat? Ob es ihr gut ging? Er konnte es nur hoffen.
Inzwischen war er schon viele Monde von zu Hause fort. Aran spürte wieder
einmal die Enge seiner Beinkleider. Sofort musste er an Rincipea denken und
schämte sich für seine eigennützigen Gefühle. Je mehr Zeit vergangen war, umso
stärker sorgte er sich um seine geliebte Schwester. Der Gedanke daran, dass ihr
womöglich das gleiche Schicksal widerfahren war, wie seinen Eltern, riss ihm
fast das Herz heraus.
    Die beiden hielten sich nicht länger auf, als es dauerte, einen Happen
zu essen. Die Pferde blieben beladen, konnten aber ein wenig grasen. Hier am
Flussufer wuchs das Gras wieder saftiger und es wurde merklich wärmer.
    Aran freute sich trotz der Umstände, die dazu geführt hatten, einmal Basab,
diese märchenhafte Stadt am Kristallsee, von der alle nur in den höchsten Tönen
sprachen, besuchen zu können. Bisher war er noch nie aus seinem Heimatland
Arantoi herausgekommen. Dazu hatte er auch keinen Grund. Alles, was sie
benötigten, schenkten ihnen der Wald und der Barabesi. Ihr kleiner Gemüsegarten
sorgte für Abwechslung auf dem Tisch und der Markt in Arant für Kleidung und
Gebrauchsgegenstände. Es fehlte ihnen an nichts. Aran sehnte sich nach der Zeit
vor dem Mord zurück. Wie gern würde er jetzt mit Kirana, seinen Eltern und
seiner Schwester bei einem gemütlichen Essen vor dem Haus sitzen.
    Schnell zwang er seine Gedanken in andere Bahnen und beeilte sich, den
restlichen Proviant zu verpacken. Tilgrem

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