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außen: Mediation
Wer Konflikte selbst nicht lösen kann, braucht Hilfe. Ein neutraler Betrachter kann oft als Einziger zwischen zwei verfeindeten Parteien vermitteln und sie von der Idee abbringen, dass Friede nur möglich ist, wenn einer den Sieg davonträgt. In Deutschland wird professionelle Hilfe bei Konflikten immer noch eher selten in Anspruch genommen, in den USA greift man schon ganz selbstverständlich darauf zurück. Solche Konfliktberater nennt man bei uns »Mediatoren«, ihre Arbeit nennt man »Mediation«. Sie werden bei privaten Konflikten wie Scheidungen, Schulproblemen oder Streitigkeiten zwischen Nachbarn eingesetzt, aber sie vermitteln auch bei Konflikten in der Arbeitswelt.
Privat gehen wir mit Konflikten anders um als im Berufsleben. Wir können uns Zeit nehmen und sie austragen; oft hilft dabei gegenseitige Zuneigung. Oder wir meiden die Menschen einfach, mit denen wir uns nicht verstehen. In der Arbeitswelt ist das nicht möglich. Die Kollegen sind da, ob sie uns gefallen oder nicht. Oft müssen wir jahrelang mit ihnen arbeiten, dazu noch auf engstem Raum. Aus Zeitmangel und wegen fehlender sozialer Kompetenz werden Konflikte nicht oder ganz falsch bearbeitet. Konstruktive Gespräche |175| sind selten, alle sind angespannt, meist wird unter größter Anstrengung gerade nur die Fassade gewahrt.
Konflikte am Arbeitsplatz werden oft lange unter den Teppich gekehrt. Ein Mediator wird deshalb als Erstes verlangen, dem Problem anders zu begegnen und sich ihm zu stellen. Alle Beteiligten müssen bereit sein, seine Existenz anzuerkennen: »Ja, wir haben ein Problem.« Dieses Eingeständnis ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Mediation. Der Mediator bietet jedoch keine Problemlösung an, sondern geht davon aus, dass die Betroffenen sich grundsätzlich selbst am besten helfen können und bisher nur noch keinen Weg gefunden hatten.
Der Mediator ist also kein Problemlöser, sondern ein Wegbereiter. Auch bezieht er keine Stellung. Er hört sich jede Position einzeln an und lässt sich durch Rückfragen bestätigen, ob er auch alles richtig verstanden hat. In einem nächsten Schritt versucht er, die Streitenden dazu zu bringen, miteinander zu sprechen. Dann treffen sie eine Vereinbarung, die beiden Seiten gerecht wird. Schuldzuweisungen und Sanktionen gehören nicht zum Programm. Idealerweise überprüft der Mediator nach einiger Zeit, ob die Vereinbarung auch umgesetzt wurde.
Jeder Mensch bewertet Konflikte, auch ein Mediator. Seine Klienten jedoch brauchen das Gefühl, er wäre neutral. Ein guter Mediator schafft es, Neutralität aufzubauen, auch wenn er eine eigene Meinung zu dem Ganzen hat. Er ist parteiisch, aber er darf es nicht zeigen. Das würde nichts zur Klärung eines Konflikts beitragen. Im Gegenteil: Derjenige, auf dessen Seite der Mediator nicht stünde, hätte nun gar keine Chance mehr, doch noch aus der Sache herauszukommen. Der Mediator und seine Partei würden ihn vielleicht ein für alle Mal in seine Schranken weisen, aber das wäre ein Frieden durch Sieg und Unterwerfung, nicht durch Verständigung und Kompromissbereitschaft.
|176| Die Neutralität des Vermittlers ist eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, aber sie steht im Dienst der guten Sache. Es gibt noch andere solcher »Vereinfachungen«, die in der Mediation gebraucht werden, aber nur begrenzt gelten:
»Niemand ist schuld, ich bin okay, du bist okay« – das ist das Hauptmotto der Mediation. Doch diese Pille ist in der Praxis oft schwer zu schlucken. »Der Tadel den Raben alles verzeiht und peinigt die Tauben« – dieser Spruch aus dem Lateinischen bringt es auf den Punkt: Durch das Gleichheitsprinzip sind diejenigen im Nachteil, die sich mehr Mühe geben als andere.
»Konflikte am Arbeitsplatz führen zu Dienst nach Vorschrift und einem hohen Krankenstand.« Mit diesem Satz wird auf den frustrierten Mitarbeiter verwiesen, der deshalb bummelt und krank feiert, weil er schlecht behandelt wird. Das jedenfalls ist ein immer wiederkehrendes Erklärungsmuster. Dabei ist es oft umgekehrt: Mitarbeiter, die häufig fehlen und sich nicht engagieren, sind nicht die Folge, sondern die Ursache eines Konflikts, weil andere deren Arbeit miterledigen müssen und irgendwann ihrem Ärger Luft machen.
»Bei Konflikten am Arbeitsplatz muss auch das Führungsverhalten der Vorgesetzten zur Sprache kommen.« Führungskräfte gehören zu den üblichen Verdächtigen, wenn es zu einem Konflikt gekommen ist. Wenn Mitarbeiter ein
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