Arbeit - Leben - Glueck
einzustellen, bis die Hälfte der Arbeitsplätze weiblich besetzt sind, und zwar auf allen Ebenen der Hierarchie. Im Spannungsfeld zwischen staatlicher Regulierung und Ökonomie ergeben sich zwei Prinzipien:
Schutz der Schwachen: Konkurrenz ist hart und manch einer bleibt auf der Strecke. Wir brauchen Solidarität und gegenseitige Hilfe. Die staatliche Antwort auf Konkurrenz heißt deshalb Gleichstellung, Regulierung, Bevorzugung derer, die sonst verlieren würden.
Selbstverantwortung: Konkurrenz kann gar nicht hart genug sein. Wer um etwas kämpft, kann verlieren, aber wer nicht kämpft, hat schon verloren: hält sich nicht fit, arbeitet nicht an sich, achtet nicht auf seine Kleidung. Jemand, der für sich selbst verantwortlich ist, kommt nicht auf die Idee, dass andere für ihn verantwortlich sein könnten.
Je höher die Arbeitslosigkeit, umso weniger fühlt sich der Einzelne dem Konkurrenzkampf gewachsen. Selbstverantwortung |180| scheint vor allem dann eine Illusion zu sein, wenn auch diejenigen nicht weiterkommen, die gut ausgebildet sind und eigentlich überall anschlussfähig wären. Wenn man trotz aller Qualifikation in der Arbeitswelt nicht mehr Fuß fassen kann, tritt das Prinzip der Selbstverantwortung immer mehr in den Hintergrund, der Ruf nach dem Schutz der Schwachen wird lauter. Das hat seine Berechtigung, ist aber auch umstritten. Zu viel Fürsorge schadet oft mehr, als sie nützt. Lethargie und Antriebslosigkeit sind die Folge.
Führung
Trotz aller Freiheit gibt es Hierarchien und Führung, ganz besonders in der Arbeitswelt. Und wenn man länger darüber nachdenkt, scheint das auch gar nicht anders möglich. Wenn jeder tut, was ihm gerade einfällt, kann man kein gemeinsames Ziel verfolgen. Also muss jemand sagen, was gemacht werden soll. Doch ganz so einfach ist es nicht mehr. Führung hat sich verändert. Noch vor fünfzig Jahren hätte die Frage: »Wie viel Führung muss sein?« Verwunderung ausgelöst, heute ist sie allgegenwärtig. Es geht dabei zwar nicht um die Abschaffung von Führungsstrukturen, aber es geht um einen besseren Führungsstil.
Früher war die Arbeitswelt streng hierarchisch organisiert. Es galt vor allem, sich in die bestehende Rangordnung einzufügen und jede Autorität anzuerkennen, auch dann, wenn sie erkennbar falsche Entscheidungen traf. Führung war über jede Kritik erhaben. Eine Aufforderung, dieses oder jenes zu tun, kam einem Befehl gleich. Hinterfragt oder diskutiert wurde nichts. Das ist heute anders. Sogar bei der Bundeswehr ist man von der Idee des blinden Gehorsams |181| abgekommen und setzt auf das Prinzip der »inneren Führung«: Die deutschen Soldaten in Afghanistan verfolgen gemeinsam ein Ziel (Hilfe beim Wiederaufbau des Landes, Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit), und weil sie dieses Ziel verinnerlicht haben und jeder von ihnen genau weiß, was er zu tun hat, brauchen sie zu Beginn ihres Arbeitstages nur noch ein gutes »briefing«, aber nicht mehr für jeden Handgriff einen neuen Befehl.
Das Briefing gehört zu den wichtigsten Elementen eines neuen, weitgehend offenen und kooperativen Führungsstils. Bevor eine Aufgabe angegangen wird, erhält jeder Mitarbeiter einige Instruktionen, aber die Umsetzung bleibt ihm überlassen. Ein Briefing ist immer kurz, nicht alles wird bis ins Detail geklärt. Wichtig ist nur, dass ein Ziel formuliert wird und dass jeder Mitarbeiter dieses Ziel auch versteht und verinnerlicht.
Es gilt in der modernen Arbeitswelt als Tugend, wenn jemand selbstständig arbeiten kann. Viele Arbeitnehmer sind bei der Umsetzung der Unternehmensziele sogar ganz auf sich gestellt. »Machen Sie mal«, heißt es dann und sogar das Briefing entfällt. Die früher streng vertikal gegliederte, auf Befehl und Gehorsam basierende Arbeitswelt ist heute kaum noch vorstellbar. Führung reicht immer weniger sichtbar von oben nach unten und wird auf gleichberechtigte, nebeneinander agierende Mitarbeiter verteilt.
Hierarchien werden abgebaut, aber sie bleiben auch bestehen. Selbst im fortschrittlichsten Unternehmen gibt es einen Direktor, einen Abteilungsleiter, einen Teamchef, der im Zweifel das letzte Wort hat. Führung hat einen humaneren Touch bekommen, aber das ändert nichts daran, dass ein Vorgesetzter weisungsbefugt ist und dass der Untergebene einer Weisung Folge zu leisten hat.
Das bringt vor allem für Berufsanfänger Probleme mit sich. Sofern sie keine betriebliche Ausbildung gemacht haben, also schon an die
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