Arbeit - Leben - Glueck
Bestes geben. Wer welche Leistung gebracht hätte, wäre egal. Gehaltserhöhungen und Beförderungen sind jedoch immer noch an die Einzelleistung gekoppelt. Es hat also gar keinen Sinn, sein Bestes zu geben.
Querdenken und Originalität werden oft zerredet. Gute Ideen kommen nicht zur Geltung, weil andere Teammitglieder ihren Wert nicht erkennen, das Risiko scheuen oder einfach nur schnell nach Hause wollen. Teamwork orientiert sich am Mittelmaß.
|167| Kann man also nur Schriftsteller oder Förster werden, wenn man lieber allein arbeitet? Nein. Denn Teamarbeit wird heute oft falsch eingesetzt und überbewertet. Es ist deshalb zu erwarten, dass die bisherige Entwicklung korrigiert und wieder auf ein vernünftiges Maß zurückgeschraubt wird. Für ausgeprägte Solisten werden dann bessere Arbeitsbedingungen herrschen, und wenn nicht, müssen sie vor einem Vertragsabschluss versuchen, bessere Bedingungen für sich auszuhandeln. Je nach Position und Tätigkeitsfeld kann man auf diese Art ein eigenes Büro, eine festgelegte Alleinarbeitszeit oder die Möglichkeit, Einzelleistungen kenntlich machen zu können, herausholen.
Jenseits der fachlichen Eignung: die Soft skills
Es war einmal ein Wort, das hieß »Kopfnoten«, aber das ist schon lange her. Die Kopfnoten standen getrennt von den übrigen Zeugnisnoten, denn hier ging es um etwas anderes als um das Fachwissen in Mathe, Deutsch oder Englisch.
Es gab vier Kopfnoten: Betragen, Aufmerksamkeit, Fleiß und Ordnung. Wer gute Kopfnoten hatte, war nett zu seinen Mitschülern, hörte zu, wenn der Lehrer sprach, meldete sich häufig und machte jeden Tag seine Hausaufgaben. Dann kam eine Zeit, da galt jemand, der gute Kopfnoten hatte, als fieser Streber und kritikloser Ja-Sager, der keine eigene Meinung hat. Die Kopfnoten wurden abgeschafft, weil viele dachten, sie seien ein letztes Überbleibsel aus der Kaiserzeit, in der Gehorsam und Unterwürfigkeit mehr zählten als eigenständiges Denken und Zivilcourage.
Doch dann erkannte man, dass es ohne bestimmte Verhaltensregeln miteinander nur schwer auszuhalten ist. Ob am |168| Arbeitsplatz, in einem Mietshaus, in der U-Bahn oder auf dem Einwohnermeldeamt: Dort, wo Menschen zusammenkommen, sollte das Miteinander so geregelt sein, dass alle sich einigermaßen wohl fühlen. Unbegrenzte Verhaltensfreiheit macht nur denen Spaß, die dieses Recht für sich in Anspruch nehmen. Wer sie aber ertragen muss, leidet fast immer darunter. Wer einer alten Dame vor die Füße spuckt, mag das noch so lustig finden, aber für die alte Dame ist es eine schlimme Sache, denn sie kann sich nicht wehren und hat niemanden, der ihre Interessen vertritt.
Aufmerksamkeit, Betragen, Fleiß und Ordnung erleichtern das Zusammenleben. Aber weil sie so altmodisch klingen, müssen sie anders heißen. Aus den Kopfnoten wurden die »Soft skills«
,
auf Deutsch auch »Schlüsselqualifikationen« oder »emotionale Intelligenz«. Das bedeutet zwar mehr als nur Aufmerksamkeit, Betragen, Fleiß und Ordnung, aber im Grunde geht es darum, was wir außer Fachwissen (den so genannten »Hard skills«) menschlich draufhaben.
Soft skills sind Qualitäten, die wir oft vermissen. Wir empfinden es als störend, wenn Rücksichtslosigkeit das Klima vergiftet und nur derjenige gehört wird, der seinen Mund am weitesten aufreißt. Ohne Soft skills ist eine gute Zusammenarbeit nicht möglich. Die wichtigsten sind:
eine freundliche und positive Ausstrahlung (Betragen)
zuhören und Interesse zeigen (Aufmerksamkeit)
motiviert arbeiten und freiwillig mehr tun (Fleiß)
rational und nachvollziehbar handeln (Ordnung)
Zu den Soft skills gehören aber auch »Teamfähigkeit« und »Commitment«. Um Teamarbeit ging es bereits im vorigen Abschnitt. Es wurde deutlich, dass sie zwar einerseits aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken ist, andererseits aber überschätzt wird. Auch Commitment ist ein problematischer |169| Begriff. Er bedeutet so viel wie »Korpsgeist«, aber auch dieses deutsche Wort verursacht eher Unbehagen: Wir denken an schlagende Verbindungen und an seltsam gekleidete junge Männer, die eine Narbe auf der Wange haben. Also doch besser Commitment.
Ein Mensch, der über Commitment verfügt, fühlt sich einer Idee, einer guten Sache oder einem Unternehmen verpflichtet. Früher sorgte eine straffe Hierarchie dafür, dass jeder die ihm zugewiesene Aufgabe erfüllte, heute haben alle mehr Freiheiten und arbeiten selbstständiger. Sie sollen von sich aus ihr Bestes
Weitere Kostenlose Bücher