Arbeit - Leben - Glueck
Arbeitsplätze sind ehrenamtlich besetzt. Es gibt eine ausgeprägte Rangordnung, Konkurrenz herrscht vor allem bei der Vergabe von Posten, die einmal erreichte Position ist stabiler als in einem Wirtschaftsunternehmen, |197| jedoch – je nach Arbeitgeber – weniger gut gesichert als in der staatlichen Arbeitswelt.
Das Binnenklima einer Arbeitswelt hängt davon ab, wie sie finanziert wird. Geht das über Geschäfte aller Art, herrscht oft ein raues Klima. So mancher Skrupel muss abgelegt werden, um Gewinne zu machen und die Existenz eines Unternehmens zu sichern. Oft heiligt dabei der Zweck die Mittel. Ist man dagegen von Spenden und Mitgliedsbeiträgen abhängig, sind Skrupel wichtig, ja sie werden sogar gepflegt. Nur wenn möglichst viele Menschen Skrupel haben, weil der Regenwald stirbt oder die hart erkämpften Arbeitnehmerrechte bedroht sind, finanzieren sie die entsprechenden Arbeitswelten. Auch die staatliche Arbeitswelt, die aus Steuergeld und Abgaben finanziert wird, braucht Skrupel: Der Staat muss zeigen, dass er sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlt. Skrupellosigkeit schadet seinem Ansehen.
Die drei Arbeitswelten erfordern ein ihnen angepasstes Denken und Handeln, sonst bekommt man Schwierigkeiten. Je nach Planet ergeben sich verschiedene Perspektiven, wie das folgende Beispiel zeigt.
Eine Firma will sich am Rand einer kleinen Gemeinde ansiedeln. Sie stellt aus Abfällen aller Art Dämmstoffe und Baumaterial her. Sie beantragt eine Baugenehmigung im dortigen Gewerbegebiet. Da durch die ständigen Mülltransporte ein hohes Transportaufkommen zu erwarten ist, müssen die Zufahrtsstraßen ausgebaut werden. Die Kosten sind hoch, aber das Ganze rechnet sich trotzdem. Die Firmenidee entspricht dem Nachhaltigkeitskonzept der Bundesregierung, die das Projekt großzügig fördert. Recycling ist gut und die Zukunftsaussichten sind noch besser: 500 neue Arbeitsplätze sollen entstehen.
|198| Der Gemeinderat stimmt dem Vorhaben in vollem Umfang zu. Die neuen Arbeitsplätze sind ein Segen für die Region und auch die zu erwartenden Gewerbesteuern kann man gut brauchen. Die Gemeindekasse ist leer, letzten Monat wurde die Schule wegen Baufälligkeit vorübergehend geschlossen, die Renovierung des Kindergartens ist überfällig und die freiwillige Feuerwehr kann sich noch nicht einmal mehr ein gebrauchtes Feuerwehrauto leisten.
Der Bund für Naturschutz e. V. bekommt Wind von der Sache. Die hellgrüne Schleiereule, eine vom Aussterben bedrohte Tierart, ist im Tal heimisch und hat ihre Nistplätze genau dort, wo die Firma errichtet werden soll. Bald schon gründet sich eine Bürgerinitiative.
Der auf Natur- und Umweltrecht spezialisierte Rechtsanwalt Dr. Grün wird hinzugezogen. Er findet heraus, dass es im Umfeld solcher Firmen zu starker Geruchsentwicklung kommt und Gase austreten, die im Verdacht stehen, Krebs zu erregen. Durch das Verkehrsaufkommen sind ferner Lärmbelästigung und im Sommer eine Erhöhung der Ozonwerte zu erwarten. Die Anwohner fürchten um ihre Gesundheit, rechnen mit einer Verschlechterung der Wohnqualität und einer Entwertung ihrer Häuser und Grundstücke. Ebenfalls ein Problem stellt der Wasserbedarf des Unternehmens dar. Seit Jahren leidet die Gemeinde unter einem niedrigen Grundwasserspiegel, doch durch sparsamen Umgang kommt sie gerade so zurecht. Die neue Firma würde das sensible Gleichgewicht stören.
Der Antrag auf eine Baugenehmigung liegt nun bei den zuständigen Behörden. Der Landrat sowie das Bau- und Umweltamt müssen ein ordnungsgemäßes Verfahren gewährleisten und die Interessen abwägen: Arbeitsplätze, |199| Wohlstand und Nachhaltigkeit auf der einen Seite, Bürgerinteresse, Natur- und Umweltschutz auf der anderen. Verschiedene Gutachten zur Luftbelastung und zum Wasserverbrauch werden in Auftrag gegeben, die Zeit vergeht. Mittlerweile hat die Firma einen anderen Standort in Aussicht und droht, in eine benachbarte Gemeinde abzuwandern. Gleichzeitig organisieren Naturschutzbund und Bürgerinitiative Protestaktionen. Der Widerstand gegen die Firma wächst, die öffentliche Meinung wendet sich gegen das Bauvorhaben.
Was ist für das Gemeinwohl am besten? Und warum?
Wo würde man selbst am liebsten mitarbeiten und einen Beitrag leisten?
Zu den drei Planeten der Arbeitswelt (Unternehmen, Staat und Interessenverbände) kommt noch ein vierter Planet hinzu. Es handelt sich um eine kaum erforschte und größtenteils illegale Parallelwelt: die
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