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Arbeit - Leben - Glueck

Arbeit - Leben - Glueck

Titel: Arbeit - Leben - Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Schulze
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meisten Menschen schon aus Gründen der Selbstachtung einen Fehler nicht unter den Teppich kehren, sondern bereinigen. Das gilt sogar dann, wenn ihn niemand entdeckt und sie nicht dafür geradestehen müssen.
    Unabhängig davon, ob ein Fehler entdeckt und geahndet wird, hängt er einem oft noch lange nach, vor allem wenn er Menschenleben gefordert hat. Wer ein drohendes Unglück frühzeitig erkennt und es hätte verhindern können, dann aber nichts unternimmt, der lebt in einem Alptraum. So wie U N-General Roméo Dallaire, dem ein unverzeihlicher Fehler keine Ruhe mehr lässt. Er und seine 1994 in Ruanda stationierten Männer hätten das Leben von 800   000   Menschen retten können, haben jedoch nichts unternommen. Auf Weisung des U N-Hauptquartiers in New York durften sie nicht in das Geschehen eingreifen und das Massaker nahm ungehindert seinen Lauf.
     
    Das Beispiel zeigt auch noch etwas anderes: Fehler sind Ansichtssache, und zwar so sehr, dass es einem manchmal die Sprache verschlägt und man jeden Glauben an die Gerechtigkeit |203| verliert. Aus der Innenperspektive der UNbetrachtet tat General Dallaire genau das Richtige: Er befolgte einen Befehl. Von außen betrachtet tat er genau das Falsche: Er befolgte einen Befehl. Hätte er den Befehl missachtet und das Massaker verhindert, wäre er heute ein Held und jedes Schulkind würde seinen Namen kennen. Zugleich aber wäre er wegen Befehlsverweigerung entlassen worden.
    Ein anderes Beispiel dafür, dass Fehler Ansichtssache sind, ist der Fall des E U-Beamten Paul van Buitenen, der 1999 den bis dahin größten Korruptionsfall in der Europäischen Union aufdeckte. Als seine Vorgesetzten von der Sache nichts wissen wollten, spielte der Beamte seinen Bericht einem Außenstehenden zu. Damit brachte er die damals amtierende E U-Kommission zu Fall, denn einige Mitglieder der Kommission hatten Gelder in Millionenhöhe veruntreut. Van Buitenen wurde für seine Tat vom Dienst suspendiert und auf einen unbedeutenden Posten in der Gebäudeverwaltung abgeschoben. Eine Arbeit, für die er nur noch die Hälfte seiner Bezüge erhielt. Für die Brüsseler Behörde war der Mann ein Verräter und Nestbeschmutzer, für Europa war er ein Held. Die niederländische Königin Beatrix schlug ihn zum Ritter des Oranierordens. Im Jahr 2004 wählten ihn die Niederländer ins Europa-Parlament, wo er seitdem versucht, die Korruption weiter zu bekämpfen.
     
    Fehler sind nicht nur Ansichtssache, sie sind meistens auch sehr komplex. »Eine Verkettung unglücklicher Umstände« heißt es dann. Wie bei dem Unglück von Überlingen im Jahr 2002, bei dem zwei Flugzeuge in der Luft aufeinander prallten. Die Ereignisse, die dazu führten, wurden in einem Bericht zusammengefasst und ausgewertet. Darin ist von fünf Ursachen die Rede. Erstens: Der Fluglotse ließ die beiden Flugzeuge zu lange auf einer Höhe fliegen und versuchte erst in letzter Minute, den Zusammenstoß zu verhindern. Zweitens: Der Lotse musste stellvertretend für einen Kollegen ein |204| weiteres Flugzeug einweisen und konnte sich nicht auf eine Sache konzentrieren. Drittens: Die russischen Piloten missachteten den Steigbefehl ihres Kollisionswarnsystems, das eigentlich Vorrang vor dem Lotsenbefehl hat. Eigentlich, denn was im Zweifel wirklich Vorrang hat, ist international nicht einheitlich geregelt. Viertens: Die russische Maschine hielt die vom Lotsen geforderte Flughöhe nicht genau ein und kam dadurch der anderen Maschine noch näher. Fünftens: Das Telefon in der Bodenstation funktionierte nicht, so dass mehrere Warnversuche durch einen Lotsen aus Karlsruhe, der das Unglück kommen sah, scheiterten.
    Fünf Fehler, 71   Tote. Jeder Fehler für sich genommen hätte nicht zu dem Unglück geführt. Nur alle Fehler zusammen   – das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile   – führten in die Katastrophe.
     
    Nicht immer steht so viel auf dem Spiel, wenn ein Fehler passiert ist. Oft laufen die Dinge einfach nur trübe vor sich hin. Niemand ist richtig zufrieden, jeder arrangiert sich irgendwie und alle hoffen auf ein besseres Morgen. Wie kommt das? Haben wir nicht schon oft die Erfahrung gemacht, dass Verbesserungen eigentlich immer möglich sind? Im folgenden Abschnitt geht es um drei Besonderheiten, die erklären helfen, warum das in der Arbeitswelt oft viel komplizierter ist als zu Hause, wo es nur auf uns selbst und unsere Freunde ankommt.
Fehler sind Ansichtssache. Das gilt für die Außenwahrnehmung und die

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