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Arbeit und Struktur - Der Blog

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Titel: Arbeit und Struktur - Der Blog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Herrndorf
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den Besen durchschwingen. Ich verplempere unglaublich Zeit, nicht nur an aussichtslosen Stellen herumzufeilen, sondern kann auch die Qualität der guten nicht erkennen.

    12.8. 2010 4:00

    In der Nacht katastrophale Alpträume, versuche im Dämmern immer wieder den Text umzuschreiben und will morgens nur noch das ganze Ding von der Festplatte löschen.

    13.8. 2010 1:12

    Mir scheint, es ist unerträglich, was ich hier schreibe. (geändert)

    15.8. 2010 22:12

    Vorgestern großes Treffen im Erholungsheim Clara Zetkin in Teupitz. Früh am Morgen schon geschrieben, dann mit Natascha nach Teupitz und dort gleich wieder an den See gesetzt und weitergeschrieben.

    C. ist nicht dabei, ihr Vater wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Cornelius schläft in meinem Zimmer.

    Am Morgen finde ich keinen richtigen Platz zum Arbeiten. Mir fehlt mein Tee, mir fehlt die Ruhe, ich mache Smalltalk, führe kein einziges ernstes Gepräch und bin nach ein paar Stunden ein Wrack. Auf der Bootsfahrt liege ich heulend in Saschas Schoß, auch danach überkommt es mich alle fünf Minuten. Dann große Müdigkeit. Ich weiß, daß ich arbeiten müßte, um da rauszukommen, aber ich kann nicht in diesem Chaos. Im Traum laufe ich die ganze Nacht Tobi hinterher, von dem ich weiß, daß er Rettungssanitäter ist und mir zeigen kann, in welchem Winkel man sich in den Mund schießt.

    Herrlich das Baden im See. Holm, Marek und Cornelius schwimmen mit Leichtigkeit zur gegenüberliegenden Insel. Könnte ich nicht. Hätte ich nie gekonnt.

    Lars’ Fähigkeit, über größere Zeiträume ganze Gesellschaften zu unterhalten, habe ich so von früher nicht in Erinnerung. War früher, glaube ich, auch nicht so. Er könnte sich ein bißchen beeilen mit seinem Blockbuster.

    Am letzten Tag springen alle auf dem großen Trampolin am See. Die Gelassenheit der Eltern, die dabeistehen, während ihre Kinder zwischen Schleudertrauma und Gehirnerschütterung herumhopsen, ist mir unbegreiflich. Ich selbst war seit circa 30 Jahren nicht auf so einem Teil, aber sich mit Selbstvertrauen auf den Rücken fallen lassen, wieder hochschnellen, drehen, irgendwo tief im Körper sind alle diese Bewegungen noch gespeichert. Am ausdauerndsten ist ein Dreijähriger mit Windeln, der sich die ganze Zeit mühelos aufrecht hält.

    Abschied nehmen geht nicht, ich muß mich an Jana hängen und mit ihr um die große Masse herum zum Auto laufen. Die Rückfahrt geht sehr schnell, und zu Hause komme ich sofort wieder ins Gleichgewicht.

    17.8. 2010 23:55

    Kathrin richtet mir die Dropbox ein, damit ich mit ihr und C. zusammen an dem Wüstenroman schreiben kann. Allein würde ich es nicht schaffen, die Materialfülle ist zu groß, ich bräuchte mindestens ein, zwei Jahre. So kann ich wenigstens einmal grob durchgehen in dem Bewußtsein, daß hinter mir jemand aufräumt und es doch noch ein Buch wird.

    Ziemliches Motivationsproblem, von morgens bis abends an etwas zu arbeiten, das man mit achtzigprozentiger Wahrscheinlichkeit als Ergebnis nicht sehen wird. Ich versuche es mit dem Gedanken, daß ich mir in zwei Jahren mit zwanzigprozentiger Wahrscheinlichkeit in den Arsch beißen werde, wenn ich es dann nicht geschrieben habe.

    Der Splatter-Film, in den Kathrin abends wollte, ist ausverkauft, statt dessen Toy Story 3, auch fantastisch. Wie unverblüffend die 3D-Sache: Nach einer Minute hat man sich gewöhnt und vergißt es für den Rest des Films.

    20.8. 2010 16:20

    Wiederholt habe ich jetzt schon meine in der Psychiatrie gewonnene und seitdem relativ unverändert mit mir herumgeschleppte Ansicht geäußert, wir existierten nicht, nichts existiere; ohne Begründung.

    Kathrin schickt mir deswegen Aleks’ Artikel über die Zeit für das Lexikon des Unwissens II, und Aleks, der Astronom, fragt an, wie ich die Konsistenzfrage löste, wer oder was denn meine Ansicht vertrete, nicht zu existieren.

    Ich bin nicht sehr beschlagen in der abendländischen Philosophie, fürchte aber, daß diese Konsistenzfrage Descartes’ bekanntestes, falsches Theorem zur Voraussetzung hat.

    Es kommt mir außerdem vor, als sei das Paradoxon nicht schwerer auszuhalten als die von der Physik ohnehin andauernd beobachteten Ungeheuerlichkeiten in der Aufführung kleinster Teilchen. Da kommt ja auch kein Philosoph und verlangt Anschaulichkeit und Konsistenz im Einstein-Podolski-Rosen-Wunderland.

    Meine derzeitige Ansicht ist (und ich kann sie logisch nicht begründen, ich befinde mich für mich selbst überraschend

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