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Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Titel: Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz , Frank Rieger
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Verfügung haben.
    Der Rest des Kohlendioxids landet derzeit noch ungenutzt als Abgas in der Luft, nachdem beispielsweise Projekte zur unterirdischen Langzeitspeicherung oft am Widerstand von Anwohnern gescheitert sind. Man sollte sich jedoch keinen Illusionen hingeben: Die Menge an Kohlendioxid, die in einer Raffinerie bei der Verarbeitung des Erdöls entsteht, ist trotz ihres schon erheblichen Volumens noch gering im Vergleich mit dem, was bei der Verbrennung der dort erzeugten Treibstoffe und Heizöle an Klimagasen frei wird, wenn sie verbraucht werden.
    Die Prozesse von Destillation und Cracking selbst sind ungeheuer energieaufwendig. Die riesigen Mengen neu zufließenden Öls müssen möglichst rasch auf Temperatur gebracht und gehalten werden, auch die kleineren Destillationstürme müssen stetig geheizt werden. Dazu wird vor allem das bei der Destillation anfallende Gas aus dem Erdöl verwendet, aber auch andere Erdölbestandteile. Eine Raffinerie verbraucht daher einen Teil des angelieferten Erdöls selbst – bis zu einem Zehntel – für die Wärmeerzeugung in der Anlage.
    Was verbrannt wird, kann nicht verkauft werden: Energie sparen bringt also bares Geld. Deshalb sind rings um die ohnehin schon umfangreichen Installationen der Destillationstürme und Cracker selbst noch große Flächen von Wärmetauschern belegt, die benutzt werden, um die Wärme aus bereits verarbeiteten Flüssigkeiten und Gasen zu nutzen. Damit werden das zur jeweiligen Anlage hinfließende Rohöl beziehungsweise die verschiedenen Fraktionen auf dem Weg zu ihren Spezialdestillerien vorgeheizt.
    Eine Reihe von Grundstoffen für die Chemieindustrie, aus denen später die meisten Plastiksorten, Pestizide und Herbizide, Lösungsmittel und Farben erzeugt werden, wird in der Raffinerie aus dem Erdöl extrahiert. Oft geschieht die Weiterverarbeitung dieser Grundstoffe noch direkt vor Ort in Anlagen, die über Abzweige des Rohrlabyrinths direkt an die Produktion gekoppelt sind.
    Das typische Bild einer großen Raffinerie mit ihrem Rohrgewirr, das eine Vielzahl von Produktionsstätten verbindet, entsteht auch dadurch, daß spezialisierte Firmen, welche die Rohprodukte aus dem Erdöl weiterverarbeiten, sich bevorzugt direkt andocken, um Kosten zu sparen. Es ist viel billiger, etwa das Naphtha für die Plastikherstellung über die kurze Pipeline noch vorgewärmt direkt aus der Raffinerie zu beziehen und zudem noch von der direkten Verfügbarkeit von Dampf und billiger Heizenergie zu profitieren, als kostspielige Transporte per Lkw, Schiff oder Bahn in Kauf zu nehmen. An den Einfahrten zu Raffinerien finden sich daher oft Schilderbäume mit Hinweisen auf Dutzende große und kleine Firmen, die sich an das Raffinerie-Mutterschiff angedockt haben und über die Pipeline-Nabelschnur versorgt werden. Das dadurch entstehende Rohrgewirr erweckt den Eindruck, daß eigentlich niemand mehr einen vollständigen Durchblick haben kann.
    Die Menschen, die das System durchschauen und kontrollieren, sitzen in einem bunkerartigen Leitstand in einer gewissen Entfernung von der eigentlichen Anlage. Diese Schaltwarten sind über das gesamte Gelände der Raffinerie verteilt und beherbergen die sogenannten Operators für eine Reihe von benachbarten Anlagen. Sie sind meist voneinander abhängig, etwa die Hauptdestillerie und die Spezialdestillerien für die einzelnen Fraktionen.
    Jeder Operator ist im Schnitt für zwei solcher Anlagen verantwortlich – die auch schon mal eine halbe Milliarde Euro teuer sein können. Das eigentliche Prozeßmanagement, also die Feinsteuerung der Pumpen, Heizbrenner, Wärmetauscher anhand von Druck, Temperatur, Durchflußmengen und vieler anderer Parameter, erledigen längst Computer. Der Operator ist primär dafür zuständig, sich anbahnende oder plötzlich auftretende abnorme Betriebszustände, die von der Software nicht vorhergesehen werden können, zu beobachten und im Zweifel einzuschreiten. Er ändert zudem die Anlagenkonfiguration, wenn andere Produktvarianten hergestellt oder andere Erdölqualitäten in die Anlage gepumpt werden sollen.
    Fehler der Software oder der Operators können dabei enorm kostspielig sein: Einmal das falsche Ventil zur falschen Zeit geöffnet oder einen Prozeßparameter falsch eingestellt, erwachsen daraus leicht einige hunderttausend Euro Schaden. Und das auch nur, wenn lediglich das entstehende unerwünschte Reaktionsprodukt abgepumpt und der Prozeß neu gestartet werden muß. Wenn aber zum Beispiel die

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