Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
Vorbild der Arbeitsweise des deutschen Mittelstands. Netzwerke kleiner, digital vernetzter, flexibel automatisierter Betriebe stellen die vielen verschiedenen komplexen Teile her, die dann vom Hersteller, der sich vorrangig um Verkauf, Service und Aufrechterhaltung des Markennamens kümmert, zu einem Produkt zusammengebaut werden.
Sobald Roboter in der Lage sind, die Tätigkeiten, die heute beispielsweise von billigen chinesischen Fließbandarbeitern erledigt werden, mit der gleichen Flexibilität durchzuführen, ändert sich das Spiel der globalen Wirtschaft grundlegend. Schon heute ist der Trend zurück zur Produktion in der Nähe der Endabsatzmärkte in vielen Branchen klar zu sehen. Industrien mit sehr hohem Automatisierungsgrad, wie etwa die Fahrzeugbranche, bauen schon seit Jahren neue Fabriken direkt in ihren Hauptabsatzländern.
Je geringer der Anteil der Lohnkosten an einem Produkt ist, desto mehr treten andere Faktoren für die Standortwahl in den Vordergrund. Transportkosten, Infrastruktur, Stromnetze, Umweltfaktoren, Verfügbarkeit von hochqualifiziertem Personal, Steuerbelastung, politische Stabilität und sonstige regulatorische Faktoren bestimmen letztlich die Profitabilität langfristig weitaus stärker als die Kosten für das Personal. Das Kapital, das erforderlich ist, um die nötigen Investitionen zu tätigen, die eine menschenarme Fertigung ermöglichen, wird zum entscheidenden Produktionsmittel.
Das Bestreben, die für die Produktion notwendigen Menschen noch weiter zu reduzieren, ist beileibe keine typisch westliche Eigenschaft mehr. Auch Foxconn, einer der größten Elektronikproduzenten der Welt, bei dem unter anderem fast alle iPhones des amerikanischen Herstellers Apple und viele weitere Elektronik- und Computerprodukte von westlichen Marken hergestellt werden, hat angekündigt, aufgrund steigender Lohnkosten und lästiger Streiks in China eine Million Roboter installieren zu wollen. Bei Lichte betrachtet, ist die Ankündigung vielleicht noch etwas vollmundig, da Roboter, die menschliche Fingerfertigkeit vollständig ersetzen können, gerade erst in den Labors Gestalt annehmen. Die Intention ist jedoch klar: weiter konkurrenzfähig zu bleiben, auch wenn die eigenen Lohnkosten steigen, indem man die Anzahl der Menschen reduziert.
Die Folgen dieser neuen, flexiblen Automatisierung und Roboterisierung hängen natürlich sehr von den individuellen Gegebenheiten der Branche beziehungsweise des jeweiligen Betriebs ab. Im Pkw-Bau etwa zielen die Vorhaben zur direkten Integration von Assistenzrobotern in derzeit noch von Menschen dominierten Fertigungsbereichen darauf ab, Tätigkeiten zu erleichtern, die relativ anstrengend oder repetitiv sind, aber mit heutiger Industrierobotertechnik noch nicht ersetzt werden können.
Die Autohersteller geben sich bezüglich dieser Projekte noch etwas geheimniskrämerisch, jedoch läßt sich anhand einiger Beispiele bereits erahnen, wie die Zukunft aussehen wird. Die meisten Menschen sind dort derzeit noch in der sogenannten Montage tätig. Wie schon bei der Mähdrescherfertigung zu sehen war, sind die meisten Arbeiten im Karosseriebau, beim Schweißen und in der Blechbearbeitung bereits weitgehend roboterisiert. Der Einbau von Hunderten Klein- und Kleinstteilen, etwa bei Verkleidungen, Kabelbäumen, Sicherheitsgurten, Armaturenbrettern, Lenkrädern und der weiteren Bedienteile, erfolgt größtenteils noch manuell.
Hier sollen Roboter in Zukunft den Montagearbeitern zur Hand gehen, indem sie schwere oder sperrige Teile in das Auto bugsieren und an die richtige Stelle halten, Schrauben an die vorgesehene Stelle eindrehen oder Klebstoff in der richtigen Menge aufbringen, so daß der menschliche Monteur das Teil nur noch final einpassen und andrücken muß. Ob dabei Arbeitsplätze wegfallen, die Produktivität gesteigert oder die Arbeit nur leichter wird, wodurch sie länger auch von älteren Monteuren erledigt werden kann, hängt von der konkreten Situation, den Prioritäten der Firma und der Geschwindigkeit der Technologieentwicklung ab.
Der demographische Wandel spielt für die langfristig planenden Autokonzerne nicht nur auf der Kundenseite bei der Einführung von Fahrassistenzsystemen und dem teilautomatisierten Fahren – nicht zuletzt auf die ältere Kundschaft zielend – eine nicht unerhebliche Rolle, sondern auch in der Produktion. Kontinuierliche körperliche Produktionstätigkeit, oft verbunden mit ungesunden Körperhaltungen, repetitiven
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