Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
intelligenten Menschen in kürzester Zeit erlernt werden. Nicht mehr spezialisierte Ingenieure oder Experten, die viel Geld kosten und oftmals nicht in ausreichender Zahl verfügbar sind, sollen Roboter programmieren, sondern die Menschen, deren Arbeitsplatz sie ersetzen. Brooks verwendet dabei natürlich das Wort »ergänzen« statt »ersetzen«, denn Baxter soll ein neuer Kollege werden, kein Konkurrent. Und tatsächlich scheinen die ersten Erfahrungen mit den bereits ausgelieferten Robotern darauf hinzuweisen, daß die freundlichen, von jedermann programmierbaren Maschinen einige unumkehrbar geglaubte Trends verändern. In der Folge wird sich die zukünftige Struktur der Arbeit grundlegend wandeln.
Wenn tatsächlich die Kontrolle über die Maschinen nicht mehr ausschließlich in den Händen einer hochspezialisierten Ingenieurskaste liegt, sondern wieder Aspekte der täglichen Arbeit, die mit Kreativität, Verantwortung und eigenständigem Denken zu tun haben, an die »normalen« Mitarbeiter delegiert werden, kann der von uns vielerorts beobachtete Trend zur Spaltung der Arbeitswelt abgeschwächt oder aufgehalten werden.
Eine häufige Folge von Automatisierung, die wir auf der Reise beobachtet haben, ist ja der Wegfall von Tätigkeiten mit mittlerer oder geringer Qualifizierung. Das kürzlich angekündigte erste Fast-food-Restaurant, dessen Burger von Robotern gebraten werden sollen, wäre dafür ein Beispiel. Neue Jobs hingegen entstehen bisher überwiegend im hochqualifizierten Bereich und bei den austauschbaren und durch Zeitarbeit erledigbaren Tätigkeiten, für die Roboter gerade noch so zu teuer sind. Laut Brooks finden sich aber in praktisch jedem Betrieb, an den seine Firma ihre neuartigen Roboter liefert, Mitarbeiter, die sich intensiv mit dem neuen digitalen Kollegen beschäftigen. Oft seien es Menschen, bei denen eigentlich niemand damit gerechnet hätte, weil sie für einfache, wenig anspruchsvolle Tätigkeiten eingestellt worden waren.
Ein weiterer gravierender Unterschied von Baxter und ähnlichen Robotertypen zur bisherigen Automatisierungstechnik ist schlicht der Preis. Während selbst relativ einfache Industrieroboter inklusive Programmierung praktisch nicht für Kosten unter hunderttausend Euro zu bekommen sind, geht Rethink Robotics mit einem Kampfpreis von zwanzigtausend Dollar in den Markt – und macht dabei sogar noch satte Gewinne.
Natürlich ist der Baxter längst nicht so stark, schnell, auch nicht so präzise wie ein fünfmal so teurer konventioneller Industrieroboter, denn zaubern kann Rodney Brooks nicht. Seine Strategie, billige und von jedermann programmierbare Roboter zu bauen, fußt zu einem Teil auf der Kunst der Beschränkung. Viele Tätigkeiten in den Firmen, auf die der Baxter zielt, benötigen die Eigenschaften der ingenieurtechnisch hochgezüchteten großen Systeme gar nicht.
Die Begrenzung von Tragegewicht und Bewegungsgeschwindigkeit macht die Verwendung leichter und billigerer Komponenten möglich. Den Mangel an Präzision gleicht Baxter durch clevere Software aus, die zum Beispiel das Aufnehmen eines Werkstücks ähnlich erledigt wie ein Mensch, der, ohne hinzusehen, nach einem Gegenstand greift. Statt hochpräzise auf einen zehntel Millimeter genau zuzugreifen, bewegt Baxter seine Greifer so, daß sich das Zielobjekt sicher zwischen den Zangen befindet. Beim Schließen des Greifers registriert ein Kraftsensor, welche Seite den Gegenstand zuerst berührt, und korrigiert die Armposition entsprechend. Für den Betrachter sieht es so aus, als würde sich der Roboter nach dem Zugreifen den Gegenstand zurechtrütteln. Dem Verfahren fehlt die präzise, auch ein wenig furchteinflößende Eleganz und Kraft der großen Industrieroboter. Dafür ist es jedoch konkurrenzlos billig und funktioniert in vielen Anwendungsfällen ausreichend gut.
Die Folgen einer Automatisierungstechnik, die praktisch von jedermann programmiert und bedient werden kann, für die Arbeitswelt werden erheblich sein. Wenn flexible, einfach zu programmierende Roboter und eine neue Generation von computergesteuerten Fertigungsmaschinen miteinander kombiniert werden, öffnen sich völlig andere Perspektiven für die Produktion in ehemaligen Hochlohnländern.
So wirbt Rethink Robotics auch damit, Industrieproduktion, die einstmals nach China verlagert wurde, wieder zurück in die USA zu holen. Die Vision von Rodney Brooks für die Zukunft der amerikanischen Fertigungsindustrie klingt verdächtig nach dem
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