Arbeitslosengeld II Hartz IV von A-Z: Hilfe für Betroffene in über 300 Stichworten
Leistungen in Höhe des durchschnittlichen Wohngeldes verbleiben. Diese Ausnahme von der Erstattungspflicht wird in der Praxis manchmal übersehen.
Die Begünstigung entfällt allerdings, wenn
der Leistungsberechtigte die Überzahlung durch unwahre Angaben oder Unterlassen von Änderungsmitteilungen pflichtwidrig herbeigeführt hat
der Leistungsberechtigte wusste oder hätte wissen können, dass er die Leistungen zu Unrecht erhalten hat oder
die ursprüngliche Bewilligung nur teilweise aufgehoben wird.
Das Jobcenter hat im Übrigen auch die Möglichkeiten, die Überzahlung mit zukünftigen Leistungen zu verrechnen. Dann erhält ein Leistungsberechtiger durch diese sog. Aufrechnung weniger ALG-II ausgezahlt.
Gegen den Erstattungs-/Rückforderungsbescheid kann man innerhalb eines Monats nach Zugang Widerspruch einlegen. Der Widerspruch führt dazu, dass der geforderte Betrag erst einmal nicht zurückgezahlt werden muss, da der Widerspruch zum Teil aufschiebende Wirkung hat. Sollte dem Widerspruch nicht abgeholfen werden, so kann gegen diesen Widerspruchsbescheid wiederum einen Monat nach Zugang des Widerspruchsbescheides Klage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden. Die Klageinreichung führt ebenfalls dazu, dass der Erstattungsbetrag bis zum rechtskräftigen Urteil nicht bezahlt werden muss.
Tipp:
Ein Leistungsberechtigte sollte stets darauf achten, auf jeden Rückforderungsbescheid und jede Zahlungsaufforderung des Forderungsmanagements der Bundesagentur für Arbeit zu reagieren, damit keine Vollstreckung eingeleitet wird.
Sollte ein Leistungsberechtigter im Rahmen einer Rückforderung eine Vollstreckungsankündigung durch das zuständige Hauptzollamt erhalten, so sollte er sich dort telefonisch unter Angabe des Vollstreckungsaktenzeichens melden und eine Aussetzung der Vollstreckung erwirken, um zunächst die Rechtmäßigkeit der Rückforderung mit dem Jobcenter klären zu können.
Rechtsgrundlage:
§ 40 SGB II i. V. m. §§ 44, 45, 48, 50 SGB X; §§ 328, 330 SGB III
Gerichtsentscheidungen:
www.sozialgerichtsbarkeit.de :
Sächsisches Landessozialgericht, Entscheidung vom 28. 4. 2009, Az. L 7 B 566/07 AS-ER
Weitere Hinweise:
www.bundestag.de :
Dokumente/Drucksachen/BT-Drucks. 17/3404 vom 26. 10. 2010, S. 188 f.
→ Aufschiebende Wirkung ; → Anhörung ; → Aufrechnung ; → Pfändung ; → Widerspruch/Widerspruchsverfahren ; → Raten(-rück)zahlungen
Rücknahmebescheid (Rücknahme eines Verwaltungsaktes)
Hat ein Jobcenter einen Bewilligungsbescheid erlassen und stellt sich nachträglich heraus, dass dieser rechtswidrig ist, soll in der Regel die gewährte Leistung zurückgefordert werden. Das ist aber nicht so einfach.
Wenn Bescheide (Verwaltungsakte) erlassen worden sind, sind sie für die Beteiligten verbindlich. Das gilt vor allem auch für das Jobcenter, das sich an seine Entscheidung halten muss. Wenn es diese im Nachhinein ändern will, geht dies nur unter bestimmten im Gesetz genannten Voraussetzungen.
Von besonderer Bedeutung sind dabei die sog. begünstigenden Verwaltungsakte, die dem Antragsteller eine Leistung zusprechen oder eine Feststellung zu seinen Gunsten treffen.
Ob und in wieweit der Verwaltungsakt wieder zurückgenommen werden kann, hängt davon ab, ob der Begünstigte Vertrauensschutz genießt oder nicht.
Wenn Vertrauensschutz besteht, darf der Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Eine Rücknahme kommt in solchen Fällen nur mit Wirkung für die Zukunft in Betracht.
Praktisch bedeutsamer sind die Fälle, in denen kein Vertrauensschutz besteht. Vertrauensschutz entfällt, wenn
der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung oder Bestechung erwirkt wurde (=Wiederaufnahmegründe)
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Antragsteller vorsätzlich oder fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht hat (=Unredlichkeit)
er die Rechtswidrigkeit des Bescheides (Verwaltungsaktes) kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (=Bösgläubigkeit). Dabei liegt nach dem Gesetz grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Antragsteller die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat.
Bei fehlendem Vertrauensschutz ist eine Rücknahme auch mit Wirkung für die Vergangenheit möglich. Hierfür gibt es allerdings zeitliche Schranken.
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