Arcanum – Das Geheimnis
war.
„Klara wird sie und ihren Mann lediglich daran erinnern, wie wichtig ihre Mitarbeit für uns ist.“
Das Klicken in der Leitung zeigte an, dass der Anrufer aufgelegt hatte. Langsam senkte Carolin den Hörer auf die Gabel des altmodischen Telefons, das seit ihrer Kindheit auf einem vergilbten Spitzendeckchen und immer am selben Platz gestanden hatte. Ihr war schwindelig. Nun war sie alleine. Sie konnte sich nicht mehr mit allen ihren Sorgen an Sven wenden, im Gegenteil, die musste ihm etwas vormachen und schlimmer noch, ihn hintergehen.
Ihr war schon wieder zum Heulen zumute, dennoch raffte sie sich auf, ging nebenan zu ihrer Mutter und erklärte ihr, dass mit Klara alles in Ordnung und Christopher bei ihr sei. Die Frage, wann sie zurückkämen, beantwortete sie mit einem knappen bald , lies ihre Mutter stehen, verließ das Haus und setzte sich ans Steuer ihres Wagens. Einen Augenblick lang zögerte sie, dann drehte sie entschlossen den Zündschlüssel und rollte rückwärts aus der Einfahrt.
Sie kehrte nach ungefähr einer Stunde zurück. Ihrer Mutter erzählte sie, sie habe Lebensmittel eingekauft, was unschwer an den prallen Einkaufstüten zu erkennen war, die sie ins Haus trug. Nachdem alle Einkäufe verstaut waren, rief sie Sven an.
„Ich habe noch etwas Luft, weil die Kinder mit Kurt in die Wilhelma gegangen sind. Ich möchte aber meiner Mutter hier mit dem Haushalt helfen. Lass uns morgen treffen“.
Sven antwortete mit einem knappen gerne und stellte keine weiteren Fragen. Sie betete, dass er ihren alten Code nicht vergessen hätte. Als sie sich in ihrer Jugendzeit heimlich treffen mussten, hatten sie eine Geheimsprache entwickelt, da Carolins Eltern praktisch immer mithören konnten, wenn sie das einzige Telefon benutzte.
Lass und morgen treffen war falsch, klang aber besser als lass uns uns morgen treffen . Sie amüsierten sich damals über die haarsträubende deutsche Grammatik.
Irgendwann hatten sie angefangen, sich Botschaften zu schreiben, und sie an einem geheimen Ort zu verstecken.
Lass und morgen treffen war der Hinweis für den anderen, dass sich ein Brief im Versteck befand, den man abholen konnte. Silvia hatte im Auto eine kurze Notiz verfasst, die Sven erklärte, was mit Klara passiert und wie wichtig es war, dass er so tat, als wisse er von alledem nichts. Sie bat ihn, er solle sie abholen und an einen Ort bringen, an dem sie unbeobachtet reden könnten, da es so aussehe, als würden Haus und Telefon überwacht. Sven war der Fachmann. Er könnte mit diesen Dingen umgehen und würde einen Weg finden, zumindest hoffte sie es.
Den Zettel hatte sie in ein Kuvert und dann unauffällig auf dem Weg ins Einkaufszentrum in eine Spalte der Friedhofsmauer gesteckt. Sie wartete zehn Minuten, die ihr wie eine Ewigkeit vorkamen. Dann klingelte das Telefon.
„Sven noch mal“. Seine Stimme klang beruhigend. „Ich habe noch ein paar Dinge, die ich mit Dir besprechen muss. Kann ich Dich gleich abholen?“
Sie atmete auf. Jetzt würde alles gut werden. Zwanzig Minuten später hielt der Polizeiwagen vor der Türe. Sie versprach ihrer Mutter zurück zu sein, bevor die Kinder aus der Wilhelma zurück wären. Wie sollte sie ihnen erklären, wo Klara war? Sie seufzte deprimiert. Das musste warten. Ihr würde schon etwas einfallen, und außerdem war da noch Sven, der ihr beistand. Als sie im Wagen saßen und die Türen geschlossen waren sagte er, ohne sie anzusehen:
„Du kannst hier frei sprechen. Dieses Polizeifahrzeug ist abgeschirmt. Der Trick mit unserer alten Geheimsprache war eine gute Idee. Ich habe hier ein Handy für Dich, das abhörsicher ist, und von dem sie nichts wissen. Ruf mich damit in Zukunft an, aber so, dass niemand es sieht“.
Carolin wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen, doch sie beherrschte sich. Sie nickte unmerklich, und er startete den Wagen. Wenig später rollten sie in den Hof des Polizeipräsidiums. Sie stiegen in den Aufzug. Als sich die Stahltüren geschlossen hatten, fiel die Anspannung von ihr ab, und sie küsste ihn zärtlich auf den Mund.
„Danke“. Sie wusste nicht, was sie sonst sagen sollte. Er lächelte sie an und erkannte schmerzlich, dass er bald eine grundsätzliche Entscheidung treffen musste.
„Wir wissen, wo Klara ist“. Er hatte Carolin in sein Büro geschoben, die Türe geschlossen und sie auf die Couch gesetzt, die ihm häufig als unbequemes Nachtlager dienen musste. Carolin schaute ihn fassungslos an und platzte heraus:
„Ich will
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