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Arche Noah, Touristenklasse

Arche Noah, Touristenklasse

Titel: Arche Noah, Touristenklasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Besuch abgestattet hat, behauptet, daß wir das Opfer eines akustischen Phänomens seien: das Radio dröhnt bei uns noch lauter als bei den Seligs selbst. Jedenfalls ist die Trennungswand zwischen den beiden Wohnungen so dünn, daß wir beim Entkleiden das Licht verlöschen, um keine lebenden Bilder an die Wand zu werfen. Daß durch diese Wand selbst das leiseste Flüstern hörbar wird, versteht sich von selbst. Nur ein Wunder konnte uns retten.
    Und das Wunder geschah.
    Eines Abends, als Seligs Höllenmaschine wieder ihren ohrenbetäubenden Lärm entfaltete, mußte ich mich wegen eines unvorhergesehenen Theaterbesuchs rasieren. Kaum hatte ich meinen elektrischen Rasierapparat eingeschaltet, als es in Seligs Radio laut zu knacksen begann. Ich zog den Steckkontakt heraus - und das Knacksen hörte auf. Ich schaltete ihn wieder ein - es knackste und krachte. Dann hörte ich Felix Seligs Stimme:
    »Erna! Was ist mit unserem Radio los? Dieses Knacksen macht mich verrückt!«
    Ungeahnte Perspektiven eröffneten sich.
    Der nächste Abend fand mich wohl vorbereitet. Als Felix Selig um 6 Uhr nach Hause kam, wartete ich bereits mit gezücktem Rasierapparat. Felix torkelte zum Radio und drehte es an. Eine Minute ließ ich verstreichen - dann suchte mein elektrischer Rasierapparat Kontakt und fand ihn. Augenblicklich verwandelte sich in der nachbarlichen Wohnung eine wunderschöne Pianopassage der Haffner-Symphonie in ein Fortissimo-Krkrkrk. Felix nahm es zunächst noch hin, offenbar in der Hoffnung, daß die atmosphärische Störung bald vorüber sein würde. Endlich hatte er genug.
    »Hör auf, um Himmels willen!« brüllte er völlig entnervt in den Kasten, und seine Stimme klang so beschwörend, daß ich unwillkürlich den Rasierapparat aus der Wand zog.
    Jetzt stellte Felix das Radio ab, rief mit heiserer Stimme nach seiner Frau und sagte, für unsere angespannten Ohren deutlich hörbar:
    »Erna, es ist etwas sehr Merkwürdiges geschehen. Der Apparat hat geknackst - ich habe >Hör auf!< gebrüllt - und er hat aufgehört.«
    »Felix«, antwortete Erna, »du bist überarbeitet. Das merke ich schon seit einiger Zeit. Heute wirst du früher schlafen gehen.«
    »Du glaubst mir nicht?« brauste Felix auf. »Du mißtraust den Worten deines Mannes? Höre selbst!« Und er drehte das Radio an.
    Wir konnten sie beinahe sehen, wie sie vor dem Kasten standen und auf das ominöse Knacksen warteten. Um die Spannung zu steigern, ließ ich eine Weile verstreichen.
    »Ganz wie ich sagte«, sagte Frau Selig. »Du redest dummes Zeug. Wo bleibt das Knacksen?«
    »Wenn ich's dir vorführen will, kommt's natürlich nicht«, fauchte der enttäuschte Felix. Dann wandte er sich mit hämischer Herausforderung direkt an das Radio: »Also du willst nicht knacksen, was?«
    Ich schaltete den Rasierapparat ein. Krkrkrk.
    »Tatsächlich«, flüsterte Erna. »Jetzt knackst er. Es ist wirklich unheimlich. Ich habe Angst. Sag ihm, daß er aufhören soll.«
    »Hör auf«, sagte Felix mit gepreßter Stimme. »Bitte hör auf .«
    Ich zog den Stecker heraus.
    Am nächsten Tag traf ich Felix im Stiegenhaus. Er sah angegriffen aus, ging ein wenig schlotternd, und unter seinen verquollenen Augen standen große dunkle Ringe. Wir plauderten zuerst über das schöne Wetter - dann packte mich Felix plötzlich am Arm und fragte:
    »Glauben Sie an übernatürliche Phänomene?«
    »Selbstverständlich nicht. Warum?«
    »Ich frage nur.«
    »Mein Großvater, der ein sehr gescheiter Mann war«, sagte ich sinnend, »glaubte an derartige Dinge.«
    »An Geister?« »Nicht gerade an Geister. Aber er war überzeugt, daß tote Gegenstände - es klingt ein wenig lächerlich, entschuldigen Sie - also daß Dinge wie ein Tisch, eine Schreibmaschine, ein Grammophon, sozusagen ihre eigene Seele haben. Was ist los mit Ihnen, mein Lieber?«
    »Nichts ... danke ...«
    »Mein Großvater schwor, daß sein Grammophon ihn haßte.
    Was sagen Sie zu diesem Unsinn?«
    »Es haßte ihn?«
    »So behauptete er. Und eines Nachts - aber das hat natürlich nichts damit zu tun - fanden wir ihn leblos neben dem Grammophon liegen. Die Platte lief noch.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte mein Nachbar. »Mir ist ein wenig übel.«
    Ich stützte ihn die Treppe hinauf, sauste in meine Wohnung und stellte den Rasierapparat bereit. Nebenan hörte ich Felix Selig mehrere Gläser Brandy hinabgurgeln, ehe er mit zitternder Hand sein Radio andrehte.
    »Du haßt mich!« rief der vielgeprüfte Mann. (Seine Stimme kam, wie

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