Archer Jeffrey
erklären, warum Brasilien die Fußballweltmeisterschaft verloren habe. Manuel wies Eduardos empörende Behauptungen als
unhaltbar und parteiisch zurück. Es war das einzige Thema im Verlauf der letzten drei Wochen, über das sie nicht einer Meinung waren.
„Ich gebe Zagalo die Schuld an dem ganzen Fiasko“, sagte Eduarde.
„Nein, nein, du kannst das nicht dem Manager in die Schuhe schieben“, antwortete Manuel. „Der Fehler liegt bei denen, die für die Aufstellung verantwortlich waren. Sie hätten Leao niemals durch einen anderen Tormann ersetzen dürfen und hätten spätestens aus der Niederlage gegen Argentinien im letzten Jahr lernen müssen, daß unsere Methoden veraltet sind. Man muß angreifen, angreifen, angreifen, wenn man Tore schießen will.“
„Blödsinn. Wir haben immer noch die beste Verteidigung der Welt.“
„Was also bedeutet, daß das beste Resultat, auf das wir hoffen können, 0:0 lautet?“
„Nie im Leben…“, fing Eduardo an. „Verzeihung, Senhor.“ Eduardo blickte auf. Sein Privatsekretär stand neben ihm und schaute ängstlich zu ihm herab. „Ja, was gibt’s?“
„Ein dringendes Telex aus Brasilien, Senhor.“ Eduardo las den ersten Satz und bat Manuel dann, ihn für ein paar Minuten zu entschuldigen. Manuel nickte höflich. Eduardo stand vom Tisch auf, und als er durch den Speisesaal schritt, ließen siebzehn weitere Gäste ihr Essen stehen und folgten ihm rasch in seine Suite in der obersten Etage, wo alle übrigen Mitarbeiter bereits versammelt waren. Er setzte sich in eine Ecke des Zimmers. Niemand sprach, während er das Telex sorgfältig durchlas. Plötzlich wurde ihm bewußt, wie viele Tage er in Lagos eingesperrt gewesen war.
Das Fernschreiben stammte von seinem Bruder Carlos und betraf das Panamericana-Straßenprojekt, die achtspurige Autobahn, die von Brasilien bis nach Mexiko führen sollte. Prentino hatte ein Angebot für den Streckenabschnitt gemacht, der quer durch den Amazonas-Urwald verlief. Nun mußten bis morgen mittag die Bankgarantien unterzeichnet und beglaubigt sein; heute war Dienstag. Eduardo aber hatte ganz vergessen, welcher Dienstag heute war und welches Dokument er bis zum morgigen Stichtag unterzeichnen sollte.
„Wo liegt eigentlich das Problem?“ fragte Eduarde seinen Privatsekretär. „Die brasilianische Staatsbank hat Alfrede doch bereits zugesagt, die Garantie zu übernehmen. Was hält Carlos davon ab, das Abkommen in meiner Abwesenheit zu unterzeichnen?“
„Die Mexikaner verlangen jetzt, daß die Verantwortung für das Abkommen geteilt wird; es gibt Versicherungsprobleme: Lloyd’s in London wollen nicht das Gesamtrisiko übernehmen, wenn nur eine Firma beteiligt ist. Die Einzelheiten stehen alle auf Seite sieben des Telex.“
Eduarde überflog rasch den Text. Er las, daß seine Brüder bereits versucht hätten, Druck auf Lloyd’s auszuüben, jedoch vergeblich. Es ist, als wollte man eine altjüngferliche Tante bestechen, an einer öffentlichen Orgie teilzunehmen, dachte Eduardo, und er hätte ihnen das auch gesagt, wäre er in Brasilien gewesen. Die mexikanische Regierung bestand daher darauf, daß der Auftrag in Zusammenarbeit mit einem internationalen, für Lloyd’s akzeptablen Bauunternehmen ausgeführt werde, wenn die Papiere am Mittag des folgenden Tages unterzeichnet werden sollten. „Haltet euch bereit“, sagte Eduardo zu seinem Stab und begab sich allein in den Speisesaal zurück, das lange Fernschreiben hinter sich herschleifend. Rodrigues beobachtete ihn, wie er auf seinen Tisch zueilte.
„Du siehst aus, als hättest du ein Problem.“
„Das habe ich auch“, sagte Eduardo. „Lies das.“
Mit erfahrenem Blick überflog Manuel das Telex und filterte die wesentlichen Punkte heraus. Er hatte sich ebenfalls um das Amazones-Straßen-Projekt beworben und erinnere sich noch an Einzelheiten. Da Eduardo darauf bestand, las er Blatt 7 noch einmal.
„Mexikanische Banditen“, sagte er, als er Eduardo das Fernschreiben zurückgab. „Was glauben sie denn, wer sie sind, daß sie Eduardo de Silveira vorschreiben wollen, wie er seine Geschäfte zu führen hat! Schick sofort ein Telex ab und teile ihnen mit, daß du der Boß der größten Baufirma der Welt bist, und daß sie in der Hölle braten können, ehe du ihren unverschämten Bedingungen zustimmst. Du weißt, daß es viel zu spät für eine neue Ausschreibung ist, da doch an allen anderen Streckenabschnitten der Baubeginn bereits unmittelbar bevorsteht. Sie würden Millionen
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