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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die chinesische Statue und andere Uberraschungen
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Granatapfel kaufen könnte? Einen würde er auch in die Heimat mitnehmen, um seinen Freunden zu zeigen, wie groß die Früchte in diesem barbarischen Land waren. Marcus, seinen besten Freund, würde er damit nicht überraschen können, denn dessen Vater hatte in dieser Gegend eine ganze Armee befehligt, doch der
Rest der Klasse würde sicher tief beeindruckt sein.
Das Dorf, in das seine Mutter ihn geschickt hatte, war nur
zwei Meilen vom Lager entfernt, und der Pfad schlängelte sich
an einem Hügel entlang, unter dem sich ein weites Tal
ausdehnte. Es waren um diese Zeit sehr viele Reisende
unterwegs, die im Dorf Unterkunft zu finden hofften. Alle
diese Leute aus den umliegenden Bergen waren auf
ausdrückliche Anordnung seines Vaters gekommen, dem der
Kaiser persönlich die Befehlsgewalt verliehen hatte. Auch er
selbst würde nach seinem sechzehnten Geburtstag in den
Dienst des Kaisers treten. Sein Freund Marcus träumte davon,
Soldat zu werden und die Welt zu erobern. Er dagegen
interessierte sich mehr für das Rechtswesen und die
Verbreitung römischer Sitten unter den Barbaren fremder
Landstriche.
„Ich werde sie erobern, und du kannst sie dann regieren“,
hatte Marcus gesagt.
Eine sehr vernünftige Arbeitsteilung zwischen Hirnschmalz
und Muskelkraft, hatte er seinem Freund erwidert, der ihn
darauf ohne eine Spur von Respekt im nächsten Bad
untergetaucht hatte.
Der Junge beschleunigte seinen Schritt, denn er mußte zurück
sein, bevor die Sonne hinter den Bergen verschwand. Oft
genug hatte sein Vater ihm eingeschärft, nach
Sonnenuntergang dürfe er sich nur noch innerhalb des sicheren Lagerbezirks aufhalten. Er wußte, daß sein Vater bei der Landesbevölkerung nicht beliebt war und ihn aus diesem Grund zur Vorsicht ermahnt hatte. Solange es hell sei, könne ihm nichts geschehen, weil niemand wagen würde, ihm vor den Augen anderer etwas anzutun, aber nach Einbruch der Dunkelheit müsse man auf alles gefaßt sein. Eines war jedenfalls sicher: Wenn er selbst einmal groß war, würde er
bestimmt weder Steuereintreiber noch Zensor werden. Als er das Dorf erreichte, wimmelten die winkeligen
Gäßchen zwischen den kleinen, weißen Häusern von
Menschen, die auf Geheiß seines Vaters aus den umliegenden
Ortschaften zusammengeströmt waren, um sich zählen und in
die Steuerlisten eintragen zu lassen. Der Junge schlug sich die
Plebs rasch aus dem Sinn. (Ausländer ganz allgemein als Plebs
abzutun, hatte er von Marcus gelernt.) Als er zum Marktplatz
kam, schlug er sich auch Marcus aus dem Sinn, um sich ganz
auf die Besorgungen für seine Mutter zu konzentrieren.
Diesmal durfte er sich keine Nachlässigkeit erlauben, sonst
würde es bei Vaters Heimkehr unweigerlich eine Tracht Prügel
geben. Aufmerksam lief er von einer Marktbude zur anderen
und begutachtete die ausgebreiteten Waren. Einige der
Landesbewohner starrten erstaunt auf den hellhäutigen,
braungelockten Jungen mit der kühnen, geraden Nase. Es
waren an ihm keinerlei körperliche Unvollkommenheiten oder
Krankheitsanzeichen zu bemerken wie bei der Mehrzahl von
ihnen. Andere wendeten ihre Augen von ihm ab; schließlich
entstammte er ja dem Volk der Beherrscher. Den Jungen
beschäftigten derlei Gedanken jedoch nicht. Ihm fiel nur auf,
wie sonnenverbrannt und runzlig die Haut der Leute hier war.
Er wußte, daß zuviel Sonne ungesund war: es lasse einen
vorzeitig altern, hatte sein Lehrer ihn gewarnt.
Beim letzten Verkaufsstand sah der Junge eine alte Frau um
ein ungewöhnlich großes lebendes Huhn feilschen, und als er näher kam, ließ sie plötzlich davon ab und machte sich erschrocken aus dem Staube. Der Junge blickte den Budenbesitzer an, entschlossen, mit diesem Bauern nicht zu handeln. Das war unter seiner Würde. Er zeigte auf das Huhn und gab dem Mann einen Denar. Dieser biß in die runde Silbermünze und betrachtete das Bildnis von Caesar Augustus, dem Beherrscher des halben Erdkreises. (Im Geschichtsunterricht hatte ihm sein Lehrer von den Großtaten des Kaisers erzählt, und nun erinnerte er sich, daß er damals gedacht hatte: Hoffentlich erobert Caesar nicht die ganze Welt, noch bevor ich die Gelegenheit habe, mich zu beteiligen!) Der Budenbesitzer war immer noch in die Betrachtung des
Silberstücks versunken.
„Machen Sie etwas schneller, Mann, ich habe nicht so viel
Zeit“, sagte der Junge im Tonfall seines Vaters.
Der Bauer gab keine Antwort, da er nicht verstand, was der
Junge sagte. Es war ihm nur klar, daß es für ihn nicht ratsam
wäre, einem

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