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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die chinesische Statue und andere Uberraschungen
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mit Großbritannien überwies er dem Ritz alljährlich zu Jahresbeginn eine Mietvorauszahlung für die folgenden zwölf Monate.
    Den Sieg der Alliierten feierte Henry am Times Square gemeinsam mit einer Million Amerikaner und traf unmittelbar darauf alle Vorbereitungen zur Rückkehr nach England. Zu seinem Befremden und seiner größten Enttäuschung wurde ihm von der Botschaft in Washington jedoch mitgeteilt, es könnte noch einige Zeit dauern, bis er die Erlaubnis erhielte, in seine Wahlheimat zurückzukehren; und tatsächlich gelang es ihm trotz seines Einflusses und unermüdlicher Anstrengungen erst im Juli 1946, sich nach Southampton einzuschiffen. Vom Deck der Ersten Klasse aus nahm er winkend Abschied von Amerika und Eugene und sah frohen Herzens dem Wiedersehen mit England und Barker entgegen.
    Kaum hatte er das Schiff verlassen und wieder englischen Boden betreten, ließ er sich auf schnellstem Weg zum Ritz bringen, wo er seine Zimmer genauso vorfand, wie er sie verlassen hatte. Soweit Henry erkennen konnte, war alles beim alten geblieben, außer daß sein Diener (nun Bursche bei einem General) erst ein halbes Jahr später aus dem Heeresdienst entlassen werden sollte. Henry war entschlossen, einen aktiven Beitrag zu diesem Krieg zu leisten, indem er noch einige Zeit ohne Barker weiterzuleben bereit war. Zuversichtlich sah er der Zukunft entgegen, wenn er sich Barkers Worte ins Gedächtnis rief: „Jeder weiß, wer Sie sind. Es wird sich für Sie nichts ändern.“ Tatsächlich wurde ihm schon kurz nach seiner Ankunft im Ritz auf dem Silbertablett eine Einladung zu einem Abendessen bei Lord und Lady Lympsham in ihr Haus am Chelsea Square gebracht. Es sah ganz so aus, als sollte sich Barkers Vorhersage bewahrheiten: es würde alles beim alten bleiben. Henry sagte zu, glücklich bei dem Gedanken, sein Leben in England dort fortzusetzen, wo er es Jahre zuvor abgebrochen hatte. Am nächsten Abend also traf Henry einige Minuten nach acht im Haus seiner Gastgeber ein. Die Lympshams, ein älteres Ehepaar, das sich in keiner Weise am Krieg beteiligt hatte, taten ganz so, als hätte dieser niemals stattgefunden und als hätte Henry nicht einen Tag des Londoner Gesellschaftslebens versäumt. Trotz der Nahrungsmittelrationierungen war auch die Speisenfolge so erlesen wie eh und je. Um so erstaunlicher dagegen erschien es Henry, daß eine der Anwesenden sich von allen Frauen unterschied, die er bisher kennengelernt hatte. Ihr Name, so erfuhr er, sei Victoria Campbell, Tochter des ebenfalls anwesenden Generals Sir Ralph Colquhoun. Als die Wachteleier serviert wurden, vertraute die Gastgeberin Henry an, das arme junge Ding habe beim Vormarsch der Alliierten auf Berlin ihren Mann verloren, nur wenige Tage vor der Kapitulation der Deutschen. Zum erstenmal empfand Henry Schuldgefühle, daß er sich in diesem Krieg in keiner Weise engagiert hatte.
    Er konnte den Blick während des ganzen Abendessens nicht von Victoria abwenden, die nicht nur von klassischer Schönheit war, sondern auch eine lebhafte und gebildete Konversation zu führen verstand. Er fürchtete, das schlanke dunkelhaarige Mädchen mit den hohen Backenknochen allzu aufdringlich anzustarren; sie war wie eine, Skulptur, die er gerne berührt hätte. Ihrem bezaubernden Lächeln konnte niemand widerstehen, und Henry tat alles, um dieses Lächeln auf sich zu ziehen. Dies gelang ihm auch mehrmals, und dabei wurde ihm bewußt, daß er sich zum erstenmal bis über beide Ohren verliebt hatte – und dieses Gefühl restlos genoß.
    Von da an warb Henry um Victoria, doch gegen seine bisherige Gewohnheit machte er keinen Versuch, sie zu verführen. Er verhielt sich ihr gegenüber liebevoll und zuvorkommend, und kaum war die Trauerzeit der jungen Witwe um, hielt er bei ihrem Vater um ihre Hand an. Er schwamm in Glück, als der Vater und danach auch Victoria selbst der Heirat zustimmten. Die offizielle Verlobung wurde in der Times angekündigt und im Ritz mit einer Party im kleinen Kreis gefeiert, zu der sich hundertzwanzig der engsten Freunde einfanden. Nachdem der letzte Gast sich verabschiedet hatte, brachte Henry Victoria zurück in ihr Elternhaus in Belgrave Mews. Unterwegs besprach er mit ihr die Hochzeitsvorbereitungen und die geplante Hochzeitsreise.
    „Für dich, mein Engel, ist nur das Beste gut genug“, sagte er und bewunderte von neuem den herrlichen Fall ihres langen, lockigen Haares. „Die Hochzeit wird in St. Margaret’s in Westminster, stattfinden, und

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