Archer Jeffrey
Augen spiegelte sich
ungetrübte Vorfreude. „Ach, wenn wir doch nur noch bis
morgen zu warten brauchten“, sagte sie.
Galant küßte Henry sie auf die Wange und sagte: „Ich denke,
es lohnt sich, noch ein wenig länger zu warten, Liebste, denn
eines kann ich dir versichern: Diesen Tag wird keiner von uns
jemals vergessen.“
„Davon bin ich überzeugt“, antwortete Victoria, als er ihre
Hand losließ.
Am Hochzeitsmorgen sprang Henry aus dem Bett, zog mit einem Schwung die Vorhänge zurück und wurde von strömendem Regen begrüßt. „Bis elf Uhr wird es zu regnen aufgehört haben“, sagte er laut zu sich selbst und pfiff ein hoffnungsvolles Liedchen, während er sich langsam und gründlich rasierte.
Am späten Vormittag hatte das Wetter sich immer noch nicht gebessert, eher noch verschlechtert. Es goß in Strömen, als Victoria die Kirche betrat, doch beim Anblick seiner wunderschönen Braut verflog Henry’s Enttäuschung im Nu. Er konnte es kaum noch erwarten, mit ihr nach Paris zu fahren. Nach der Zeremonie standen der Pascha und seine angetraute Frau lächelnd vor der Kirche, wo das ideale Paar von Pressephotographen geknipst und von den Festgästen mit feuchten Reiskörnern beworfen wurde. Sobald es die Anstandsregeln erlaubten, eilten sie zu dem Empfang im Ritz. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, mit jedem einzelnen der anwesenden Gäste zu plaudern, und sie hätten es sogar in noch kürzerer Zeit geschafft, wenn Victoria weniger lange zum Umkleiden gebraucht hätte und der General sich in seinen Trinksprüchen auf das glückliche Paar etwas kürzer gefaßt hätte. Als es endlich soweit war, drängten die Gäste sich vor dem Hoteleingang unter der großen roten Markise, auf die der Regen niederprasselte, zusammen, um den abfahrenden Flitterwöchnern nachzuwinken.
Mit dem Rolls Royce des Generals wurden der Pascha und seine Frau zum Bahnhof gebracht, wo der Chauffeur noch ihr Gepäck auslud, bevor Henry ihn zum Hotel zurückschickte, da er seiner Dienste nicht mehr bedurfte. Der Chauffeur legte die Hand an den Kappenrand und entfernte sich mit den Worten: „Ich hoffe, daß Gnädige Frau und Sie eine wunderschöne Reise haben werden, Sir.“ Auf dem Bahnsteig hielt Henry Ausschau nach Fred. Da von diesem jedoch weit und breit nichts zu sehen war, heuerte er einen zufällig vorüberkommenden Gepäckträger an. „Wo ist denn Fred?“ fragte Henry.
„Fred was?“ erhielt er zur Antwort.
„Mein Gott, woher soll ich das wissen“, sagte Henry.
„Woher, zum Teufel, soll ich es wissen“, gab der Träger schlagfertig zurück.
Victoria fröstelte. Ihr modischer Seidenmantel war nicht für den Aufenthalt auf englischen Bahnhöfen entworfen worden.
„Hätten Sie die Freundlichkeit, unser Gepäck zum letzten Waggon zu bringen“, bat Henry.
Der Träger sah auf die vierzehn Koffer zu seinen Füßen. „Na gut, meinetwegen“, sagte er widerstrebend. Geduldig standen Henry und Victoria in der Kälte, während der Träger die Koffer auf seinen Handwagen lud und diesen über den Bahnsteig schob.
„Mach dir nichts daraus, mein Liebling“, sagte Henry. „Eine Tasse Lapsang Souchong und ein Lachsbrötchen, und du wirst dich wieder wie neugeboren fühlen.“
„Es geht mir gut“, sagte Victoria mit einem nicht ganz so bezaubernden Lächeln wie sonst und schob ihren Arm unter den ihres Gatten. Arm in Arm gingen sie bis zum Ende des Zuges.
„Kann ich Ihre Fahrkarten sehen, Sir“, sagte der Schaffner, der in der Tür des letzten Waggons stand.
„Meine was?“ fragte Henry mit überdeutlicher Betonung.
„Ihre Fahrkarten“, antwortete der Schaffner, überzeugt, es mit einem Ausländer zu tun zu haben.
„Bislang war ich gewohnt, diese Formalitäten während der Fahrt zu erledigen, guter Mann.“
„Das gibt’s heute nicht mehr, Sir. Sie müssen sich zum Schalter bemühen und dort wie andere auch Ihre Bahnkarten kaufen. Übrigens würde ich Ihnen raten, sich zu beeilen, der Zug fährt in ein paar Minuten ab.“
Ungläubig starrte Henry den Schaffner an. „Ich nehme an, daß wenigstens meine Frau im Abteil Platz nehmen darf, während ich mich um die Bahnkarten kümmere“, sagte er.
„Leider nein, Sir. Ohne gültigen Fahrausweis darf niemand den Zug besteigen.“
„Warte hier auf mich, Liebling“, sagte Henry. „Ich werde dieses kleine Problem sofort erledigen. Träger, führen Sie mich bitte zum Fahrkartenschalter.“
„Am Ende von Bahnsteig vier, Meister“, sagte der Schaffner und schlug
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