Archer Jeffrey
Sie.“
,,’Tschuldigung.“
Die Schuld an diesen Mißständen schob Henry Clement Attlee und seiner lächerlichen Kampagne für soziale Gerechtigkeit in die Schuhe, und ungeduldig sah er der Ankunft in Dover entgegen. Kaum war der Zug im Bahnhof eingefahren, stieg Henry als erster – statt wie sonst als letzter – aus und brüllte aus Leibeskräften: „Albert!“ Nichts rührte sich, nur Scharen von Reisenden strömten auf dem Weg zum Hafen achtlos an ihm vorüber. Endlich erspähte Henry einen Träger. Er lief ihm nach, doch der Mann belud seinen Wagen eben mit dem Gepäck eines anderen Reisenden. Nicht besser erging es Henry mit dem nächsten und übernächsten, bis er dem vierten schließlich mit einer Pfundnote winkte, worauf der Mann sofort herbeieilte und die vierzehn Koffer auszuladen begann.
„Wohin wollen wir denn?“ fragte der Träger in freundschaftlichem Ton.
„Zum Schiff“, sagte Henry und lief zurück zu seiner Braut. Er half ihr beim Aussteigen, und dann rannten sie beide durch den strömenden Regen bis zum Anlegeplatz.
„Die Fahrkarten, bitte“, sagte ein junger Offizier in dunkelblauer Uniform, der am Fuß des Landungsstegs stand.
„Ich habe immer Kabine Nummer drei“, keuchte Henry atemlos.
„Selbstverständlich, Sir“, sagte der jungen Offizier und blätterte in seiner Reservierungsliste. Zuversichtlich lächelte Henry Victoria zu.
„Mr. und Mrs. West.“
„Wie bitte?“ fragte Henry.
„Sie müssen doch Mr. William West sein?“
„Das bin ich ganz und gar nicht. Ich bin der Großpascha von Kairo.“
„Dann tut es mir leid, Sir. Kabine Nummer drei ist reserviert für einen Mr. William West und Familie.“
„Diese Behandlung bin ich von Kapitän Rogers nicht gewöhnt gewesen“, sagte Henry, jede Silbe scharf betonend. „Ich wünsche ihn sofort zu sprechen.“
„Kapitän Rogers ist im Krieg gefallen, Sir. Kommandant dieses Schiffes ist jetzt Kapitän Jenkins, und dreißig Minuten vor Auslaufen des Schiffes wird er die Kommandobrücke bestimmt nicht verlassen.“
Henrys Verzweiflung verwandelte sich in Panik. „Ist eine andere Kabine frei?“
Der junge Offizier überflog seine Liste. „Tut mir leid, Sir. Die letzte wurde vor ein paar Minuten vergeben.“
„Kann ich zwei Karten haben?“ fragte Henry.
„Jawohl, Sir“, antwortete der junge Offizier. „Aber dazu müssen Sie sich zum Schalter am Kai bemühen.“
Henry erkannte, daß jede weitere Diskussion nur einen Zeitverlust bedeuten würde. Wortlos machte er auf dem Absatz kehrt und ließ seine Frau neben dem schwerbeladenen Träger zurück.
„Zwei Karten erster Klasse nach Calais“, sagte er am Schalter mit fester Stimme.
Der Mann hinter dem Schiebefenster warf Henry einen müden Blick zu. „Es gibt heutzutage nur noch eine Einheitsklasse, Sir, es sei denn, Sie mieten eine Kabine.“ : Er riß zwei Karten ab. „Macht genau ein Pfund.“
Henry reichte ihm eine Pfundnote, nahm seine Karten und eilte zum Schiff zurück.
Der Träger war eben dabei, das Gepäck am Uferkai abzuladen.
„Könnten Sie die Koffer nicht an Bord bringen und im Frachtraum verstauen“, schrie Henry.
„Nein, Sir, zu spät. Nach dem ersten Signal darf außer den Passagieren niemand mehr an Bord gehen.“
Victoria nahm also zwei kleinere Koffer, während Henry die restlichen zwölf in einer Art Stafettenlauf über den Landesteg beförderte. Vollkommen erschöpft ließ er sich auf dem Deck in einen Stuhl fallen. Die Sitzplätze schienen bereits alle besetzt zu sein. Henry hätte nicht mehr zu sagen vermocht, ob er vor Kälte und Nässe fröstelte, oder vor Anstrengung schwitzte. Das Lächeln auf Victorias Gesicht war wie festgefroren, als sie seine Hand ergriff und sagte:
„Mach dir nichts draus, Liebling. Entspanne dich und genieße die Überfahrt; es wird großen Spaß machen, gemeinsam an Deck zu bleiben.“
Bedächtig glitt das Schiff aus der geschützten Bucht auf das offene Wasser hinaus. Am Abend dieses Tages erzählte Kapitän Jenkins seiner Frau, diese Überfahrt sei eine der schlimmsten gewesen, die er jemals erlebt habe. Er fügte hinzu, daß er nahe daran gewesen sei umzukehren, als sein Zweiter Offizier, ein alter Hase und Kriegsveteran, seekrank geworden sei. Henry und Victoria verbrachten den größten Teil der Überfahrt über die Reling gelehnt, wobei sie alles wieder von sich gaben, was sie beim Hochzeitsempfang zu sich genommen hatten. Nie waren zwei Menschen so glücklich, endlich Land zu sichten, wie Henry und Victoria, als am
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