Archer Jeffrey
darauf zurück. »Schon lange bei der Polizei?« fragte er den Polizisten, während sie zusammen die Straße überquerten.
»Nein, Sir. Erst ein Jahr.«
»Sind Sie verheiratet?«
»Kaum eine Chance mit meinem Gehalt.«
»Dann kennen Sie noch nicht das Problem, keine Saucenwürfel zu haben.«
»In der Kantine hat man jedenfalls noch nie davon gehört, Sir.«
»Sie sollten einmal das Essen im Unterhaus versuchen. Ich glaube nicht, daß es viel besser ist. Gar nicht zu reden vom Gehalt!«
Die zwei Männer lachten, als sie auf das Auto zugingen.
»Wie gefällt Ihrer Frau der Mini Metro?« erkundigte sich der Polizist, als Simon die Tür aufschloß.
Wie alle anderen Bewohner der Beaufort Street, hörte auch Elizabeth die Explosion. Aber sie war die erste, die wußte, was sie bedeutete. Sie stürzte aus dem Haus und suchte den Polizeiinspektor. Er lief rasch über die Straße, und sie folgte ihm.
Die Trümmer des kleinen roten Autos waren über die ganze Straße verstreut; der von Glasscherben übersäte Gehweg sah aus wie nach einem Hagelsturm. Als der Inspektor den abgetrennten Kopf sah, riß er Elizabeth zurück. Die zwei anderen Körper lagen bewegungslos auf der Straße; der Inhalt der Einkaufstasche, die der alten Frau gehörte, lag rund um sie herum.
Binnen Minuten kamen sechs Polizeistreifen, und die Sicherheitspolizei riegelte die Ära ab. Eine Ambulanz brachte die zwei Körper ins Westminster Hospital. Die Reste des Polizisten einzusammeln, erforderte einen Mann mit starken Nerven.
Elizabeth wurde mit einer Polizeistreife ins Krankenhaus gebracht, wo sie erfuhr, daß die alte Dame auf der Fahrt gestorben war, während der Zustand ihres Mannes kritisch sei. Als sie dem behandelnden Chirurgen sagte, daß sie Ärztin sei, beantwortete er ihre Fragen etwas genauer. Simon hatte zahlreiche Brüche erlitten, eine Hüfte war ausgerenkt und er hatte sehr viel Blut verloren. Die einzige Frage, die zu beantworten er nicht bereit war, war die nach Simons Überlebenschancen.
Allein saß Elizabeth vor dem Operationssaal und wartete. Als Stunde um Stunde verging, dachte sie immer wieder an Simons Worte: »Sei tolerant. Vergiß nicht, es gibt in Nordirland immer noch Männer, die guten Willens sind.« Es fiel ihr schwer, nicht laut zu schreien, nicht alle von ihnen als Mörderbande zu bezeichnen. Ihr Mann hatte unermüdlich für sie gearbeitet. Er war weder katholisch noch protestantisch, er war einfach ein Mann, der sich an einer unlösbaren Aufgabe versuchte. Und sie dachte auch daran, daß die Bombe ihr gegolten hatte.
Noch eine Stunde verstrich.
Ein müder Mann mit grauem Gesicht trat auf den Korridor. »Er kämpft immer noch, Dr. Kerslake. Ihr Mann besitzt eine unglaubliche Konstitution; die meisten Menschen hätten nicht überlebt.« Er lächelte. »Darf ich ein Zimmer für Sie suchen, damit Sie schlafen können?«
»Nein, danke«, sagte Elizabeth, »ich möchte in seiner Nähe bleiben.«
Sie rief zu Hause an, um zu sehen, wie sich die Kinder zurechtfanden. Ihre Mutter kam ans Telefon. Sie war, kaum hatte sie die Nachricht gehört, zu den Kindern gefahren und hielt sie von Radio und Fernsehen fern.
»Wie geht es ihm?« fragte sie.
Elizabeth sagte ihr alles, was sie wußte, dann sprach sie mit den Kindern.
»Wir passen auf Großmutter auf«, sagte Peter.
Elizabeth konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. »Danke, Lieber«, sagte sie und legte rasch auf. Sie kehrte zu der Bank vor dem Operationssaal zurück, zog die Schuhe aus, rollte sich zusammen und versuchte einzunicken.
Am frühen Morgen wachte sie abrupt auf. Der Rücken schmerzte, und ihr Hals war steif. Barfuß ging sie langsam auf und ab, streckte die schmerzenden Glieder und suchte nach jemandem, der ihr etwas sagen konnte. Schließlich kam eine Krankenschwester, brachte ihr Tee und teilte ihr mit, daß ihr Mann noch lebe. Aber was hieß »noch«? Sie beobachtete die ernsten Gesichter der Leute, die aus dem Operationssaal kamen und wollte die Anzeichen der Hoffnungslosigkeit nicht sehen. Der Chirurg riet ihr, nach Hause zu gehen und sich auszuruhen; in den nächsten Stunden würde man ihr nichts sagen können. Ein Polizist hielt alle Journalisten, die jetzt in Scharen herbeistürmten, in einem Vorraum zurück.
Elizabeth verbrachte einen weiteren Tag und eine weitere Nacht in dem Korridor, und kehrte erst nach Hause zurück, als der Chirurg ihr sagte, es sei alles vorüber.
Als sie es hörte, fiel sie auf die Knie und schluchzte.
»Auch der liebe Gott will das
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