Archer Jeffrey
und wenn der Preis stimmt, brauchen wir uns über ein Hochzeitsgeschenk für Charles nicht den Kopf zu zerbrechen.«
Drei Wochen nach dem Bombenattentat verließ Simon auf Krücken das Westminster Hospital. Elizabeth war an seiner Seite. Sein rechtes Bein war so zertrümmert, daß er nie mehr richtig gehen würde können. Als er auf die Straße trat, blitzten Hunderte Kameras auf, um allen Zeitungen ein Bild des Helden des Tages zu liefern. Simon lächelte, als hätte er keine Schmerzen. »Diese Mörderbande soll nicht denken, daß sie dich untergekriegt hat«, hatten ihm beide Seiten eingeschärft. Elizabeths Lächeln zeigte nur Erleichterung darüber, daß ihr Mann noch am Leben war.
Nach drei Wochen völliger Ruhe kehrte Simon, entgegen dem Rat seines Arztes, wieder zu seiner »Charta« zurück, die in knapp zwei Wochen dem Unterhaus vorgelegt werden sollte. Der Staatssekretär und der zweite Minister für Nordirland besuchten ihn mehrmals, und man kam überein, daß der Minister vorübergehend Simons Pflichten übernehmen und das Schlußwort sprechen sollte. Während Simons Abwesenheit merkte das ganze Büro für Nordirland, wieviel Arbeit dieses Dokument gekostet hatte, und niemandem fiel es leicht, Simon zu ersetzen.
Der Bombenanschlag und die Sonderdebatte über die Charta erweckten so großes Interesse, daß die BBC beschloß, die Parlamentssitzung von halb vier Uhr bis zur Abstimmung um zehn Uhr abends zu übertragen.
Am Nachmittag der Debatte hörte Simon im Bett liegend so aufmerksam zu, als ginge es um die letzte Folge seiner Lieblingssendung und er müsse um jeden Preis das Ende erfahren. Die erste Rede hielt der Staatssekretär für Nordirland; klar und präzis gab er den Inhalt der Charta wieder, so daß Simon das Gefühl hatte, das ganze Haus müsse ihn unterstützen. Es folgte der Sprecher für die Opposition, der nur zwei, drei Fragen bezüglich der umstrittenen »Patriotenklausel« anmeldete, die den Protestanten im Süden und den Katholiken im Norden Sonderrechte zubilligte. Auch wollte er wissen, wie die Wirkung auf Katholiken sein würde, die sich nicht in Nordirland registrieren lassen wollten. Ansonsten versicherte er dem Haus, daß die Opposition die Charta unterstütze und keine Abstimmung verlangen werde.
Simon entspannte sich zum erstenmal, seine Stimmung sank jedoch, als einige Hinterbänkler immer mehr Einwände gegen die Patriotenklausel vorbrachten. Einige bestanden darauf, daß die Regierung die Notwendigkeit dieser Klausel befriedigend erklären müsse, bevor man die Charta annehme. Simon fürchtete, daß ein paar engstirnige Kerle in der Hoffnung, die Annahme der Charta zu verzögern, bis man sie schließlich vergessen würde, nur Zeit gewinnen wollten. Seit Generationen hatten solche Leute die Wünsche und Hoffnungen des irischen Volkes zunichte gemacht und dem Fanatismus Tür und Tor geöffnet.
Elizabeth kam herein und setzte sich an sein Bett. »Wie steht es?« fragte sie.
»Nicht allzu gut«, sagte Simon. »Alles hängt vom Sprecher der Opposition ab.«
Gemeinsam hörten sie zu. Sobald der Sprecher der Opposition angefangen hatte, stellte Simon fest, daß auch er den wahren Sinn der Patriotenklausel mißverstand. Was Simon in Dublin und Belfast mit beiden Seiten ausgehandelt hatte, wurde im Unterhaus nicht richtig wiedergegeben. Was der Sprecher sagte, war nicht bösartig, und er hielt sich offensichtlich an das, was man vereinbart hatte, Simon spürte jedoch, daß seine mangelnde Überzeugung sich auf die anderen Mitglieder übertrug. Es sah aus, als würde es doch zu einer Abstimmung kommen.
Nachdem ein, zwei andere Abgeordnete Zweifel angemeldet hatten, meinte der Schattenminister: »Vielleicht sollten wir warten, bis der Staatsminister gesund und imstande ist, sich selbst an das Haus zu wenden.« Ein paar »Hört, hört«, wurden im Saal laut.
Simon war zutiefst bestürzt. Wenn die Charta heute nicht angenommen wurde, war sie verloren. Die Arbeit, die Bemühungen – alles war vergeblich gewesen. Er faßte einen Entschluß.
»Ich hätte sehr gern ein Tasse Kakao«, sagte er beiläufig.
»Natürlich, mein Schatz. Ich werde gleich Wasser aufsetzen. Möchtest du auch ein paar Kekse?«
Simon nickte. Sobald sich die Tür hinter Elizabeth schloß, zog er sich so rasch an wie er konnte. Er nahm seinen Gehstock, ein Geschenk von Dr. Fitzgerald, dem irischen Premierminister, eines der vielen Geschenke, die ihn bei seiner Rückkehr aus dem Krankenhaus erwartet hatten. Leise
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