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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rivalen
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zu sein, stand Simon auf, um die Debatte so rasch wie möglich zu beenden. »Auch über diese Tatsache war ich nicht informiert, aber ich kann dem Right Honourable Gentleman nur nochmals versichern, daß ich den Fall sofort behandeln werde.«
Zu Simons Entsetzen stand Raymond zum drittenmal auf. Er sah, wie die Labour-Abgeordneten es genossen, ihn in die Enge getrieben zu sehen. »Weiß der Right Honourable Gentleman auch, daß die Jahresrente für einen Träger des Victoria Cross hundert Pfund ohne irgendwelche außerordentlichen Pensionsvergütungen beträgt? Wir zahlen unseren schlechtesten Fußballspielern mehr, während Mrs. Bensons Rente der untersten Einkommensstufe des Landes entspricht.«
Simon sah ausgesprochen gequält aus, als er zum viertenmal aufstand und eine für ihn uncharakteristische Bemerkung machte, die er auch sofort bereute.
»Ich verstehe, was der Right Honourable Gentleman meint«, begann er etwas zu rasch, »und sein plötzliches Interesse an Mrs. Benson fasziniert mich. Wäre es zynisch von mir anzunehmen, daß es von dem großen Interesse ausgelöst wurde, das die Medien dem Fall entgegenbrachten?«
Raymond antwortete nicht; er saß, die Füße auf dem vor ihm stehenden Tisch, unbeweglich da, während seine Hinterbänkler Simon lauthals beschimpften.
Am nächsten Tag brachten alle Zeitungen Bilder der arthritischen Dora Benson mit Mop und Eimer, und daneben Fotos ihres jungen Ehemannes in Uniform. Viele beschrieben ausführlich, wie Albert Benson das Victoria Cross erworben hatte, und schmückten die Geschichte weidlich aus. Alle aber wiesen darauf hin, daß Mrs. Bensons Bezüge zur untersten Einkommensklasse gehörten.
Eine kluge und ungewöhnlich gründliche Journalistin des Guardian aber brachte die Geschichte unter einem anderen Gesichtswinkel; er wurde von den anderen Zeitungen in ihrer zweiten Ausgabe ebenfalls aufgegriffen. Es zeigte sich, daß Raymond Gould während seiner Parlamentszeit siebenundvierzig Anfragen bezüglich der Pensionen von Kriegswitwen gestellt und in drei Budget- und fünf Sozialdebatten darüber gesprochen hatte. Das Thema war schon vor zwanzig Jahren Kernpunkt seiner Jungfernrede gewesen. Als die Journalistin entdeckte, daß Raymond jedes Jahr dem Erskine Hospital für verwundete Soldaten fünfhundert Pfund spendete, wußte jeder Abgeordnete, daß Simon Kerslake seinen Angriff zurücknehmen und sich entschuldigen mußte.
    Um halb vier stand der Speaker auf und teilte mit, daß der Verteidigungsminister eine persönliche Erklärung abzugeben wünsche.
    Simon Kerslake erhob sich von der vorderen Bankreihe und trat nervös ans Rednerpult.
»Mr. Speaker«, begann er, »mir Ihrem und dem Einverständnis des Unterhauses möchte ich eine persönliche Erklärung abgeben. Während einer gestern an mich gestellten Anfrage bezweifelte ich die Integrität des Abgeordneten von Leeds North. Inzwischen erfuhr ich, daß ich ihm großes Unrecht angetan habe; ich möchte mich dafür aufrichtig entschuldigen und dem Right Honourable Gentleman versichern, daß ich seine Integrität nicht ein drittesmal in Frage stellen werde.«
Der letzte Satz verwunderte die jüngeren Abgeordneten, während Raymond vor sich hin lächelte.
Da jeder wußte, wie selten persönliche Erklärungen in einer parlamentarischen Karriere sind, waren alle Abgeordneten gespannt, wie Raymond reagieren werde.
Langsam ging er zum Rednerpult.
»Mr. Speaker, ich nehme die so liebenswürdig vorgebrachte Entschuldigung meines Kollegen an und hoffe, daß er das größere Problem, nämlich die Frage der Pensionen von Kriegswitwen im allgmeinen und jener von Mrs. Benson im besonderen im Auge behalten wird.«
Simon atmete erleichtert auf und nickte höflich.
Viele seiner Kollegen meinten, Raymond hätte Kerslake mehr zusetzen und die Situation besser ausnutzen sollen, und Tom Carson beschimpfte Simon noch, als man schon längst beim nächsten Tagesordnungspunkt war. Der Leitartikel in der Times bewies ihnen allerdings das Gegenteil: »In einer Zeit radikaler Forderungen der Linken fanden Parlament und Labour-Partei auf ihrer Vorderbank einen neuen Clement Attlee. Großbritannien braucht sich nicht um die Menschenwürde oder die Menschenrechte zu sorgen, sollte Raymond Gould je das Amt bekleiden, das jener Mann innehatte.«
Als Raymond an diesem Abend nach Hause kam, hatte Joyce alle Pressekommentare für ihn ausgeschnitten, und irgendwie war es ihr sogar gelungen, in seine ausufernde Korrespondenz etwas Ordnung zu

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