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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rivalen
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bringen.
Es zeigte sich, daß Joyce einen besseren Instinkt für echte Politik hatte als das gesamte Schattenkabinett.
Alec Pimkin gab für alle Tory-Kollegen, die 1964 ins Parlament gekommen waren, eine Party, »um die ersten zwanzig Jahre im Unterhaus zu feiern«, wie er in einer Stegreif-Rede nach dem Dinner sagte.
Korpulent und mit beginnender Glatze saß er da und betrachtete bei Cognac und Zigarren seine Kollegen. Viele waren im Lauf der Jahre ausgeschieden, doch jene, die übriggeblieben waren, waren überzeugt, daß jetzt nur zwei Männer die Partei beherrschten.
Alec sah zuerst seinen alten Freund Charles Seymour an. Obwohl er ihn sehr genau betrachtete, konnte er kein graues Haar auf dessen Kopf entdecken. Mit Amanda kam er von Zeit zu Zeit zusammen; sie war wieder zu ihrem Beruf als Fotomodell zurückgekehrt und nur selten in England. Charles sah sie jetzt vermutlich öfter auf den Titelseiten der Illustrierten, als er sie je auf dem Eaton Square gesehen hatte. Es überraschte Pimkin, wieviel Zeit Charles mit dem kleinen Harry zubrachte; nie hätte er gedacht, daß aus ihm ein liebevoller Vater werden würde. Sein Ehrgeiz war jedoch immer noch vorhanden, und Pimkin nahm an, daß es nur einen Mann gab, der ihm die Parteiführung streitig machen konnte.
Sein Blick wanderte zu jenem Mann, der sich 1984 vor Orwells Großem Bruder nicht zu fürchten schien. Simon Kerslake war in ein Gespräch über seine Arbeit für die vorgesehenen Abrüstungsverhandlungen in Genf zwischen Thatcher, Tschernenko und Reagan vertieft. Pimkin studierte den Verteidigungsminister genau. Dieser Mann, fand er, sah so gut aus, daß er nicht um seine Mehrheit zittern mußte. Gerüchte über irgendeine finanzielle Krise waren längst eingeschlafen, und Kerslake schien jetzt auf dem besten Weg, an die Spitze zu kommen.
Die Party ging ihrem Ende zu, und alle seine Altersgenossen kamen, um ihm für einen »herrlichen«, »denkwürdigen« oder »lohnenden« Abend zu danken. Als er allein zurückblieb, trank er den letzten Tropfen Cognac aus einem Schwenker und drückte die Zigarre aus. Bei dem Gedanken, daß er keine Chance mehr hatte, Minister zu werden, seufzte er tief auf und beschloß, Königsmacher zu werden. Denn in zwanzig Jahren würde er keine Gelegenheit mehr dazu haben.
    Raymond führte Joyce in ein Restaurant nahe dem Berkeley Square, um seine zwanzig Jahre im Parlament zu feiern. Er bewunderte das lange dunkelrote Abendkleid, das Joyce für diesen Anlaß gewählt hatte, und merkte sogar, daß ein, zwei Frauen es beifällig ansahen.
    Auch er dachte über seine zwanzig Jahre im Unterhaus nach und sagte Joyce, er hoffe, in den kommenden zwanzig Jahren mehr Zeit in der Regierung zu verbringen. 1984 war kein gutes Jahr für die Konservativen gewesen, und Raymond beabsichtigte, auch das Jahr 1985 für die Regierung so ungemütlich wie möglich zu machen.
    Ein paar Wochen später kehrte Tony Benn, der bei den Wahlen seinen Sitz verloren hatte, als Abgeordneter für Chesterfield ins Unterhaus zurück. Die Konservativen erreichten nur den dritten Platz und verloren Anfang 1985 zwei weitere Nachwahlen. Selbst die Presse mußte zur Kenntnis nehmen, daß die Labour Party wieder Chancen hatte, an die Regierung zu kommen.
    Im Winter 1985 nahmen Arbeitslosigkeit und Inflation weiter zu und damit auch der Trend zur Labour-Partei. Zum erstenmal seit fünf Jahren fielen die Konservativen, nachdem der Finanzminister ein Notstandsbudget durchgebracht hatte, in den Umfragen auf den dritten Platz zurück.
    Parteiinterne Zwistigkeiten machten Mrs. Thatcher das Leben nicht leichter. Sie nahm sie zum Anlaß, ihr Kabinett mit neuen Gesichtern aufzufrischen. Das Durchschnittsalter der Kabinettsmitglieder verringerte sich um sieben Jahre, und die Presse sprach von »neuem Wein in alten Schläuchen«.

30
    Andrew hörte die Nachricht erstmals auf dem Weg zum Parlament im Auto. Die Morgenzeitungen hatten nichts davon erwähnt, also mußte es in der Nacht passiert sein. Die Meldung war knapp: HMS Broadsword, einer der Zerstörer der Britischen Marine, war auf dem Weg durch die Große Syrte zwischen Tunis und Benghasi von einem Söldnertrupp, der sich als Küstenwache ausgab, gekapert worden. Die Leute behaupteten, im Namen Gaddafis zu handeln. Nähere Einzelheiten würden in den Zehn-Uhr-Nachrichten bekanntgegeben werden.
    Andrew war um halb zehn in seinem Zimmer im Parlament und rief sofort den SDP-Führer David Owen an, um mit ihm die politischen Folgen

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