Archer Jeffrey
einem Besuch der polnischen Kapelle, die der Muttergottes von Tschenstochau geweiht war, flog Abel am nächsten Tag nach New York zurück. Auf dem Flughafen von Washington herrschte das Chaos, und Abel kam drei Stunden später als geplant im New York Baron an. George, der mit ihm zu Abend aß, wußte, daß alles gutgegangen war, als Abel eine Flasche Dom Perignon bestellte.
»Heute abend feiern wir«, erklärte Abel. »Ich sah Hogan auf dem Ball, und meine Ernennung soll in den nächsten Wochen bestätigt werden. Wenn ich aus dem Nahen Osten zurückkomme, erfolgt die offizielle Mitteilung.«
»Meinen Glückwunsch, Abel. Ich kenne niemanden, der diese Ehre mehr verdient als du.«
»Danke, George. Ich kann dir versichern, daß dich nicht nur der Himmel belohnen wird; wenn die Sache offiziell wird, ernenne ich dich in meiner Abwesenheit zum geschäftsführenden Präsidenten der Baron-Gruppe.«
George trank noch ein Glas Champagner. Sie hatten bereits die halbe Flasche geleert.
»Wie lang willst du diesmal fortbleiben, Abel?«
»Nur drei Wochen. Ich will nachsehen, ob mich diese Araber von vorn und hinten bestehlen, und dann fahre ich in die Türkei, um das Istanbul Baron zu eröffnen. In London und Paris will ich mich nur kurz aufhalten.«
George schenkte Champagner nach.
Abel blieb drei Tage länger als geplant in London und versuchte, zusammen mit einem Hoteldirektor, der alle Schuld auf die Gewerkschaften schob, die verschiedenen Probleme des Hotels zu lösen. Das London Baron hatte sich als eine der wenigen Fehlinvestitionen erwiesen, obwohl Abel nie genau feststellen konnte, warum das Hotel fortwährend in den roten Zahlen war. Er hätte es gern geschlossen, aber die Baron-Kette mußte in der britischen Hauptstadt vertreten sein, also entließ er den Direktor und bestellte einen neuen.
In Paris war es anders; das Hotel war eines der erfolgreichsten in Europa, und Abel hatte einmal, so widerwillig, wie ein Vater zugibt, daß er ein Lieblingskind hat, Florentyna gestanden, daß das Paris Baron sein liebstes Hotel war. Abel stellte fest, daß auf dem Boulevard Raspail alles wie am Schnürchen lief, und nach zwei Tagen fuhr er weiter in den Nahen Osten.
Abel besaß jetzt in fünf Golfstaaten Grundstücke, aber nur in Riad hatte man bereits mit dem Bau eines Hotels begonnen. Wäre Abel jünger gewesen, er hätte ein paar Jahre im Nahen Osten verbracht, um die arabische Mentalität kennenzulernen. Aber er haßte den Sand und die Hitze ebenso wie die Ungewißheit, ob er einen Whisky bestellen durfte oder nicht. Auch die Araber gingen ihm auf die Nerven, woraus er schloß, daß er älter wurde. Er überließ sie einem jungen DirektorStellvertreter und schärfte ihm ein, daß er erst in das gottlose Amerika zurückkehren dürfe, wenn er sich unter den rechtgläubigen Mohammedanern bewährt habe. Der Unglückliche blieb also in der reichsten Hölle auf Erden zurück, und Abel flog in die Türkei.
In den letzten Jahren hatte Abel einige Male die Türkei besucht, um die Fortschritte des Istanbul Barons zu verfolgen. Konstantinopel mit all seinen Erinnerungen blieb für Abel immer eine besondere Stadt, und er freute sich darauf, in dem Land, das er verlassen hatte, um ein neues Leben zu beginnen, ein Hotel zu eröffnen.
Während er wieder einmal in einer Luxussuite seine Koffer auspackte, fand er fünfzehn Einladungen vor, auf die er antworten mußte. Diese Art von Einladungen gab es immer bei einer Hoteleröffnung; sie kamen von Leuten, die plötzlich aus dem Nichts auftauchten und bei jeder Eröffnung dabeizusein wünschten. Diesmal jedoch waren zwei der Einladungen eine angenehme Überraschung für Abel; sie kamen vom amerikanischen und vom britischen Botschafter. Vor allem die Einladung in die alte Britische Botschaft wollte er unbedingt annehmen, da er das Gebäude seit beinahe vierzig Jahren nicht mehr betreten hatte.
An diesem Abend speiste Abel als Gast von Sir Bernard Burrows, dem britischen Botschafter in der Türkei. Zu seiner Überraschung saß er zur Rechten der Botschaftersgattin, eine Ehre, die Abel noch in keiner anderen Botschaft zuteil geworden war. Als das Dinner vorüber war, wurde Abel erstmals Zeuge einer seltsamen englischen Tradition: die Damen verließen das Zimmer, während die Herren sich in aller Ruhe ihren Zigarren und dem Port oder dem Brandy widmeten. Abel wurde aufgefordert, mit dem amerikanischen Botschafter, Fletcher Warren, in Sir Bernards Arbeitszimmer einen Port zu trinken. Sir
Weitere Kostenlose Bücher